Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Burkhard Peters zum CDU-Antrag nach mehr Richterstellen am Landgericht Kiel
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 32 – Mehr Richterstellen am Landgericht Kiel Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher 24105 Kiel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Burkhard Peters: Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 457.15 / 20.11.2015 Der Antrag geht an den tatsächlichen Problemen vorbeiIhr Antrag ist widersprüchlich, gehört eigentlich in die Haushaltsdebatte und er geht vor allem an den tatsächlichen Problemen vorbei.Sie fordern die Einstellung von mehr Richterpersonal für eine weitere große Strafkam- mer am Landgericht Kiel. Sie insistieren, dass das erforderliche Personal für eine sol- che zusätzliche Kammer nicht von anderen Gerichten abgezogen wird. Gleichzeitig ge- hen Sie aber davon aus, dass die neue große Strafkammer nur zeitlich befristet einge- richtet werden soll, um Altverfahren abzubauen und Belastungen durch neue Großver- fahren auszugleichen.Sie müssten eigentlich wissen, dass das Justizministerium RichterInnen nicht befristet einstellen darf, weil das Richtergesetz dies zur Deckung eines zeitlich begrenzten Be- darfs verbietet.Wenn Sie meinen, die Strafgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein brauche grundsätzlich und dauerhaft mehr Personal in der Größenordnung einer großen Strafkammer, passt Ihre Begründung vorne und hinten nicht!Ihr Antrag kommt auch zur Unzeit, weil er der Sache nach ein Haushaltsantrag ist. Über den Stellenplan des Justizministeriums und über die Frage, ob in bestimmten Gerichts- zweigen neue Richterstellen eingeplant werden müssen, werden wir uns erst im De- zember mit der Verabschiedung des Haushalts 2016 befassen. Ihre Ungeduld ehrt Sie, aber es macht keinen Sinn, Haushaltsanträge außerhalb der dafür vorgesehenen Haushaltsberatungen einzubringen.Ihr Antrag berücksichtigt vor allem aber nicht, dass die Unzulänglichkeiten in Kiel eine längere Geschichte haben. Und die Probleme beruhen durchaus nicht auf fehlenden RichterInnen am Landgericht Kiel. Mit Ihrem bemerkenswert unterkomplexen Antrag Seite 1 von 2 unterschlagen Sie komplett die seit Anfang 2013 durch justizinterne Arbeitsgruppen herausgearbeiteten Ursachen und Lösungsansätze für die in Kiel entstandenen Prob- leme.Das ist umso erstaunlicher, als das Justizministerium über die Projektgruppen und ihre Lösungsvorschläge im August 2013 und April 2014 den Innen- und Rechtsausschuss umfassend unterrichtet hat.Hauptergebnis dieser Berichte war, dass die tatsächlich im Vergleich zu den anderen drei Landgerichten schlechten Erledigungszahlen im Kern nichts damit zu tun haben, dass grundsätzlich am Landgericht Kiel zu wenige RichterInnen tätig sind.Zwei Projektgruppen, besetzt mit StrafrichterInnen aller Landgerichte, des Oberlandes- gerichts und mit VertreterInnen der Staatsanwaltschaft - unterstützt durch eine profes- sionelle Organisationsberaterin - arbeiteten ab 2013 heraus, dass trotz grundsätzlich vergleichbarer Personalausstattung das Landgericht Kiel bei der Bearbeitung und Erle- digung von Strafsachen im Vergleich zu den anderen Landgerichten seit mehreren Jah- ren massiv in Rückstand geraten war. Dieser Rückstand besteht auch jetzt noch, aller- dings nicht mehr in dem Umfang wie in den Vorjahren. Das ergibt die Antwort der Lan- desregierung vom 20.10. 2015 auf Ihre Anfrage (Drucksache 18/3433).Als maßgebliche Ursachen wurden folgende Umstände herausgearbeitet: - Es fehlte speziell bei den Kieler Wirtschaftsstrafkammern an einem effektiven Verfah- rensmanagement. Vor allem fehlte es an einer ausreichenden Spezialisierung von Richterpersonal bei Wirtschaftssachen, ganz im Gegensatz zum Landgericht Lübeck. - Die Fluktuation von RichterInnen in den bestehenden Wirtschaftsstrafkammern war zu hoch, was zu Effizienzverlusten wegen ständiger Einarbeitungsbedarfe beim Richter- personal führte. - Die Zusammenarbeit von Gericht und Staatsanwaltschaft ließ in Kiel deutlich zu wün- schen übrig. Es fehlte schlicht an ausreichender Kommunikation. Dies verhinderte vor allem bei Großverfahren mit sehr vielen einzelnen Anklagepunkten die unbedingt erfor- derliche Konzentration des Prozessstoffes.Als Sofortmaßnahme zum Abbau der Rückstände schlug die Arbeitsgruppe die soforti- ge Einrichtung einer weiteren Wirtschaftsstrafkammer vor, was auch Mitte 2013 unver- züglich umgesetzt wurde. Als Vorsitzender wurde ein Richter vom Oberlandesgericht abgeordnet.Diese und weitere Maßnahmen führten in den beiden letzten Jahren dazu, dass sich die Erledigungszahlen deutlich verbesserten. Viele der Altverfahren konnten zwischen- zeitlich abgeschlossen werden. Insgesamt nähert sich das Landgericht Kiel den durch- weg guten Standards bei den anderen drei Landgerichtsstandorten an. Die Beseitigung struktureller Mängel bei der Organisation eines Gerichts geht nicht von heute auf mor- gen. Vor allem das Gebot der richterlichen Unabhängigkeit ist bei allen gegensteuern- den Maßnahmen strikt zu beachten. Das scheint am Landgericht Kiel gelungen zu sein.Der schlichte Ruf nach mehr Richterstellen wird der Komplexität des Problems auf je- den Fall nicht gerecht. Vor allem geht es nicht an, dass hausgemachte Organisations- defizite eines einzelnen Gerichtsstandortes im Land dadurch honoriert werden, dass gezielt für dieses Gericht auf Dauer mehr Richterpersonal eingestellt wird. Wir lehnen den Antrag daher hier und heute ab. *** 2