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Flemming Meyer: Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um dieses Abkommen kritisch zu sehen
Presseinformation Kiel, den 19. 6. 2014Es gilt das gesprochene WortFlemming Meyer TOP 33 CETA Abkommen stoppen Drs. 18/1973Wir haben zuletzt im Januar über das transatlantische Abkommen TTIP diskutiert. Damals hat dieMehrheit die Vorteile wirtschaftlichen Wachstums gegen die Notwendigkeit der Sicherungsozialer und ökologischer Standards abgewogen und letztlich für die Einhaltung der Standardsplädiert. Diese Haltung hat sich in den letzten Monaten nicht verändert. Auch, was das Procedereangeht, bleibt weiterhin die Kritik an mangelnder Transparenz bestehen.Verbraucher-, Arbeits- und Sozialrechte oder auch der Umweltschutz sind keine Hemmnisse, wieseit dem Frühkapitalismus immer wieder behauptet wird, sondern im Grunde genommen diewahren Wachstumsmotoren. Die Rechte für alle Bürgerinnen und Bürger sind politischeErrungenschaften, die nach langen Auseinandersetzungen Mehrheiten in Europa gefundenhaben und einen Pfeiler unserer demokratischen Gesellschaften bilden. Die Bürgerinnen undBürger erwarten von ihren gewählten Parlamenten, dass sie diese Standards verteidigen undschützen. Gerade dieses Vertrauen scheint die EU derzeit massiv zu enttäuschen, indem sie dieInteressen der Wirtschaft über das Gemeinwohl stellt. Dabei ist man sich in Brüssel offenbarbewusst, dass dieses Vorgehen nicht akzeptabel ist. Anders kann man sich kaum diebeteiligungsfernen und intransparenten Vorgehen erklären. Die Verhandlungen fanden 2weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das schließt sogar die parlamentarischeÖffentlichkeit aus. Offenbar ist es so, dass selbst die EU-Abgeordneten nicht alle CETA-Verhandlungsdokumente vollständig einsehen können. Auch sie sind auf Quellen aus demInternet angewiesen. Die parlamentarische Kontrollfunktion wird damit zweifellos ausgehebelt.Diese geheimen Verhandlungen nähren den Verdacht, dass der Einfluss von Wirtschafts- undIndustrielobbys unentdeckt bleiben soll. Das Vielaugenprinzip einer guten Verhandlung,zumindest bei einem derart komplexen Thema, unterlaufen die EU-Verhandlungsführerwahrscheinlich nicht zufällig. Schließlich geht es unter anderem um Monopolrechte, und das sollnicht öffentlich diskutiert werden. Wenn CETA ratifiziert wird, kann nämlich jeder ausländischKonzern, der sich in irgendeiner Weise in Europa in seinen Gewinnmöglichkeiten eingeschränktsieht, vor einem internationalen Schiedsgericht klagen, soweit er auch in Kanada vertreten ist.Die Klage wird sich gegen die Staaten richten, in denen die angebliche Einschränkung vonstattengeht. Nehmen wir beispielsweise die Re-Kommunalisierung der Strom- oder Wasserversorgung.Ist von den Plänen einer deutschen Kommune ein internationaler Konzern betroffen, wird derdann klagen gegen die Bundesrepublik? Davon gehen jedenfalls die Experten aus. Was wird dasfür die Bestrebungen, die Stadtwerke wieder zu stärken, bedeuten? Ich befürchte: nichts Gutes.Auch auf kanadischer Seite wächst die Skepsis gegenüber dem Wegfall von 99% der Zölle. Dieeinheimische Industrie fürchtet vor allem den massiven Auto-Import. Während bei uns dieLandwirtschaft in Deutschland die Folgen des CETA-Abkommens auf die Agrarbetriebe nichtgerade euphorisch betrachtet.Allerdings muss man an dieser Stelle einräumen, dass Experten auf beiden Seiten des Atlantikssich auf dünnem Eis bewegen. Sie sagen, dass sie eigentlich gar nicht wissen, welcheKonsequenzen CETA haben wird. Schließlich weiß man außerhalb der Verhandlungskommissiongar nicht genau, was nun im endgültigen Vertragstext vereinbart wurde. Ich konnte zumindestkein offizielles CETA-Dokument finden. Lediglich die Zusammenfassung des Textes, wie er demkanadischen Unterhaus vorgelegt wurde, kann man einsehen. Ob der aber dem Gesamttextentspricht, konnte ich nicht erkennen. 3Darum tappen wir, wenn wir ehrlich sind, allesamt ein wenig im Dunkeln. Es ist nicht einmal klar,ob eine Ratifizierung in den nationalen Parlamenten überhaupt notwendig ist. Und wenn sienotwendig ist, wird es bei einer Ablehnung von CETA in Berlin beispielsweise zu einerNachverhandlung kommen oder fängt man dann wieder von vorne an und CETA ist erst einmalvom Tisch?Das sind nach meinem Dafürhalten ein paar Fragen zu viel. Man muss keinVerschwörungstheoretiker sein, um dieses Abkommen kritisch zu sehen.