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Lars Harms zu TOP 7 u. 27 - Gesetzentwurf und Antrag zur Bestandsdatensicherung
Presseinformation Kiel, den 24. April 2013Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 7 u. 27 Gesetzentwurf und Antrag zur Bestandsdatensicherung Drs. 18/506 u. 18/331Gut, dass ein Gesetzentwurf auf dem Tisch liegt, der so ausgereift ist und hohen professionellenStandards genügt, dass wir auf dieser Grundlage zu einem tragfähigen Gesetz kommen werden.Da bin ich mir völlig sicher.Sicher bin ich mir allerdings überhaupt nicht, ob alle Beteiligten wissen, wie derDiskussionsstand ist. Wir sollten nicht bei jeder Internetdiskussion wieder von vorne anfangenbzw. immer wieder die Extreme Segen und Fluch hin- und her diskutieren. Das Problem bestandin der Vergangenheit darin, dass die demokratischen Gremien hoffnungslos hinter der digitalenWirklichkeit hinterher liefen.Der digitale Datenaustausch gehört heutzutage einfach in den Berufsalltag und spielt auch imPrivatleben der meisten Menschen eine Rolle. Wir sprechen also weder über allgemeineSpielregeln fürs Internet, noch über das klassische Postgeheimnis. Fangen wir mit letzteremMissverständnis an: die sehr engagierte Arbeit der Enquete-Kommission „Internet und digitaleGesellschaft“ des Bundestages hat doch gezeigt, wie wenig hilfreich Analogien zuherkömmlichen Nachrichtenwegen sind, wenn wir über Sicherheit im Internet reden. DieKommissionsmitglieder haben schnell begriffen, dass sie dazulernen müssen, um das Internet 2verstehen zu können. So wenig wie man in früheren Zeiten die Post per reitenden Boten oderPonyexpress mit einem Fax vergleichen konnte, obwohl beide Systeme Nachrichten übermitteln,so wenig kommt man voran, wenn man das Postgeheimnis heranzieht, wenn es umelektronische Mails geht.Gerade die Enquete-Kommission hat aber auch gezeigt, dass Kompromisse über Parteigrenzenmöglich sind. Das sollten wir auch in Schleswig-Holstein anstreben.Wir sollten ohne Hysterie einen praktikablen Weg finden, der die Auflagen desBundesverfassungsgesetzes berücksichtigt und gleichzeitig der Polizei unter Richtervorbehaltden Zugang zu nötigen Informationen eröffnet. Noch einmal der Hinweis, dass wir nicht über dasInternet an und für sich, also über Inhalte und Angebote reden, sondern über Bestandsdaten,also die Daten, die der Telefon- oder Internetanbieter dauerhaft vom Kunden speichert. Das sinddie Angaben, die der Nutzer in der Regel in seinem Vertrag angibt, also sein oder ihr Name, dieAdresse und Kontodaten. Darüber hinaus gehören die IP-Adressen, mit denen sich ein Computerim Netzwerk identifiziert, zu den Bestandsdaten. Letztere Angaben bilden quasi die Verbindungzwischen der digitalen Spur und dem realen Menschen.Gerade darum sind diese Daten besonders sensibel. Es kommt darauf an, wer auf die Datenzugreifen kann. Die Forderung nach einem digitalen Vermummungsverbot, das die CDU für alleInternetnutzer forderte, ist natürlich Unsinn. Es wird niemals ein öffentliches Nachschlagewerkfür IP-Adressen, analog dem Telefonbuch, geben. Das ist genau die Art weltfremder undaltbackener Nutzervergleichen, die die Politik bei vielen Usern völlig lächerlich gemacht hat. Dassauch hier gerne das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird, und der Politik generell das Rechtauf den gesetzgeberischen Zugriff aufs Internet abgesprochen wird, gehört allerdings auch zuden falschen Extremen.Über die Grundsätze beim Zugriff auf Daten sollte immer nur einer entscheiden: und das ist dasdemokratisch gewählte Parlament. Wir dürfen Entscheidungen über den Datenverkehr im Netzund die Netzüberwachung nicht in die Hände kommerziell agierender Konzerne geben. Das istgenau das, was die Aktiengesellschaft „Facebook“ derzeit massiv versucht; Daten werdenlangfristig gespeichert, sogar, wenn sie vom Nutzer gelöscht wurden, und Daten werden 3weiterverwertet und - schlimmer noch - weiter verkauft. Das ist falsch! Daten gehören denNutzern. Nur demokratische Mehrheiten entscheiden über die Zugriffsrechte auf dieInternetdaten - transparent, nachvollziehbar und in öffentlicher Debatte. Nur so bleiben diedemokratischen Rechte auch für die Nutzung des Internet gewahrt.Und dazu gehört der Richtervorbehalt, der im Entwurf fest verankert ist. Für den SSW steht fest,dass es niemals zu einer allgemeinen Überwachung aller Nutzer kommen darf. DieFreiheitsrechte im Internet werden wir verteidigen, weil sie zu den Pfeilern unserer Gesellschaftgehören. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bzw. das vomBundesverfassungsrecht so genannte IT-Grundrecht, gilt es zu respektieren. Staatliche Eingriffe -das geht auch eindeutig aus dem Gesetzentwurf hervor - bilden die absolute Ausnahme imDatenverkehr. Die Kompetenzen für Eingriffe, also wer aus welchen Gründen Kenntnisse über dieBestanddaten erhält, sind genau festgelegt. Allerdings sehe ich durchaus noch Klärungsbedarf,was den Praxisvollzug des Richtervorbehalts betrifft. Kritiker im Netz verweisen auf die komplexeMaterie, die es nur qualifizierten Richtern erlaube, sich wirklich mit dem Vorgang sachkundigauseinanderzusetzen. Unter anderen bezüglich dieses Punktes bin ich auf die Anhörunggespannt.