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21.03.13 , 11:13 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zum Asylrecht

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 17 – Asylrecht weiterentwickeln Pressesprecherin Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Claudia Jacob Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Burkhard Peters: Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53
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Nr. 124.13 / 21.03.2013



Wir begrüßen den Sinneswandel in der FDP
Es ist zu begrüßen, dass nun endlich auch die FDP das „Asylrecht weiterentwickeln“ will. Zunächst sollten wir uns jedoch daran erinnern, dass das bis 1993 in Deutschland bestehende Asylrecht im sogenannten Asylkompromiss auch unter Verantwortung der FDP in einem beispiellosen Kahlschlag zurückentwickelt, ja weitgehend abgeschafft wurde.
Mit der sogenannten „Drittstaatenlösung“ gab und gibt es grundgesetzlichen Asylschutz nur noch für denjenigen, der nicht über einen sicheren Drittstaat eingereist ist. Mit ei- nem Schlag wurde somit für mehr als 90 Prozent der Schutzsuchenden der Zugang zu Asyl in Deutschland abgeschnitten.
Mindestens genau so gravierend waren die im Zuge des Asylkompromiss durchgesetz- ten sozialrechtlichen Einschränkungen für die Schutzsuchenden. Diese Einschränkun- gen standen - und stehen für die CDU/CSU noch heute - unter der Generalüberschrift: „Fluchtanreize sollen vermindert werden“
Dies bedeutete für Asylsuchende seit 1993:
- Sozialleistungen ca. 1/3 unter den Regelsätzen der normalen Sozialhilfe - Essenspakete und Einkaufsgutscheine an Stelle von Geldleistungen - Medizinische Leistungen nur für Akutbehandlungen - Unterbringung in Sammelunterkünften - Striktes Verbot von Arbeitsaufnahme vor Ablauf eines Jahres nach Einreise - Reduzierung der Bewegungsfreiheit auf das Kreis- oder Stadtgebiet - Keinerlei sprachliche Förderung vor Anerkennung Seite 1 von 2 Das eindeutige Signal an die Asylsuchenden heißt: Ihr seid hier nicht willkommen, je früher ihr wieder verschwindet, umso besser und erzählt den Daheimgebliebenen, dass es sich nicht lohnt, nach Deutschland zu fliehen.
Es folgte in den Jahren nach 1993 ein Wettlauf der Schäbigkeit in der Behandlung der Asylsuchenden und Geduldeten zwischen den verschiedenen Bundesländern. Die Konzeption der Vermeidung von Fluchtanreizen geht von der Grundannahme aus, dass sich die überwiegende Zahl der Asylsuchenden allein aus wirtschaftlichen Gründen auf die Flucht begibt. Die Analyse der Hauptherkunftsländer und Herkunftszahlen belegt jedoch, dass die These, Flucht sei überwiegend Wirtschaftsflucht, grundfalsch ist. Schon die regelmäßige Betrachtung der Tagesschau führt uns dies vor Augen. Die Bil- der aus den Bürgerkriegen im Libanon, im ehemaligen Jugoslawien, in Afghanistan, im Irak, in Libyen und aktuell in Syrien zeigen uns brutalste Verhältnisse, unendliches Leid für ZivillistInnen, Tod und Verstümmelung, Verrohung und lebensbedrohende Verelen- dung. Niemand von uns würde angesichts solcher Verhältnisse und Erlebnisse nicht an Flucht denken.
Wer wie ich in der beruflichen Praxis über Jahre mit Flüchtlingen in Kontakt stand, weiß genau, dass die allerwenigsten von ihnen sich aus wirtschaftlichen Gründen auf den Weg machten, in eine völlig ungewisse Zukunft, in einem für sie völlig fremden Land.
Das Konzept der „Vermeidung von Fluchtanreizen“ durch gezielte Schlechterstellung ist zutiefst zynisch und menschenverachtend. Es instrumentalisiert hier lebende Flüchtlin- ge und Geduldete im Interesse einer Abschreckung weiterer Schutzsuchender. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im letzten Jahr zu den Leistungssätzen des Asylbewerberleistungsgesetzes war somit eine längst überfällige Korrektur eines eindeutig verfassungswidrigen Umgangs mit Asylsuchenden und Geduldeten.
Sehr geehrte Damen und Herren von der FDP, wirklich bemerkenswert an Ihrem Antrag ist für uns nicht der Inhalt selbst. Wir Grüne fordern seit jeher substantielle Verbesserungen zur Weiterentwicklung des Asylrechts. Viel beachtlicher ist, dass Sie bei dem Arbeitsverbot, beim Vorrang von Sachleistungen und bei der bundesweiten Lockerung der Residenzpflicht jetzt offenbar einen Paradig- menwechsel bei der Behandlung der Flüchtlinge in der Bundesrepublik vornehmen wol- len, nachdem Sie über Jahrzehnte hinweg der CDU/CSU im Konzept der „Abschre- ckung durch Schlechtbehandlung“ gefolgt sind.
Da würde uns doch schon mal interessieren, was denn die tatsächlichen Beweggründe für diesen Sinneswandel sind. Des ungeachtet begrüßen wir diesen Sinneswandel selbstverständlich sehr und sind gespannt auf die weitere Behandlung der Angelegen- heit im Innen- und Rechtsausschuss.
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