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18.06.13 , 16:26 Uhr
B 90/Grüne

Ines Strehlau zur Landesplanung

Presseinformation

Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort. Schleswig-Holstein Stellv. Pressesprecher TOP 19, 12 + 20 – Landesplanung Dr. Jörg Nickel Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt die Abgeordnete 24105 Kiel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Ines Strehlau: Mobil: 0178/28 49 591
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 258.13 / 18.06.2013

Land und Stadt zusammen denken Wo steht Schleswig-Holstein im Jahr 2030? Wie können wir unsere Chancen als Windstandort für die Energiewende nutzen und gleichzeitig Bürgerinnen und Bürger in die Planung einbinden? Wie begegnet das Land dem demografischen Wandel? Wie können wir die Entwicklung der Boom-Region rund um Hamburg, der Kieler Re- gion und des ländlichen Nordens aufeinander abstimmen? Wie gelingt es, den Flä- chenfraß zu stoppen und mehr Ausgleichsflächen für Natur und Biodiversität zu schaffen?
Das sind einige der zentralen Fragen für Schleswig-Holstein. Sie können nur sinnvoll beantwortet werden, wenn wir die Landesplanung strategischer aufstellen. Hierzu ist die Küstenkoalition angetreten, und der vorliegende Gesetzentwurf ist nach der Re- form im letzten Jahr der zweite Umsetzungsschritt.
Im ersten Schritt haben wir die Kommunalisierung der Regionalplanung zurück ge- nommen. Kommunalisierung, das klingt erst einmal positiv, nach mehr dezentraler Graswurzel-Politik. Doch der Schein trügt in diesem Fall. Die Kommunalisierung hät- te die Aufteilung des Landes in weitgehend voneinander unabhängige Planungsräu- me zur Folge gehabt. Das hätte der Zersiedelung und auch der Kannibalisierung im wirtschaftlichen Bereich Vorschub geleistet. Es wäre ein Schritt in die völlig falsche Richtung gewesen.
Eine nachhaltige Raumplanung braucht die übergeordnete Koordination verschiede- ner Nutzungsinteressen und Ansiedlungspläne. Es war deshalb richtig, diese Kompe- tenz wieder bei der Landesregierung anzusiedeln. Jetzt gehen wir mit dem Neuzu- schnitt der Planungsräume den nächsten Schritt in Richtung strategischer Landes- planung.
Die jetzigen Planungsräume sind teilweise deutlich zu klein. Mit nunmehr drei Räu- men folgen wir dem bundesweiten Trend hin zu größeren Räumen.
Seite 1 von 4 Zugegebenermaßen, der Neuzuschnitt erklärt sich bei einem Blick auf die Landkarte nicht von selbst.
Viele fragen sich: Was hat das ländliche Dithmarschen, was hat die Insel Fehmarn denn mit dem Hamburger „Muskelring“ gemeinsam? Würde Dithmarschen nicht viel besser zu Nordfriesland passen? Und wird ein großer Planungsraum im Süden die anderen Regionen abhängen? Diese Fragen sind verständlich, und Politik muss Antworten darauf geben.
Dazu müssen wir Aufklärungsarbeit leisten. Wir müssen klar stellen, wofür ein Pla- nungsraum eigentlich relevant ist - und wofür nicht.
Erstens ist ein Planungsraum für die Aufstellung eines Regionalplans relevant. Er ist nicht relevant für Fördergelder, die in diese Räume fließen, es geht auch nicht um Einfluss, den die Kreise eines größeren Planungsraums vermeintlich auf die Landes- politik haben.
Zweitens: Nicht die Strukturähnlichkeit der Kreise ist ausschlaggebend für die Zu- sammenfassung in einen Planungsraum. Nach dieser Logik könnten ländliche Kreise und Städte grundsätzlich nicht in einem gemeinsamen Planungsraum sein, weil sie so verschieden sind.
Relevant sind vielmehr die vielfältigen Verflechtungen zwischen den Kreisen und Städten. Und da sehen wir, dass Dithmarschen und Ostholstein bereits Teil der Met- ropolregion sind und sich in ihrem Selbstverständnis auch dort verorten. Dabei ist die Unterschiedlichkeit der Kreise und Kommunen eine Herausforderung, aber gerade wegen der Unterschiedlichkeit müssen sie in einem Planungsraum sein.
Nehmen wir das Beispiel demografischer Wandel. In Dithmarschen nimmt die Bevöl- kerung zum Teil enorm ab, so dass Schulen geschlossen werden müssen und die Infrastruktur ausdünnt. In den Kreisen und Orten rund um Hamburg nimmt sie zu, so dass die Schulen zum Teil überfüllt sind und der Wohnraum knapp und teuer wird.
Da liegt es doch auf der Hand, dass beide Entwicklungen gemeinsam gedacht und gemeinsam Lösungen gefunden werden müssen.
Die Metropolregion stellt sich dieser Aufgabe. Mitte der 2000er Jahre gab es bereits ein Leitprojekt „Demografie und Daseinsvorsorge“, in dem insbesondere der Kreis Dithmarschen aktiv mitgewirkt hat. Ganz aktuell hat der Lenkungsausschuss der Met- ropolregion ein neues Leitprojekt „Demografie und Daseinsvorsorge“ auf den Weg gebracht, das über die Metropolregion verteilt insgesamt 12 regionale Projekte um- fasst. Diese übergreifende Zusammenarbeit in der Region – so denke ich – war auch ein Argument in der damaligen Erweiterungsdiskussion der Metropolregion.
Kaum ein Jahr nach der Erweiterung können wir doch nicht ernsthaft darüber disku- tieren, ob die 2012 geltenden Gründe für eine Vergrößerung der Metropolregion heu- te gegen einen gemeinsamen Planungsraum genau dieser Region sprechen!
Und da alle Beschlüsse einstimmig getroffen werden müssen, können die direkten Hamburg-Rand-Kreise die übrigen Kreise nicht überstimmen, sondern es muss ge- meinsam um Lösungen gerungen werden.
Nur wenn wir Land und Stadt zusammen denken, finden wir Antworten auf die ver- änderten Herausforderungen. Außerdem laufen die relevanten Verkehrsachsen
2 durch den gemeinsamen Planungsraum I. Die Zuordnung ist von den Kreisen so ge- wollt und wir erachten sie als sinnvoll.
Bei Neumünster müssen wir in den parlamentarischen Beratungen noch abwägen, ob es im Interesse der Landesplanung, der Stadt Neumünster und der umliegenden Kreise bei der vorgeschlagenen Zuordnung zum Planungsraum II bleiben kann, oder sie dem Planungsraum III zugeschlagen wird.
Insgesamt verbindet der Neuzuschnitt der regionalen Planungsräume Kreise und Städte, die miteinander verflochten sind. Den Norden eint die gemeinsame Orientie- rung nach Dänemark. Die Kiel-Region vereint sich im Planungsraum II um die Lan- deshauptstadt Kiel und ist Bindeglied zwischen Nord und Süd. Und mit dem Pla- nungsraum III wird die bestehende intensive Kooperation der Metropolkreise rund um Hamburg aufgegriffen.
Der wichtigste Schritt bei der Neuausrichtung der Landesplanung steht noch aus: Die Aufstellung des Landesentwicklungsplans. Er soll 2016 fertig sein. Hier wird ent- schieden, wie viel Vorrangfläche es für den Naturschutz geben wird - unser Ziel sind 15 Prozent. Hier werden durch die Ausweisung von Flächen für Windenergie und Stromtrassen die Weichen für die Energiewende gestellt. Hier wird Monokulturen für Biomasseerzeugung vorgebeugt. Hier werden die Weichen für eine nachhaltige Wirt- schaftspolitk gestellt. Und hier werden die wohnbaulichen Entscheidungen getroffen, um dem demographischen Wandel zu begegnen.
Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Landesregierung die Bürgerinnen und Bürger intensiv an der Entwicklung der Landesentwicklungsplans beteiligt und dass der Landtag erstmals direkt über den Landesentwicklungsplan abstimmen wird. Denn hier fällen wir gemeinsam die wirklich wichtigen politischen Entscheidungen für die Zukunft unseres Landes.
Eine länderübergreifende Zusammenarbeit mit Hamburg im Bereich der Landespla- nung begrüßen wir Grüne ausdrücklich. Schleswig-Holstein und Hamburg sind auf vielen Gebieten eng vernetzt. Kooperationen laufen auf vielen Ebenen. Es gibt ge- meinsame staatliche Einrichtungen, Kooperationen und Staatsverträge. Die Landes- regierungen treffen sich regelmäßig, und auch auf parlamentarischer Ebene nimmt die Kooperation jetzt Fahrt auf. Um strukturiert zu kooperieren, halten wir Grüne auch eine Abstimmung bei den Zielen der Landesplanung für sinnvoll.
Themenfelder gibt es genug: Der Energiebereich drängt sich geradezu auf. Wir errei- chen in Schleswig-Holstein mit Erneuerbaren Energien schon jetzt einen Anteil von 60 Prozent und werden ihn kontinuierlich weiter steigern.
Eine enge Abstimmung mit Hamburg wäre sinnvoll, um die Haushalte und Industrie auch dort mit Erneuerbarer Energie zu versorgen und im Bereich Leitungsausbau und Speicherung ein gemeinsames Konzept zu erarbeiten.
Ein weiteres Stichwort ist die Hafenkooperation, wo durch ein abgestimmtes Konzept zwischen den deutschen Nordseeanrainern Investitionen, Infrastruktur und Verteilung der Ladungsströme die Gewinne für alle Beteiligten optimiert werden könnten.
Auch anderen Herausforderungen können wir besser gemeinsam begegnen. Hier ist der demografische Wandel wieder ein wichtiges Thema. Hamburg und das Hambur- ger Umland haben steigende EinwohnerInnenzahlen zu vermelden. Wohnraum ist knapp. Wie gewährleisten wir ausreichend Wohnungen bei gleichzeitigem Erhalt von Natur- und Freizeitflächen? 3 In der Wirtschaft wäre eine gemeinsame Landesplanung wichtig, um zum Beispiel länderübergreifende Gewerbegebiete zu vereinfachen. Gemeinsame Förderinstumente machen Ansiedlungen einfacher, stärken den gesamten Raum und reduzieren den Flächenverbrauch. Auch bei Natur- und Freizeitflächen ist bessere Abstimmung notwendig.
In Schenefeld wollte die Stadt einen Teil des Landschaftsschutzgebietes bebauen, der im Landschaftsplan gemeinsam mit Hamburg als Grüngürtel ausgewiesen ist. Hamburg hätte der Bebauung zugucken müssen, obwohl es ein länderübergreifen- des Landschaftsschutzgebiet ist. Glücklicherweise hat die Stadt nach heftigen Bür- gerprotesten von einer Bebauung Abstand genommen.
Beim Thema Verkehr ist eine Koordination gerade in den kommenden Jahren wäh- rend der Bauarbeiten auf der A7 und der A 23 wichtig. Es wird einen erhöhten An- drang auf Busse und vor allem Bahnen geben. Wir brauchen kurzfristig mehr Kapazi- täten auf Park-and-Ride-Plätzen und auch E-Bike-Abstellmöglichkeiten und eine Ver- stärkung des ÖPNV-Angebotes. Ziel im Verkehrsbereich sollte eine gemeinsame Verkehrsplanung und auch ein gemeinsamer Verkehrsverbund für den ÖPNV sein.
In Norderstedt gibt es Straßen, die auf einer Seite erneuert sind, auf der anderen nicht, weil die andere Seite zu Hamburg gehört. Das ist schon kurios.
Es spricht also vieles dafür, die Landesplanung gemeinsam zu entwickeln. Wichtig ist dabei, dass Schleswig-Holstein seine Zielvorstellungen auf Augenhöhe mit Hamburg einbringen kann.
Lassen Sie uns darüber im Ausschuss beraten, unter Einbeziehung Hamburgs. Wenn wir gemeinsame Leitlinien in der Landesplanung wollen, dann finden wir auch Wege, dies umzusetzen.



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