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24.01.13 , 11:50 Uhr
B 90/Grüne

Rasmus Andresen zum Glücksspieländerungsvertrag

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 2 – Glücksspieländerungsstaatsvertrag Claudia Jacob Landeshaus Dazu sagt der finanzpolitische Sprecher Düsternbrooker Weg 70 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, 24105 Kiel
Rasmus Andresen: Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53
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Nr. 021.13 / 24.01.2013 Wir stellen uns wieder an die Seite der anderen Bundesländer
Wir beraten heute über ein Thema, bei dem wir Grüne immer zwischen den Stühlen standen. Lassen Sie es mir hier deshalb gleich am Anfang ganz deutlich sagen: Es ist richtig, dass wir dem Staatsvertrag der 15 anderen Bundesländer beitreten. Auch wenn wir in dem Rahmen erheblichen Nachbesserungen wollen.
Für uns steht im Zentrum der Debatte die Frage, ob es sinnvoll ist, dass Schleswig- Holstein zum allein stehendem glückseligem Glückspielparadies wird. Schleswig- Holstein war drauf und dran, ein Glücksspielparadies zu werden – ein Paradies aller- dings vor allem für die Anbieter von Glücksspiel, die vom Sonderweg im Land profitiert haben und im übrigen in unverschämter Art und Weise in unseren Anhörungen aufge- treten sind.
Ein Paradies weniger für die SpielerInnen. Natürlich ist Glücksspiel zunächst eine Frei- zeitaktivität und kann sogar Spaß machen, aber wenn daraus eine ernste Abhängigkeit wird, ist es die Hölle auf Erden. Dies dürfen wir nicht allein ökonomischen Überlegun- gen unterordnen.
Der Sonderweg beim Glücksspiel hat unserem Land politisch massiv geschadet. Der Versuch, die anderen Länder unter Druck zu setzen, ist gescheitert. Stattdessen stan- den wir zunächst völlig isoliert da und sind als einziges Land nicht dem Ersten Glücks- spieländerungsstaatsvertrag beigetreten. Damit wurde die Chance vertan, auf eine Re- gulierung Einfluss zu nehmen, die für weit mehr Menschen gilt als für die 2,8 Millionen Schleswig-HolsteinerInnen. Schwarz-Gelb hat hoch gepokert und sich politisch gründ- lich verzockt.
Wir treten jetzt geschwächt in einen Staatsvertrag ein, der weitgehend ohne uns ausge- handelt wurde. Schwarz-Gelb hat die Chance vertan, bei wichtigen Knackpunkten wie dem Onlinepoker die anderen Länder von einem realitätsnäheren Kurs zu überzeugen. Seite 1 von 3 Denn auch wir Grüne sagen: Ein Komplettverbot von Onlineglücksspiel und eine Mini- malliberalisierung von Sportwetten sind nicht mehr zeitgemäß.
Der erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag ist Ausdruck einer nicht ganz unproblema- tischen Haltung – nach dem Motto „was ich verbiete, findet nicht mehr statt“. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Onlineglücksspiele florieren, aber sie tun das auf einem immer größer werdenden Schwarzmarkt.
Damit verpassen die Bundesländer die Chance, diese Spiele legal zu kanalisieren, zu überwachen und Jugend- und Spielerschutz umzusetzen. Zuletzt verzichten die Länder durch die Illegalisierung darauf, dieses Riesengeschäft zu besteuern und damit die Be- wältigung der Folgen und die Präventionsarbeit zu finanzieren.
An dieser starren Haltung wollte Schwarz-Gelb nichts ändern, weil sie den Weg der To- talblockade gewählt haben und aus der gemeinsamen Verantwortung ausgestiegen sind.
Trotz der Defizite des Staatsvertrags ist es wichtig, dass wir uns den übrigen Ländern anschließen. Wir Grüne haben immer wieder betont, wie wichtig eine gemeinsame Lö- sung bei der Regulierung des Glücksspiels in Deutschland ist.
Derzeit gleicht die Regulierung einem großen einfarbigen Teppich mit einem völlig un- passenden Flicken ganz oben im Norden. Dieser Flicken stört das ganze Bild. Denn ge- rade beim Glücksspiel ist eine kohärente Regelung wichtig: In Zeiten des Internets macht das Glücksspiel doch nicht an Landesgrenzen halt. Das beste Beispiel sind doch die gerade vergebenen Onlinepoker-Lizenzen, die der schwarz-gelbe Sonderweg uns jetzt noch beschert hat. Die Lizenz gilt zwar nur für Schleswig-Holstein – theoretisch kann sich aber jede Userin und jeder User in der Bundesrepublik einloggen, wenn sie oder er einmal ein Profil in Schleswig-Holstein angelegt hat.
Schleswig-Holstein profitiert vom Gewinn, während die sozialen Folgekosten bei ande- ren Ländern bleiben. Das ist ein Affront gegen die anderen Bundesländer und die Auf- kündigung der föderalen Solidarität.
Genauso sieht es bei dem heutigen BGH-Beschluss zu Onlinewetten aus. Durch die In- kohärenz, die mit dem schleswig-holsteinischen Blindflug geschaffen wurde, steht das Onlineverbot der anderen Länder in Frage. Ja, auch wir sehen das Onlineverbot kri- tisch, aber wir wollen diese Debatte mit den anderen Ländern politisch führen, und nicht mittels Gerichtsverfahren, die durch den schwarz-gelben Alleingang ausgelöst wurden.
Mit der heutigen Abstimmung stehen wir nicht am Ende der Debatte ums Glücksspiel – im Gegenteil. Mit dem Beitritt in den Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag be- kommen wir nun endlich die Möglichkeit, bundesweit mitzumischen und unseren Stand- punkt einzubringen. Dies muss aus unserer Sicht deutlich früher passieren als 2017, wenn die Evaluierung des Fachbeirats veröffentlicht wird.
Neben den notwendigen inhaltlichen Korrekturen am Staatsvertrag werden wir uns auch weiterhin mit der EU-rechtlichen Zulässigkeit des Vertrags beschäftigen müssen. Dabei sind die Antworten keineswegs so klar, wie Sie, Herr Kubicki, das gerne darstellen. Bei- spielsweise hat Professor Stegbert Alber, Generalanwalt am EuGH a.D., keine beson- deren europarechtlichen Bedenken zum Eintritt in den Staatsvertrag geäußert.

2 Anders sieht es mit dem Staatsvertrag selbst aus. Hier sind besonders die beschränk- ten Sportwettenkonzessionen und die Ungleichbehandlung von Automatenspielen und Spielhallen das Problem. Das Notifizierungsverfahren hat gezeigt, dass die EU- Kommission unserem Vorhaben sehr kritisch gegenübersteht und auf weitere Liberali- sierung drängt. Doch letztendlich ausschlaggebend wäre ein Urteil des EuGH – insofern ist die Notifizierung zwar wichtig, aber nicht entscheidend.
Beim Glücksspiel haben wir Grüne es uns nie leicht gemacht, nie nach einfachen Ant- worten gesucht. So ist es auch jetzt. Letztendlich müssen wir abwägen: Wollen wir ei- nem nicht perfekten Staatsvertrag beitreten oder weiterhin bei unserem zwar EU- rechtskonformen, aber letztlich separatistischen Sonderweg bleiben? Unsere Antwort und die Antwort der Koalition ist: Schleswig-Holstein verlässt den Sonderweg, wir stel- len uns wieder an die Seite der anderen Bundesländer. Wir tun das in dem Bewusst- sein, dass der Staatsvertrag nicht vollkommen – aber genauso wenig unveränderlich ist.
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