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11.12.14 , 17:53 Uhr
B 90/Grüne

Burkhard Peters zum Landesbeamtengesetz

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 10 – Landesbeamtengesetz (LBG) Pressesprecherin Claudia Jacob Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Burkhard Peters: Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 482.14 / 11.12.2014

Der eingeschlagene Weg ist ohne Zweifel richtig
Recht haben und Recht bekommen, sind bekanntlich zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Einen Vollstreckungstitel zu erstreiten, ist oft das kleinere Problem. Eine viel größere Her- ausforderung in der Praxis ist es, den Titel im Wege der Zwangsvollstreckung in klingende Münze umzuwandeln. Viele SchuldnerInnen sind schlicht mittellos. Sie haben kein pfändba- res Gut oder Einkommen und haben die eidesstattliche Versicherung längst abgegeben, den ehemaligen Offenbarungseid. In diesen Fällen schaut die Gläubigerin oder der Gläubi- ger auf Dauer in die Röhre. Sie können sich den Titel einrahmen lassen und an die Wand hängen, mehr nicht.
Das ist äußerst unbefriedigend für alle Menschen, die sich ein Urteil erstritten haben und trotzdem leer ausgehen. Man kann sich natürlich fragen, warum wollen wir jetzt mit der vor- liegenden Gesetzesänderung dieses Vollstreckungsrisiko nur für BeamtInnen auf Risiko des Portemonnaies der SteuerzahlerInnen abmildern.
Dafür gibt es zwei gewichtige Gründe: Die BeamtInnen, die im Verhältnis zu anderen Gläu- bigern besser gestellt werden sollen, haben als Vollzugskräfte des Staates ein deutlich er- höhtes Risiko, im Dienst körperlichen Angriffen und Verletzungen ausgesetzt zu sein. Poli- zistInnen, Strafvollzugskräfte, ZollbeamtInnen, sie alle halten für uns häufig und im Wort- sinne „die Knochen hin“.
Der Zweite Grund für eine Sonderregelung für die Gruppe der Vollzugskräfte ist, dass die BeamtInnen es bei verletzungsträchtigen Auseinandersetzungen offenbar häufig mit Men- schen zu tun haben, die verarmt sind. Das erhöht deutlich das Risiko, Schmerzensgeldfor- derungen bei dieser Personengruppe nicht vollstrecken zu können.
Es ist daher billig und gerecht, die VollzugsbeamtInnen des Staates, durch die jetzt auf den Weg gebrachte Gesetzesänderung für den Bereich unerfüllbarer Schmerzensgeldforderun- gen, zu entlasten. Denn für den Bereich von Sachschäden haben wir in Paragraph 83 LBG Seite 1 von 2 schon eine ähnliche Regelung.
Es steht auch nicht zu befürchten, dass der öffentlichen Hand ein übermäßiges finanzielles Risiko aufgebürdet wird. InteressenvertreterInnen der Polizei sprechen davon, dass in den letzten Jahren im Bereich der schleswig-holsteinischen Polizei unbezahlte Schmerzens- geldforderungen i.H.v. ungefähr 40.000 Euro aufgelaufen sind. Dieser relativ geringfügige Gesamtbetrag erklärt sich vor allem dadurch, dass nach deutscher Rechtsprechung, an- ders als z.B. in den USA, geradezu lächerlich geringe Schmerzensgeldbeträge für vorsätzli- che und fahrlässige Verletzungen ausgeurteilt werden.
Ein paar Beispiele aus der Rechtsprechung: Für sogenannte Bagatellschäden gibt es über- haupt nichts. Das können durchaus umfangreiche Prellungen mit blauen Flecken und ein leichtes HWS-Syndrom sein. Für Blutergüsse und blutende Verletzungen an den Beinen, die verbunden werden mussten, gab es nach einem Urteil des Amtsgerichts Köln aus dem Jahr 2005 nur 250 Euro. Die Beleidigung eines Polizeibeamten als „Scheißbulle“ ergab vor dem Amtsgericht Böblingen 2006 immerhin ein Schmerzensgeld von 300 Euro. Um in den Bereich von ca. 1.500 Euro zu kommen, muss es schon eine Nasenbeinfraktur durch einen Schlag ins Gesicht sein. Für eine Schussverletzung aus nächster Nähe in den Oberkörper mit schweren Verletzungsfolgen sprach der Bundesgerichtshof 2013 ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro zu.
Sie sehen also, dass von einer Genugtuungsfunktion, die mit dem Schmerzensgeld erzielt werden soll, in den meisten Fällen nicht wirklich die Rede sein kann. Umso ärgerlicher ist es für die betroffenen BeamtInnen, wenn selbst diese geringen Beträge mangels Zahlungs- fähigkeit des Schädigers nicht vollstreckt werden können. Im Falle der - Gottseidank weni- gen - schwerverletzten BeamtInnen ist es erst recht nicht zumutbar, dass sie neben den Verletzungsfolgen, offene Schmerzensgeldforderungen ertragen müssen.
Wir sind der Überzeugung, dass der Staat aus dem Gesichtspunkt der Fürsorge eine Ver- pflichtung hat, seine BeamtInnen vor dieser Frustration zu bewahren. Der vorliegende Än- derungsvorschlag am Landesbeamtengesetz bildet eine gute Grundlage für die Lösung des Problems. Er ermöglicht auch eine Erweiterung auf nicht im Beamtenstatus stehende Voll- zugskräfte.
Mit dem heute im Rahmen der Haushaltsanträge eingebrachten Entschädigungsfonds wird die gesetzliche Abhilfe auch haushälterisch hinterlegt, so dass wir gemeinsam eine tragfä- hige Lösung für alle in Betracht kommenden Risikofälle ermöglichen. In der Ausschussbe- ratung werden wir noch Detailfragen zu klären haben, der eingeschlagene Weg ist aber oh- ne Zweifel richtig.
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