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12.09.14 , 15:20 Uhr
B 90/Grüne

Detlef Matthiessen zu den Kavernen in Brunsbüttel

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Es gilt das gesprochene Wort! Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
TOP 46 – Bericht über die Inspektion der Kavernen im Telefon: 0431 / 988 - 1503 Kernkraftwerk Brunsbüttel Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 Dazu sagt der energiepolitische Sprecher der Fraktion presse@gruene.ltsh.de Bündnis 90/Die Grünen, Detlef Matthiessen: www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 360.14 / 12.09.2014



Inspektion der Kavernen im AKW Brunsbüttel
Meine Damen und Herren, die rostigen Atommüllfässer in Brunsbüttel beschäftigen seit mehr als zweieinhalb Jahren nicht nur die Verantwortlichen bei Vattenfall und die Atomaufsicht, sondern mit Recht auch den Schleswig-Holsteinischen Landtag und eine breite Öffentlichkeit. Noch vor wenigen Tagen hat Michael Sailer, Vorsitzender der Entsorgungskommission des Bundes, die Befürchtung geäußert, Brunsbüttel sei möglicherweise nur die Spitze des Eis- bergs. In anderen deutschen Kernkraftwerken könnten weitere Rostfässer gefunden wer- den. Wie Sie wissen, habe ich Bundesumweltministerin Hendricks vor einem Monat noch einmal empfohlen, bundesweit den Zustand von Behältern und Lagerstätten in den deut- schen Kernkraftwerken kontrollieren zu lassen. Hier und heute konzentrieren wir uns aber auf Brunsbüttel. Was ist in den vergangenen Monaten in den Kavernen des Kernkraftwerks veranlasst und festgestellt worden? Im Juli 2014 wurden die Inspektionen in und an der Kaverne V abgeschlossen. Dort befin- den sich neben Behältern mit Reststoffen aus dem Betrieb des Kernkraftwerks Brunsbüttel auch Fässer mit Abfällen, die vor über 30 Jahren im belgischen Mol konditioniert worden sind. Hier wie bei allen anderen Abfällen in den Kavernen geht es um schwach- und mittel- radioaktive, also nicht Wärme entwickelnde radioaktiven Abfälle. Bei der visuellen Inspekti- on der Kaverne V wurden an einigen Fässern – wenn auch geringfügige - Korrosionser- scheinungen an Deckel- und Bodenringen sowie Lackschäden festgestellt. Im August 2014 wurde die Kaverne II geöffnet, um zunächst die darin stehenden 118 Stahl- fässer mit radioaktiven Abfällen mit einer Spezialkamera auf ihren Zustand hin zu untersu- chen. Dabei wurden starke, großflächige, wanddurchdringende Korrosionsspuren vor allen Dingen an solchen Fässern festgestellt, die in den Jahren 1983 und 1985 eingelagert wor- den waren.
Seite 1 von 3 Anders als in den vorherigen Fällen sind an diesen Altfässern aufgrund der starken Be- schädigungen Fassinhalte ausgetreten, die sich in breiiger Form auf dem Boden der Kaver- ne gesammelt haben. Es handelt sich um Verdampferkonzentrat aus der Behandlung von radioaktiv kontaminiertem Wasser. Die Fässer waren vor rund 30 Jahren in der Kaverne eingelagert worden. Die Abfälle enthalten trotz der jahrzehntelangen Abklingzeit noch rele- vante Mengen an Cäsium 137, einem typischen Abfallprodukt der Kernspaltung. Es stellte sich heraus, dass die Betreibergesellschaft seinerzeit offenbar vor der Einlage- rung der Fässer den Boden der Kaverne mit einer Folie ausgelegt hatte, auf der sich dann Fassinhalte sammelten. Wie weiter entdeckt wurde, stehen die Fässer zum Teil nicht kon- zentrisch übereinander. An einem Fass ist der Deckel nicht verschlossen. Die Atomaufsicht stellte außerdem im Innern der Kaverne eine Luftfeuchtigkeit von knapp 75 Prozent fest. Die Behörde geht davon aus, dass das Verdampferkonzentrat seinerzeit vor der Einlagerung nicht ausreichend getrocknet worden war. Das bedeutet, dass alle Fässer mit Verdampferkonzentrat vor einer Neuverpackung in geeigneter Weise – und das wird zeitaufwändig sein - nachgetrocknet werden müssen, damit solche Vorkommnisse in Zukunft ausgeschlossen sind. Korrosionsbefunde wurden in dieser Kaverne nicht nur an den erwähnten Altfässern fest- gestellt, sondern auch an Fässern, die Ende der neunziger Jahre befüllt worden waren. Insgesamt ist von Außen- und von Innenkorrosion auszugehen, außerdem auch noch von Spaltkorrosion. Aus diesen Untersuchungsergebnissen ergibt sich zwingend, dass die bisher von Vattenfall ins Auge gefassten Bergungseinrichtungen nicht geeignet sein werden, sämtliche Fässer zu heben und zu transportieren. Die Atomaufsicht hat Vattenfall dementsprechend aufge- fordert, das Bergungskonzept zu ändern und Hebezeuge zu entwickeln, mit denen alle Fässer sicher gehandhabt werden können, so dass deren Inhalte in sichere Behältnisse umverpackt werden können. Hierzu wird Vattenfall zunächst ein Lastenheft erstellen müs- sen, in dem die Anforderungen spezifiziert sind, die die Bergungseinrichtungen erfüllen müssen. Vattenfall ist aufgefordert worden, das geänderte Konzept bis Ende September 2014 vorzulegen. Noch abzuwarten bleiben die Ergebnisse aus den Kavernen I, III und VI; dort stehen die In- spektionen noch aus. Dann noch zwei gute Nachrichten: Erstens: Zumindest die Bauwerksinspektionen, also die Untersuchungen zur Integrität der Kavernen selbst, haben bisher keine Hinweise auf Schäden ergeben. Und zweitens: Weder in Krümmel noch in Brokdorf hat es vergleichbare Befunde gegeben. Stilllegung und Abbau von Kernkraftwerken sowie besonders die Entsorgung der radioakti- ven Abfälle sind ohnehin schon Herkulesaufgaben. In diesem konkreten Fall, das müssen wir leider feststellen, hat sich hier eine Betreibergesellschaft im Laufe von Jahrzehnten ein weiteres Problem bereitet, das zusätzlich erheblichen Zeit- und Kostenaufwand bereitet. Dieser Aufwand ist nun aber unvermeidlich. Natürlich sollten so schnell wie möglich alle ra- dioaktiven Abfälle ordnungsgemäß konditioniert und in geeignete Behälter verpackt werden. Vorrang vor „schnellen Lösungen“ hat aber immer der Strahlenschutz. Auch wenn die Ka- vernen selbst für die Bevölkerung die Barriere bilden, die Gesundheitsgefährdungen aus- schließt: Ich denke auch an das Personal bei Vattenfall, das selbstverständlich ebenfalls geschützt werden muss. Schließlich ist mir auch wichtig, dass wir aus der Vergangenheit lernen und die Korrosions- problematik noch einmal übergreifend und unter Einbeziehung von externem Sachverstand in den Blick nehmen. Dabei geht es mir darum für die Zukunft sicherzustellen, dass Befun- de, Entwicklungen und Ereignisse wie die hier festgestellten möglichst sicher ausgeschlos- sen werden können, auch wenn ich hoffe, dass es zur Jahrzehnte langen Lagerung von 2 nicht ordnungsgemäß konditionierten radioaktiven Abfällen nicht mehr kommen wird. Wir werden uns aber leider mit den radioaktiven Hinterlassenschaften aus mehr als vier Jahrzehnten Reaktorbetrieb in Schleswig-Holstein noch eine ganze Weile befassen müs- sen. Worum es dabei auch geht, ist, dass das Engagement und Problembewusstsein bei allen beteiligten Akteuren solange aufrechterhalten bleiben, wie noch nukleare Risiken be- stehen – also noch für sehr lange Zeit!

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