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21.11.13 , 16:44 Uhr
B 90/Grüne

Eka von Kalben zur Flüchtlingspolitik in Schleswig-Holstein

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 24 – Zukunft der Flüchtlingspolitik Düsternbrooker Weg 70 in Schleswig-Holstein 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Dazu sagt die Vorsitzende Fax: 0431 / 988 - 1501 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de Eka von Kalben: www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 343.13 / 21.11.2013



Wir wollen den Flüchtlingen Schutz geben und wir wollen ihnen ein Willkommen bieten
Abgeordnete aller Fraktionen dieses Landtages haben den Innenminister vor zwei Wochen auf eine Reise in den Balkan begleitet. Ein Tag Bukarest, 1,5 Tage Skopje. Eindrücke aus Rumänien und Mazedonien. Das eine ein EU-Land, das andere nicht.
In beiden Ländern wollten wir insbesondere Informationen über die Situation der Roma einho- len. Doch die offiziellen Stellen machten uns in erster Linie deutlich, welche Anstrengungen sie unternehmen würden, um die Grenzen abzuschotten. Nach außen gegen Flüchtlinge mit Schnellbooten und nach innen mit ausgefeilten Profilingsystemen, die dafür sorgen, dass Ro- ma bei der Ausreise rausgefiltert werden und ihnen sogar die Pässe abgenommen werden.
Es dauerte jedes Mal eine ganze Weile, bis unser Minister Herr Breitner mit einem Missver- ständnis aufräumen konnte, nämlich dass Flüchtlinge in Schleswig-Holstein nicht willkommen wären. Im Gegenteil: Wir wollen, dass die, die Schutz brauchen, auch die Möglichkeit haben, in dieses Land zu kommen. Und damit sprach er für die gesamte Delegation - unabhängig von Partei und Funktion.
Dieser Moment, wenn den Generälen auf der anderen Seite die Gesichtszüge entgleisten, ge- fiel mir. Das Bild, das Deutschland und Europa offensichtlich in die neuen Länder des Balkans trägt, gefiel mir nicht: Macht alles möglich für sichere Grenzen, die Menschenrechte sind uns dabei egal.
Die Reise machte aber auch deutlich, dass unsere Möglichkeiten in Schleswig-Holstein be- grenzt sind. Wir können die Aufenthaltsrechte nicht festlegen, wir können die Abschiebehaft nicht abschaffen, wir können die Residenzpflicht nur begrenzt aufheben und wir können das Seite 1 von 2 Arbeitsverbot nicht aufheben. Ganz abgesehen von den Bestimmungen für Schengen und Frontex.
Und wir haben wenige Möglichkeiten, dafür zu sorgen, dass die EU Mittel oder die Entwicklungshil- femittel, die zur Unterstützung der Roma gedacht sind, dort auch wirklich ankommen.
Deshalb wollen wir ihnen hier Schutz geben – vor Diskriminierung, vor Hunger und Kälte - wenn sie ihn brauchen. Unabhängig davon, ob sie wieder zurückgehen wollen, wenn die winterlichen Temperaturen nicht mehr bedrohlich sind, oder nicht.
Was wir können, und der Minister hat es bereits ausgeführt, ist denen, die es zu uns schaffen, ein Willkommen zu bieten.
Hätten wir über den Koalitionsvertrag auf Bundesebene zu bestimmen, dann wären viele Probleme ge- löst: Bundesweite bzw. europäische Bewegungsfreiheit für alle Flüchtlinge, rechtlicher und faktischer Zugang zum Arbeitsmarkt von Anfang an, Unterstützung bei beruflicher Integration durch Sprach- und Integrationskurse, Fortbildungen und erleichterte Anerkennung beruflicher Abschlüsse, die Abschaf- fung des Asylbewerberleistungsgesetz, keine Duldungen mehr.
Wir stehen für eine andere Flüchtlingspolitik, die Integrationspolitik und Flüchtlingspolitik zusammen denkt und bestehende Diskriminierungen bei Bildung, Arbeit und sozialer Teilhabe abschaffen will.
Ich habe letzte Woche eine syrische Familie besucht, die seit drei Wochen in Kiel ist. Ihre Zwillinge, drei Jahre alt, erleben das erste Mal in ihrem Leben eine Zeit ohne Kriegslärm. Ohne Angst auf die Straße zu gehen. Ohne nachts von Bomben und Sirenen geweckt zu werden. Die Eltern wollen Deutsch lernen, arbeiten und hier bleiben. Der Mann ist Schlosser, sie Lehrerin. Noch leben sie in ei- ner Gemeinschaftsunterkunft.
Die Küstenkoalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag verpflichtet, für menschenwürdige Unterkünfte zu sorgen - dezentrale Unterbringung vor Gemeinschaftsunterkünften. Gleichzeitig wollen wir mög- lichst vielen Menschen Zuflucht gewähren. Aus Gründen der Humanität, aber auch weil wir Zuwande- rung brauchen.
Die Zuzugszahlen steigen. Wohnraum in den Kommunen ist knapp. Wir stehen scheinbar vor einem Dilemma: Qualität zu Lasten von Quantität oder umgekehrt. Für uns ist klar: Qualität und Quantität müssen Hand in Hand gehen.
Das müssen wir beraten, wenn die Landesregierung das beantragte Unterbringungskonzept vorlegt. Wir brauchen einen genauen Überblick über die Qualität der Unterbringung in unserem Land und ein schlüssiges Konzept, wie wir mit steigenden und fallenden Zugangszahlen nachhaltig umgehen.
Wir müssen uns mit aller Kraft dafür einsetzen, dass wir nicht auf Druck der Masse die Qualität ver- nachlässigen. Deshalb muss für die Unterkunft in größeren Einheiten oder in mobilen Wohnhäusern ein besonderer Standard für die Betreuung gelten.
Beratung vor Ort, Sprachförderung, Kinderbetreuung, das können positive Elemente sein, die wir ver- bindlich machen sollten. Gleichzeitig müssen wir die Kommunen bei ihren Aufgaben unterstützen und werden deshalb auch die Mittel zur Sanierung der Unterkünfte nicht nur für die Erstaufnahme in Neu- münster, einer Landesliegenschaft, sondern auch für die kommunale Versorgung einsetzen. Insge- samt nimmt die Küstenkoalition dafür zwei Mio. Euro in die Hand.
Für uns ist Flüchtlingspolitik eine Frage der Haltung. Unsere Haltung ist, dass uns Flüchtlingspolitik auch in Zukunft etwas kosten darf und muss. Unsere Haltung in Schleswig-Holstein ist eine weltoffene und solidarische. Und darauf können wir stolz sein.
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