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19.03.14 , 12:56 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zu den Strafbarkeitslücken bei Kinderpornographie

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 23 – Kinderpornographie konsequent bekämpfen – Düsternbrooker Weg 70 Strafbarkeitslücken schließen 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Dazu sagt der justizpolitische Sprecher Mobil: 0172 / 541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Burkhard Peters: Nr. 114.14 / 19.03.2014



Solide Gesetzgebung erfordert mehr als einen Schnellschuss
Es ist schwierig, sich der aktuellen Forderung nach einer konsequenten Bekämpfung von Kinderpornografie auch mit den Mitteln des Strafrechts zu verschließen. Vorab sei aber die Frage erlaubt, warum müssen wir uns hier im Landtag mit diesem bundesge- setzlich zu regelnden Problem befassen, nachdem bereits mehrere Bundesländer ent- sprechende Initiativen in Berlin eingeleitet haben, teilweise auf einem hohen inhaltli- chen Niveau?
Umso mehr ist es zu begrüßen, dass wir es in letzter Minute geschafft haben, bei die- sem schwierigen Thema einen gemeinsamen Antrag des ganzen Hauses auf den Weg zu bringen.
Dem Bundesgesetzgeber werden sich schwierige Fragen stellen: Nämlich, ob es im Strafgesetzbuch Regelungslücken hinsichtlich kinder- und jugendpornografischen Schriften gibt?
Vor allem die Frage der begrifflichen Abgrenzung, ab wann eine strafrechtliche Verfol- gung eintreten soll, ist juristisch anspruchsvoll. Ich verweise auf den Begriff „sexuell aufreizende Nacktfotos“ aus dem Ausgangsantrag der CDU.
Was sind „sexuell aufreizende Nacktfotos“? Ab wann genau sind Nacktfotos auch ohne Darstellung von aktiven Handlungen von Kindern und Jugendlichen so eindeutig inak- zeptabel, dass sie mithilfe des Strafrechts verfolgt werden müssen? Wo ist die Grenze zwischen FKK und Posing?
Seite 1 von 2 Solide Gesetzgebung, zumal im Strafrecht, erfordert mehr als einen Schnellschuss.
Ob etwas sexuell aufreizend ist oder nicht, ist äußerst schwierig objektiv zu bestimmen. Denn die sexuelle Aufreizung ist ein Vorgang, der vor allem im Kopf des jeweiligen Be- trachters stattfindet.
Es ist nicht auszuschließen, dass berühmte Bilder der Kunst z.B. von Caravaggio, die nackte Jungen zeigen oder bestimmte Werke der Weltliteratur wie der Roman „Lolita“ von Nabokov von Menschen mit einer pädophilen Neigung als „sexuell aufreizend“ empfunden werden.
Auch Fotografien, die Privatleute von ihren unbekleideten Kindern anfertigen und even- tuell ohne böse Hintergedanken in sozialen Netzwerken verbreiten, können von Pädo- philen durchaus als sexuell stimulierend empfunden werden.
Wohlgemerkt: Ich will nicht behaupten, dass es sich bei den Fotos oder Filmen der ka- nadischen Firma Azov um Kunst handelt oder um harmlose Familienbilder.
Es geht aber schon um die Frage, wie kann man in rechtsstaatlicher Weise den Bereich des Strafwürdigen von dem trennen, was unter Beachtung der Rechte und Interessen der abgebildeten Kinder und Jugendlichen gesellschaftlich noch hinzunehmen ist? Denn Strafrecht ist kein Instrument zur Durchsetzung bestimmter Moralvorstellungen oder gar eines gesunden Volksempfindens. Strafrecht kann immer nur ultima ratio sein, letztes Mittel zur Durchsetzung des Rechtsgüterschutzes durch den Staat.
Wer ein bestimmtes Verhalten unter Strafe stellen will, muss vor allem das strafrechtli- che Bestimmtheitsgebot beachten, so wie es in Art. 103 Abs. 2 GG niedergelegt ist. Strafrechtliche Normen müssen so konkret bestimmt sein, dass Tragweite und Anwen- dungsbereich des Tatbestandes zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen.
Das ist allein mit dem Kriterium „sexuell aufreizend“ mit Sicherheit nicht zu machen.
Auch die Dimension der Gewerblichkeit oder das Phänomen der Tauschbörsen ohne Gewinnerzielungsabsichten wird der Bundesgesetzgeber im Blick haben müssen. Ebenso das Problem des veralteten Schriftenbegriffs des Paragraf 11 Abs. 3 StGB. Er stammt aus dem vordigitalen Zeitalter und muss zu einem modernen Medienbegriff er- weitert werden.
Wichtig ist uns auch die Dimension der Prävention. Bestrafen ist nur das eine. Men- schen mit entsprechenden Neigungen erst gar nicht zu Tätern werden lassen, ist effek- tiver und dient potenziellen Opfern besser. Hier gibt es mit dem entsprechenden Pro- gramm des Zentrums für Integrative Psychiatrie der Uni Kiel auch in Schleswig-Holstein einen vorbildlichen Ansatz, der unsere Unterstützung verdient.
Wir unterstützen daher mit unserem Antrag solche Initiativen, wie sie z.B. Hessen letzte Woche in den Bundesrat eingebracht hat. Sie umfasst alle oben genannten Elemente und ist daher in jeder Hinsicht dem schlichten Ruf nach einer isolierten Strafrechtsver- schärfung vorzuziehen.
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