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Anke Spoorendonk zu TOP 21 - Menschenwürdige Unterbringung
PresseinformationKiel, den 26. April 2012 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 21 Menschenwürdige Unterbringung Drs. 17/2324Flüchtlinge leben in Schleswig-Holstein unter Bedingungen, die man als Besucherinkaum ertragen kann: eng, abgeschieden und mit abgewohnten Mobiliar. Wir solltennicht einmal versucht sein zu denken, dass das normal ist. Das ist es nämlich nicht.Der Sächsische Ausländerbeauftragte Prof. Martin Gillo hat vorgeschlagen, Standards fürdie Unterkünfte festzulegen und diese bei allen umzusetzen. Das Ganze ähnelt einwenig einem Einrichtungs-TÜV. Nur so kann man offenbar die Wahrung des Rechts aufmenschenwürdige Behandlung sicherstellen. Wie beim Auto gilt: werden bestimmteStandards nicht eingehalten, muss nachgebessert oder geschlossen werden. Damit istsichergestellt, dass es keine Anpassung der Standards nach unten gibt.In Sachsen hat das funktioniert: in der Folge wurden Einrichtungen geschlossen. Überalldort, wo es keine hygienischen Sanitärbereiche, moderne Küchen oder angemesseneWohnquartiere gab, wurde der Schlüssel umgedreht. Richtig so.Auch in Schleswig-Holstein sind wir auf dem besten Weg hin zu verbindlichen Standards.Ein Bericht vom Ausländerbeauftragten und dem Flüchtlingsrat mit entsprechenden 2Empfehlungen liegen bereits seit letztem Jahr vor. Auf dem Titel der Broschüre sieht manein Foto von einer Unterkunft in einem Container, den man wirklich nicht als Zuhausebezeichnen kann. Dass hier mehrere Menschen über Monate oder Jahre leben müssen,kann man sich kaum vorstellen. Abseits der Innenstädte gewähren einige Unterkünfteihren Bewohnerinnen und Bewohnern nur einen groben Schutz gegen die Widrigkeitenvon Wind und Wetter. Das ist Unterbringung auf unterstem Zeltplatz-Niveau. Für einesoziale Integration sind diese Unterkünfte völlig ungeeignet.Der Flüchtlingsrat schilderte in seiner Stellungnahme für den Innenausschusserschreckende Beispiele für die Überforderung einzelner Kommunen und empfiehlt diefachaufsichtliche Begleitung der Kommunen durch das Innenministerium, um dengröbsten Missständen Herr zu werden. Es drängt sich geradezu die Frage auf, wie es soweit kommen konnte, dass Menschen abgeschoben und vergessen werden können.Nicht einmal die zuständige Sozialarbeiterin scheint zu wissen, wie viele Personen nuntatsächlich in einem Container wohnen. Das sind Anzeichen für ein Systemversagen.Die dezentrale Unterbringung ohne feste Standards und ohne fachaufsichtlicheBegleitung bewährt sich also nicht - von wenigen Ausnahmen abgesehen. Sie führt dazu,dass sich Kostenaspekte in den Vordergrund drängen und dass menschliche Fragenbeiseite geschoben werden. Dabei sollte die Umstellung auf dezentrale Unterbringungdie Asylbewerber gerade aus der Isolierung hinaus und in die Gesellschaft hinein führen.Die Kommunen werden allein gelassen und fühlen sich in Stich gelassen.Darum unterstützt der SSW nachdrücklich die systematische Bestandsaufnahme allerUnterkünfte. Das ist allerdings nur der erste Schritt. So wie in Sachsen müssen auch beiuns aus den Daten die richtigen Schlüsse gezogen werden und Taten folgen. Das heißt,dass bei Mängeln die Unterkünfte innerhalb einer festgelegten Frist baulich verbessert 3werden müssen. Ist das nicht möglich oder zu aufwendig, müssen sie geschlossenwerden.Ein abschließendes Wort zum Menschenrecht auf medizinische Versorgung. Der SSWhält seine Kritik aufrecht, dass dieses Problem nicht nur Ausländer ohne Papiere betrifft.Eine wachsende Zahl von Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern hat keineKrankenversicherung. Die Malteser Migranten Medizin sagt, dass inzwischen jederzehnte ihrer Patienten ein Deutscher sei, darunter Selbständige, die den Basistarif derPKV nicht zahlen können.Wir müssen dieses Problem im Rahmen einer Krankenversicherungsreform lösen. Dannhaben alle etwas davon: die Ausländer ohne Papiere und die Deutschen ohneKrankenversicherung.