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Lars Harms zu TOP 9 - Gesetz zur Sicherung des Vertrauens in die Unabhängigkeit der Mitglieder des Landtags
Presseinformation Kiel, den 20. März 2013Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 9 Gesetz zur Sicherung des Vertrauens in die Unabhängigkeit der Mitglieder des Landtags Drs. 18/608„Ich schwöre, meine Pflichten als Abgeordneter gewissenhaft zu erfüllen,Verfassung und Gesetze zu wahren und dem Lande unbestechlich undohne Eigennutz zu dienen.“ Das ist die Eidesformel nach der wir unserMandat hier in diesem Parlament ausüben. Und ich habe keinen Zweifeldaran, dass alle Abgeordneten dieses Landtags genau entsprechend dieserEidesformel ihr Mandat ausüben. Der vorliegende Gesetzentwurf derPiraten strotzt allerdings nur so vor Misstrauen gegenüber denAngeordneten, dem Parlamentarismus und letztendlich auch diesem 2Parlament. Schon der Titel des Gesetzes ist dabei verräterisch. Er lautet:„Gesetz zur Sicherung des Vertrauens in die Unabhängigkeit derMitglieder des Landtags“. Sichern muss man aber nur etwas, wenn esbedroht ist. Und ich sage hier noch einmal ganz klar, das Vertrauen in dieUnabhängigkeit der Mitglieder des Landtages ist nicht bedroht, denn esgibt keinen konkreten Anlass an der Unabhängigkeit jedes Einzelnen vonuns zu zweifeln. Im Gegenteil, nach unserer Auffassung muss erst einmaldie Unschuldsvermutung gelten, bevor man hier mit schwerem GeschützAbgeordnete zum gläsernen Menschen macht. Zu einem gläsernenMenschen im Übrigen, der sonst – mit Recht – von den Piraten in allenanderen Zusammenhängen immer abgelehnt wird. Nach demGesetzentwurf der Piraten, sollen alle Einkünfte aus einmaligen undregelmäßigen Tätigkeiten auch unter Einbezug von selbständigengewerblichen Tätigkeiten vollständig und einzeln zuortbar durchAbgeordnete offen gelegt werden. Das heißt erstens, dass jeder, der in denLandtag will, gegenüber möglichen Konkurrenten seine vollständigenwirtschaftlichen Verhältnisse und auch die seines Unternehmenspreisgeben muss. Eine Regelung, die nicht nur während der Landtagszeitgilt, sondern auch noch nach der Landtagszeit die geschäftliche Grundlagedes Einzelnen massiv beschädigen kann. Der Besitzer eines EDEKA-Ladensgibt sensible Geschäftsdaten preis – nichts anderes ist sein Gewinn – und 3muss nach seiner Landtagszeit dann unter erschwerten Bedingungenwieder sein Geld am Markt verdienen.Ich glaube, man muss sich zumindest genau überlegen, ob wir wirklichdiese Art der Transparenz haben wollen oder ob es uns nicht mehrinteressiert, wo Menschen möglicherweise konkret bei Entscheidungen inAbhängigkeiten zu Unternehmen und Organisationen stehen.Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir eineTransparenzregelung schaffen wollen, die sich an der Regelung imBundestag orientiert. Diese Regelung auf Bundesebene, die ja in Stufen dieNebeneinkünfte der Abgeordneten aufführt, scheint ein guterKompromiss zu sein. Aber auch hier, wird natürlich nicht jede möglicheAbhängigkeit abgebildet. So kann man zum Beispiel mit Recht fragen, obnicht auch Schuldner in einer gewissen Abhängigkeit stehen. Ist derjenige,der einen 250.000 Euro Hauskredit bei einer Privatbank hat,möglicherweise abhängiger als derjenige, der bei der gleichen BankKapital in gleicher Höhe hat?Wir werden wohl nie eine Antwort auf diese Frage erhalten. Deshalb sindsolche Transparenzregeln auch immer nur sehr begrenzt aussagefähig.Auch das sollte man hier ganz klar sagen. Vor diesem Hintergrund bin ichsehr zurückhaltend, was den Gesetzentwurf angeht. 4Im Übrigen glaube ich auch, dass die Regelung, die die zeitlicheBeanspruchung bei Tätigkeiten neben dem Mandat offenlegen soll, nunvöllig weltfremd ist. Mit dieser Regelung wird unterstellt, dassAbgeordnete, die entgeltlichen oder unentgeltlichen Tätigkeitennachgehen, ihre Abgeordnetenpflichten nicht ordentlich nachkommen.Meine Erfahrungen hier im Hohen Hause und auch in derKommunalpolitik sind andere. Ehrenamtlich Tätige und auch Menschen,die weiterhin ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, sind nicht zwingendweniger gute Abgeordnete. Dieses Misstrauen, das aus dieser Bestimmunghervorgeht, ist genauso unberechtigt, wie das Misstrauen der Piratengegenüber Abgeordneten im Allgemeinen.Bei allem, was wir an Transparenzregelungen hinsichtlich desEinkommens und der Tätigkeiten von Abgeordneten schaffen wollen,müssen wir immer auch im Auge haben, dass die Abgeordneten auch nochnach ihrer Abgeordnetentätigkeit Menschen wie Du und ich sind. Geht esaber nach den Piraten, haben wir dann in Bezug auf Abgeordnete undehemalige Abgeordnete den gläsernsten Menschen, den man sichüberhaupt denken kann.Und das, während manch ein Pirat nicht einmal seine Adresse nennen willoder Auskünfte zu so etwas trivialen wie seinem Geburtsdatumgegenüber den Bürgern verheimlicht. Wir sollten daher genau auf dieVerhältnismäßigkeit in dieser Frage achten.