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22.08.13 , 12:21 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 13 u. 34 - Bezahlbarer Wohnraum

Presseinformation Kiel, den 22. August 2013

Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms TOP 13 u. 34 Bezahlbarer Wohnraum
Drs. 18/899 u. 1049


Immobilien haben einen zentralen Bezugspunkt; und das ist die Lage. Leere
Einfamilienhäuser in Dithmarschen helfen der alleinerziehenden Mutter in Kiel herzlich
wenig. Wir haben in Schleswig-Holstein nicht einen Mietwohnungsmarkt, sondern
viele regionale Märkte.
Der Innenminister hat darum die Wohnraumförderung in Ballungsgebieten und in
Regionen mit Wohnungsmangel in den Vordergrund gestellt. Schleswig-Holstein steht
in dieser Beziehung bundesweit ganz gut da. Andere Bundesländer sind aus dem
Neubau von Wohnungen weitgehend ausgestiegen. Es ist gut, dass es bei uns nicht so
ist. Was mit Fördermitteln geht, das wird auch getan. Aber wir haben natürlich nicht
mehr die Zuwächse wie in den 1990er Jahren.
Andererseits ist die Landesregierung nicht der richtige Akteur, wenn es um die
Umsetzung von konkreten Maßnahmen bei der regionalen Wohnraumversorgung
geht. Regionale Gegebenheiten, Bedarfe und Baulücken kann man gar nicht von Kiel 2
aus steuern. Die Wohnraumplanung und deren Umsetzung ist also das Kerngeschäft
der Kommunen. Wohnungspolitische Hilfestellungen können vom Land kommen; die
politischen Entscheidungen fallen vor Ort. Allerdings muss die Kommunalpolitik das
Problem ernsthaft anpacken.
Im ländlichen Raum haben wir es mit einem besonderen Problem zu tun: Dort sind die
Kommunen aufgrund der kleinteiligen Struktur gar nicht in der Lage, die Aufgabe,
bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, adäquat zu erfüllen. Ich würde es
gerne zuspitzen: Die Kleinheit schleswig-holsteinischer Kommunen behindert in vielen
Fällen eine effektive Wohnraumförderung. Nehmen wir einmal an, es möchte sich ein
Gewerbebetrieb im ländlichen Raum ansiedeln und seinen Beschäftigten ein lukratives
Wohnungsangebot machen. Daraus wird nichts werden, solange die betreffende
Kommune gar nicht die Planungskapazitäten hat. Die Folge ist, dass es keinen
Wohnraum gibt und damit auch keine Investitionen.
Wir haben in einigen Regionen tatsächlich zu wenig bezahlbare Mietwohnungen. Es
fehlt an bezahlbarem Wohnraum für Schüler, Studierende oder ältere Einzelmieter. Die
Zahl der Haushalte hat im letzten Jahren noch einmal prozentual stärker zugenommen
als die Zahl der Wohnungen. Auch ohne Neubau sorgt also allein der gesellschaftliche
Wandel für eine wachsende Nachfrage nach Wohnungen. Großfamilien oder
Alleinerziehende haben auf dem städtischen Mietwohnungsmarkt schlechte Karten.
Deshalb gilt es hier für die Kommunen Schwerpunkte zu setzen.
Besonders problematisch sieht es in unseren Ferienorten aus. Das aktuelle
Mietgutachten für den Innenminister zeigt, dass die touristische Nutzung in einigen
Feriengebieten zu Engpässen führt. In Schleswig-Holsteins Tourismusorten liegen die
Mieten über dem Landes-Durchschnitt. Da ist Sylt einsamer Spitzenreiter. Während
2012 für nicht-preisgebundene Wohnungen durchschnittlich 6,44 Euro netto kalt fällig 3
waren, musste der Sylter Mieter fast das Dreifache zahlen, nämlich 17,85 Euro. Bei
Neubezug liegt Sylt natürlich auch über dem Landesdurchschnitt – hier wird bei jedem
Mieterwechsel noch einmal kräftig zugelangt. So wächst das Problem, dass auf Sylt -
und zunehmend auch auf Föhr - Menschen, die auf der Insel arbeiten, keine bezahlbare
Bleibe finden.
Deshalb muss man gerade hier auf kommunaler Ebene genau darüber nachdenken, ob
mögliche Nachnutzungen von Liegenschaften - wie zum Beispiel der
Bundeswehrliegenschaften – nicht auch für den sozialen Wohnungsbau reserviert sein
sollten. Das setzt allerdings voraus, dass die kommunale Politik den sozialen
Wohnungsbau als Politikfeld der Zukunft erkennt und dann natürlich auch in der Lage
ist, hier ein Zeichen setzen zu können. Wenn Einzelegoismen von Minikommunen den
entgegen stehen, dann stimmt etwas an der Struktur nicht. Auch das muss man sich
immer wieder vor Augen halten, wenn wieder einmal ein Projekt gescheitert ist.
Grund- und Nebenmieten erklimmen für viele Schleswig-Holsteiner unbekannte
Höhen. Diese Entwicklung kollidiert mit einer sehr moderaten
Einkommensentwicklung. Mit anderen Worten: die Erst- und Zweitmiete fressen den
Mietern die Haare vom Kopf. Mieterhöhungen können die Familien nur noch
ausgleichen, indem sie an anderer Stelle sparen, zum Beispiel bei langfristigen
Anschaffungen. Allerdings ist die Dynamik nicht in allen Regionen vergleichbar. Auch
hier müssen wir genau hinsehen.
Bezahlbarer Wohnraum ist ein Menschenrecht. Deshalb müssen wir als Land immer die
Strukturen hinterfragen, die zu Schwierigkeiten führen, und die kommunale Seite
muss dieses Politikfeld wieder neu erobern. 4

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