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Lars Harms zu TOP 28 - Bezüge der Aufsichtsräte und Geschäftsführungen öffentlicher Unternehmen veröffentlichen
Presseinformation Kiel, den 31.Mai 2013Es gilt das gesprochene WortLars HarmsTOP 28 Bezüge der Mitglieder der Geschäftsführungsorgane und Aufsichtsgremien öffentlicher Unternehmen veröffentlichen Drs. 18/824Wer hat’s erfunden? So lautet die Frage im Werbespot eines Herstellers von Hustenbonbons.Und die Antwort kennt inzwischen jedes Kind: die Schweizer nämlich. Genau die stecken mitihrem positiven Volksentscheid zur Demokratisierung des Aktienrechts hinter einem radikalenUmdenkensprozess, wie er in Deutschland noch vor sehr kurzer Zeit für völlig undenkbargehalten wurde. Das Aktienrecht verändert und öffnet sich. Ein entsprechender Beschluss desBundeskabinetts liegt inzwischen vor. Das ist gut so. Künftig muss der Aufsichtsrat vonbörsennotierten Unternehmen das von ihm entwickelte Vergütungssystem für dieVorstandsmitglieder jährlich der Hauptversammlung zur Beschlussfassung vorlegen – und zwarin allen Einzelheiten. Feste und variable Bestandteile werden auf diese Weise in allerÖffentlichkeit nicht nur offengelegt und diskutiert, sondern auch entschieden – und zwar vonder Hauptversammlung der Aktionäre. Gehaltsexzessen soll damit einen Riegel vorgeschobenwerden.Eine solche Vorgehensweise empfiehlt sich eigentlich für alle Unternehmen. Die Eigentümersollen direkt über das Vergütungssystem beschließen. Das heißt nicht, dass jede Einzelheit der 2Vermögensverhältnisse der jeweiligen Manager veröffentlicht werden muss. Es geht vielmehrdarum, das System, nach dem sich eine Bezahlung eines Managers richtet, transparent zumachen.Bereits 2011 meldete der Spiegel, dass sieben Chefs von DAX-geführten Unternehmen mehr alsfünf Millionen Euro einstreichen würden. Die Zahlen dürften mittlerweile noch höher liegen. Wirhaben darum im Finanzausschuss ganz bewusst das Wort Gehaltsexzess gewählt. Ein Endedieser Exzesse war lange Jahre nicht in Sicht, weil sich viele Unternehmensfürsten undTopmanager in Deutschland als besonders hartnäckig erwiesen hatten. Daran änderten nichteinmal gesetzliche Änderungen etwas. So empfiehlt das "Gesetz zur Angemessenheit derVorstandsvergütung" aus dem Jahre 2009 die Bezüge am nachhaltigen Unternehmenserfolgstatt an kurzfristigen Ergebnissen auszurichten; tatsächlich geändert hat sich an der Praxiswenig. Obwohl doch eigentlich jeder normal denkende Mensch hier sagen würde, dassNachhaltigkeit der richtige Ansatz wäre. Es ist für das Unternehmen und auch für dieGesellschaft besser, dass sich Managerbezüge beispielsweise auch am Erhalt von Arbeitsplätzenund der damit verbundenen Kompetenz der Mitarbeiter ausrichten. Einen entsprechendenAntrag haben wir vorgelegt. Ich bin zuversichtlich, dass das klappen wird. Man hat hier erkannt,dass man entschlossen vorgehen muss, um Bewegung in dieses starre System derAktiengesellschaften bringen zu können, gerade, um die Gehaltsexzesse beenden zu können.Der vorliegende Antrag der Piraten nimmt die öffentlichen Unternehmen in den Blick. Dort mussja eigentlich, weil es sich um öffentliche Gelder handelt, besonders Sorgfalt walten. Dass dasnicht per se der Fall ist, lehren uns immer mal wieder die Schlagzeilen in den Zeitungen.Allerdings möchte ich an dieser Stelle auch klipp und klar sagen, dass wir uns bei denöffentlichen Unternehmen in einer völlig anderen Liga bewegen. Hier dreht es sich meistenseben nicht um hohe Millionenbeträge bei den Managergehältern, sondern um vergleichsweisekleinere Summen. Die sind zwar auch ärgerlich, aber wir sollten nicht Äpfel und Birnenvergleichen. Pauschalierungen helfen uns in der Debatte nicht weiter. 3Bei den öffentlichen Unternehmen geht es zunächst einmal um die Transparenz. Die ist dringendgeboten, aber natürlich kein Allheilmittel für alle strukturellen Probleme öffentlicherUnternehmen. Nur weil etwas bekannt ist, ist damit zwangsläufig nicht schon alles geregelt.Was hilft es uns, wenn jedermann googeln kann, was der Geschäftsführer des Sparkassen- undGiroverbandes oder einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft verdient? Das führt nur zu einerNeiddebatte und einem Shitstorm, was langfristig die Manager aus den öffentlichenUnternehmen vertreiben würde. Diese Art von Transparenz ist kontraproduktiv.Was dagegen transparent sein sollte, sind Struktur und Systematik der öffentlichenUnternehmen. Dabei sind es vor allem die Anreize, die der Öffentlichkeit, also letztlich demEigentümer, klar sein müssen. Diskutieren wir also darüber, ob die Manager für die optimaleRendite oder den Erhalt von Arbeitsplätzen Zuschläge erhalten. Bekommen sie ihr Geld, weil sieein Unternehmen nach ökologischen Kriterien ausrichten oder weil sie das öffentlicheUnternehmen durchrastern, um Löhne drücken zu können? Das sind Fragestellungen, die für dieÖffentlichkeit in Bezug auf öffentliche Unternehmen wichtig sind. Eigentlich brauchen wirzwischen öffentlichen und privaten Unternehmen in der Grundstruktur keine Unterschiede zumachen. Bei beiden Unternehmen geht es darum, nachhaltige Kriterien für die Gehaltsstrukturder Manager festzulegen und in beiden Bereichen geht es um eine nachvollziehbare Struktur undweniger um die absoluten Beträge, die dann auch zur Auszahlung kommen. Es gibt eigentlichnur einen Unterschied: bei privaten Unternehmen richtet sich der Transparenzgedanke an dieHauptversammlung also die Anteilseigner oder Eigentümer des Unternehmens und beiöffentlichen Unternehmen richtet sich der Transparenzgedanke an die Öffentlichkeit. Bei derDeutschen Bahn reicht es also nicht, dass nur der Anteilseigner – der Bund – die Kriterien für dieGehaltsstruktur kennt. Hier muss auch die breite Öffentlichkeit im Vorwege informiert sein, umsich eine Meinung bilden zu können.