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19.06.20
16:21 Uhr
SPD

Martin Habersaat zu TOP 23: Grundschulen in Schleswig-Holstein - Viele Fragen bleiben offen

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 19. Juni 2020
Martin Habersaat: Grundschulen in Schleswig-Holstein - Viele Fragen bleiben offen TOP 23: Unterrichtsqualität an den Grundschulen Schleswig-Holsteins im Schuljahr 2018/19 (19/1723, 19/2035)
„Beginnen möchte ich mit einem Dank an alle Menschen, die sich in unseren Grundschulen und für unsere Grundschulen engagieren. Natürlich auch und besonders bei den Lehrkräften. Es waren im Schuljahr 2018/19, von dem hier die Rede ist, 5.315. Von denen waren 4.588 ausgebildete Grundschullehrkräfte. Sie alle leisten eine wichtige Arbeit, die viele Eltern in den vergangenen Monaten noch einmal besonders schätzen gelernt haben. In der Grundschule beginnt die Schulkarriere aller angehenden Virolog_innen, Antifaschist_innen, Kulturschaffenden, Heizungsbauer_innen und anderer. Die Liste kann beliebig erweitert werden. Nach einem Heizungsausfall im letzten Winter waren mir die letzteren besonders wichtig. Sie wurden beschult an 550 Grundschulstandorten in knapp 4.900 Klassen, auf die 108.690 Schülerinnen und Schülern aufgeteilt waren. In der Grundschule ist der demografische Wandel gut zu beobachten. In Flensburg (+13%), Kiel (+9,5%), Lübeck und den Kreisen Pinneberg und Stormarn gibt es heute mehr Grundschülerinnen und Grünschüler als vor zehn Jahren. Den stärksten Rückgang gab es gleichzeitig in Nordfriesland (-21,7 Prozent) und Dithmarschen (-16 Prozent).
Wenn man eine solche Zusammenstellung von Daten und Fakten auf fast 300 Seiten überreicht bekommt, gehört es sich, auch Danke zu sagen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bildungsministeriums, aber auch an die vielen Schulen, die Daten zuliefern mussten. Wir stellen solche Anfragen, weil sie eine wichtige Grundlage für unser politisches Handeln sind, auch für alle anderen Fraktionen und für alle Menschen in unserem Land, die wissen wollen, wie es um die Grundschulen in Schleswig-Holstein bestellt ist und die aus den Daten und Fakten auch ableiten können, wie die Grundschule aufgestellt ist, an der sie arbeiten oder an der ihre Kinder oder Enkel unterrichtet werden. So eine Anfrage ist geeignet, uns allen die Baustellen vor Augen zu führen, die es im Bereich der Grundschulen gibt. Ich behaupte nicht, dass diese Baustellen erst in den letzten drei Jahren entstanden sind. Viele Fragen beziehen sich auf einen Berichtszeitraum von zehn Jahren, davon fünf mit sozialdemokratischem Ministerpräsidenten und fünf mit christdemokratischen. Ich habe aber Verständnis dafür, dass viele Menschen an den Schulen und außerhalb der Schulen in den letzten drei Jahren ein gezieltes Handeln zur Lösung dieser Probleme erwartet hätten. Manchen Fragen muss man weiter nachgehen: Warum landet in Dithmarschen, Plön und Segeberg nichts von den FAG-Mitteln für Sozialpädagogik an einer Grundschule? Warum gibt es mancherorts überhaupt keine Unterrichtshospitationen durch die Schulaufsicht? Warum konnten nur an 48 Schulen Lehrkräfte und Schülerschaft auf ein funktionierendes WLAN zurückgreifen? Da muss der Digitalpakt große Schritte nach vorne bringen. 10,9 Prozent des Unterrichts wurden im Februar 2019, ein Jahr vor Corona, nicht plangemäß erteilt. Vertretungslehrkräfte werden noch immer nicht für ihren Einsatz geschult. Vier Kreise spüren den Lehrermangel laut Ministerium besonders: Dithmarschen, Steinburg, Segeberg, Herzogtum Lauenburg. An 15 Grundschulen musste im Schuljahr 2018/19 die Verlässlichkeit aus Mangel an Lehrkräften ausgesetzt werden. 7 dieser Schulen lagen im Kreis Ostholstein. 15 Prozent der Grundschulen, also ungefähr so viele, wie beim Lernsommer mitmachen, bieten im Land zwischen den Meeren keinen Schwimmunterricht an. Der Anteil der Lehrkräfte, die vorzeitig aus dem Dienst an den Grundschulen ausscheiden, lag in den letzten Jahren bei stabil einem guten Viertel. Eine wirkliche Entlastung älterer Lehrkräfte findet nicht statt. Zwar wird die Zahl der Unterrichtsstunden in den letzten Dienstjahren gestaffelt um eine bis drei verringert. Allerdings: Wer weniger unterrichtet, muss sich mehr in die Schulorganisation einbringen.



1 Grundsätzlich, heißt es in der Antwort, werden erkrankte Lehrkräfte ab dem 1. Tag voll ersetzt. Im Juristendeutsch wird das Wort „grundsätzlich“ relativierend verwendet – als übliche Richtschnur, von der in Einzelfällen auch abgewichen werden kann. Wenn man die Schulen fragt, sind es aber nicht nur Einzelfälle, in denen so ein Ersatz nicht erfolgt. Offiziell gibt es 7 Mangelfächer, für die Fachlehrkräfte fehlen: Mathematik, Englisch, Musik, Sport, Katholische Religion, Philosophie und Kunst. 1.217 (26,54 Prozent) Klassen wurden in Mathematik von Lehrkräften unterrichtet, die dieses Fach nicht studiert haben. Dazu 239 Klassen von Lehrkräften ohne zweites Staatsexamen. 30 Grundschulen und fünf Außenstellen mussten mit einer einzigen Mathe-Fachlehrkraft auskommen. Die Regierung hat in Reaktion auf diesen Umstand nicht etwa Mathematiklehrkräfte an die Grundschulen geschickt, sondern lediglich die Erteilung von mehr Mathe- Stunden angeordnet. 2.174 (47,41 Prozent) der Klassen wurden in Musik von Lehrkräften unterrichtet, die dieses Fach nicht studiert haben. 502 Klassen von Lehrkräften, die kein zweites Staatsexamen hatten. Das ist zu viel. Der Verband der Musikschulen hat Vorschläge gemacht, wie nachhaltig mehr Nachwuchs gesichert werden könnte. Es ist keine nachhaltige Lösung, den Musikschulen die Kräfte abzuwerben. Die flexible Eingangsphase funktioniert offensichtlich nur in einer Richtung. Jährlich durchlaufen 3.000 Kinder die ersten beiden Jahrgangsstufen in drei Jahren, aber höchstens 30 in einem Jahr. Dabei stellt sich auch die Frage, warum die Grundschulen mit jahrgangsübergreifenden Klassen für die Jahrgangsstufen 1 und 2 so völlig uneinheitlich verteilt sind. In meinem Heimatkreis Stormarn sind es nur 5,7 Prozent, in Flensburg volle 70 Prozent. An den übrigen Schulen heißt „drei Jahre in der Eingangsphase“ in Wirklichkeit leider noch immer „Sitzenbleiben in Klasse 1 oder 2“. Gefreut habe ich mich, dass der Anteil der Schulen mit Berichtszeugnissen in den Jahrgängen 3 und 4 im Zeitraum des Wirkens von Jamaika gestiegen ist - von 2018/19 zu 2019/20 von 21,7 auf 22,9 Prozent. Jamaika hat dieses Jahr zum Jahr der Bildung für nachhaltige Entwicklung ausgerufen. Dabei hat sich die Ausgangslage in Ihrer Regierungszeit verschlechtert: 2017 waren in Schleswig-Holstein 148 Grundschulen als Zukunftsschulen zertifiziert. 2019 waren es nur noch 125. Bisher lässt sich bei den Angeboten am Nachmittag eine große Unterschiedlichkeit erkennen. Die meisten offenen Ganztagsschulen gibt es in Lübeck, die wenigsten in Plön. 2019 haben 9.298 Schülerinnen und Schüler Hortangebote wahrgenommen. 108 in Dithmarschen, 1.653 in Stormarn. Der Kreis Pinneberg setzt am meisten auf private Betreuungsangebote, Flensburg überhaupt nicht. Viele Fragen zur Ganztagsschule blieben leider offen. Wie sehen die Schulgebäude in Schleswig-Holstein aus? Wie sollten sie aussehen? Nur Kiel und Norderstedt haben das für sich definiert. Wie viele Schulen sind mit einer Mensa ausgestattet? Wie viele Schülerinnen und Schüler nehmen regelmäßig am Mittagessen teil? Wir müssen wissen, von welcher Ausgangslage wir den Trend zu mehr Ganztagsschulen gestalten wollen. Wie ich aus Berlin höre, ist es bis zum Rechtsanspruch nicht mehr weit. Und wenn es nach mir geht, ist das ein Platz in einer Ganztagsschule. Die Erkenntnislosigkeit der Landesregierung wundert mich bei der Frage nach dem Verbleib fertig ausgebildeter Referendare, die Entwicklung der Durchschnittsnoten oder den Ersatz für krankheitsbedingt ausfallende Lehrkräfte für Sonderpädagogik. Über solche und andere Fragen müssen wir im Bildungsausschuss und weit darüber hinaus weiter reden! Zum Abschluss noch eine Zahl, die nicht in der Antwort auf die Große Anfrage steht: 204.081,20 €. So viel hat die Landesregierung für die wissenschaftliche Begleitung der Schulischen Assistenz ausgegeben. Die Begleitung endete vor einem Jahr, auf die Ergebnisse und verbindliche Aussagen zur Zukunft der schulischen Assistenz warten wir noch immer.“



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