Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

22.08.12 , 13:00 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zur aktuellen Stunde

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP Aktuelle Stunde Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt die Vorsitzende Landeshaus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Eka von Kalben: Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 361.12 / 22.08.2012


Transparenz schafft nicht nur Vertrauen, sie braucht auch Vertrauen untereinander
Herr Präsident, meine Damen und Herren,
die Fraktion der Piraten hat das Thema Gespräche zwischen Fraktionen und Trans- parenz in der politischen Kultur des Schleswig-Holsteinischen Landtages angemel- det. Ein wichtiges Thema keine Frage. Vermutlich auch immer aktuell, auch wenn mir an dieser Stelle der aktuelle Anlass für das Ansetzen einer Aktuellen Stunde fehlt.
Spannender hätte ich es gefunden, wenn wir an Hand eines konkreten Antrages dis- kutiert hätten. Zum Bespiel an Hand der Geschäftsordnung, die ja derzeit parallel im Ausschuss diskutiert wird.
Das Thema der Transparenz und der Informationsfreiheit ist ein urgrünes Anliegen. Bei uns in der Partei sind grundsätzlich alle Sitzungen öffentlich für Partei und Nicht- parteimitglieder.
Wir haben gemeinsam mit der SPD 2006 das Informationsfreiheitsgesetzverab- schiedet. Wir wollten BürgerInnen das Recht geben, sich über alle Vorgänge, die sie betreffen, Auskunft zu erhalten.
Aber das reicht nicht. Wir wollen mehr. Es darf nicht nur beim Recht der BürgerInnen auf Information bleiben, sondern wir brauchen auch eine Pflicht der Behörden zu in- formieren. In diese Richtung laufen die Planungen für ein Transparenzgesetz, das zurzeit in der Grünen Fraktion diskutiert wird.
Seite 1 von 2 Doch meines Erachtens kann Transparenz nicht vordringlich bedeuten, dass seitenlange Wortprotokolle veröffentlicht werden und mäßig unterhaltsame Sitzungen am Vormittag ge- streamt werden. Wer soll denn all die Wortprotokolle und Mitschnitte noch verfolgen?
Wir müssen uns im Übrigen auch fragen, ob wir uns die enormen zusätzlichen personellen Ressourcen, die eine Wortprotokollierung aller Ausschusssitzungen erfordern würden, leis- ten können und leisten wollen. Nach meiner Überzeugung, sind das Kosten, die die Bürger- freundlichkeit des Parlamentsbetriebes nur unwesentlich verbessern, den bürokratischen Aufwand aber erheblich ausweiten würden.
Das ist nicht die Form von Transparenz, die klar ist. Denn Informationen müssen doch für die EmpfängerInnen auch nachvollziehbar und lesbar sein. An der Stelle müssen wir ge- meinsam für eine möglichst objektive, breite Informationspolitik sorgen. Wir müssen den Menschen die politischen Entscheidungen und Diskussionen näher bringen. Am Besten in Gesprächen, über das Internet, über die Presse oder bei Veranstaltungen.
Und wir müssen mehr Möglichkeiten zur Mitentscheidung geben, weil natürlich Transparenz nicht immer dazu führt, gefühlte Ohnmacht der BürgerInnen zu nehmen. Sie wollen es nicht nur wissen, was entschieden wurde, sondern viele wollen vorher gefragt werden.
Ich habe den Landtag in den letzten zwei Jahren als Grüne Landesvorsitzende vermutlich in- tensiver verfolgt als 95 Prozent der schleswig-holsteinischen Menschen, die nicht im Lan- deshaus sitzen. Nicht an einer Stelle entstand für mich der Eindruck, dass mir wichtige Pro- zesse nicht zugänglich waren. Und auch wenn ich so manche Entscheidungen der schwarz- gelben Regierung nicht nachvollziehen konnte, so war es doch eine Frage der politischen Inhalte und nicht der Mangel an Transparenz.
Transparenz schafft Vertrauen in die Demokratie. Das ist richtig. Trotzdem können wir nicht akzeptieren, dass jedes Gespräch, das wir untereinander führen, von einer Seite als öffent- lich erklärt wird. Das schafft kein Vertrauen, sondern Misstrauen. Das führt zu öffentlichen Hahnenkämpfen und erschwert die Suche nach möglichen Kompromissen. Und wenn dann auch noch persönliche Daten der Fraktionen weitergereicht werden, wird in jedem Fall eine Grenze überschritten.
Transparenz schafft nicht nur Vertrauen, sie braucht auch ein Minimum an Vertrauen unter- einander und das Akzeptieren von mehrheitlich getroffenen Verabredungen. Vertraulichkeit bedeutet auch, dass man sich gegenseitig vertraut.
Wir arbeiten als Menschen miteinander hier im Haus. Die Vorstellung, jeglicher Austausch lasse sich in Geschäftsordnungen pressen, ist für mich eine sehr technische Weltanschau- ung, die meiner Vorstellung von Kommunikation und Kooperation jedenfalls nicht entspricht.
Wenn mit öffentlichen Unterstellungen gearbeitet wird und das aus unserer Sicht richtige Ziel der Offenlegung im Alleingang durchgesetzt wird, dann ist das für uns keine revolutionä- re Politik, sondern ein autoritärer Stil, der zutiefst undemokratisch wirkt.
Ich habe daher großen Respekt vor dem Realitätssinn des Piraten-Vorsitzenden Bernd Schlömer, der in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung gesagt hat: „Es gibt für den Po- litikbetrieb auch eine Präventivkraft des Nichtwissens. Es gibt einen Bereich, unter dem ver- trauliche Gespräche geschützt werden müssen. Das ist nötig, um den Parlamentsbetrieb zu schützen. Würden wir vollkommene Transparenz herstellen, würden unsere politischen und Moral- und Rechtssysteme zusammenbrechen.“
***



2

Download PDF

Pressefilter

Zurücksetzen