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18.06.21
11:53 Uhr
CDU

Tobias Koch: TOP 12: Es gilt, die demokratische Legitimation der Richterwahl zukünftig zu gewährleisten

Richterwahlausschuss | 18.06.2021 | Nr. 212/21
Tobias Koch: TOP 12: Es gilt, die demokratische Legitimation der Richterwahl zukünftig zu gewährleisten Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede,
der Richterwahlausschuss wurde im Jahr 1971 mit Änderung des Landesrichtergesetzes in Schleswig-Holstein eingeführt. Vorher war allein das Justizministerium für die Ernennung von Richterinnen und Richtern zuständig. Seitdem werden diese in einem Ausschuss gewählt, dem überwiegend Abgeordnete des Landtages angehören und erst anschließend erfolgt die Ernennung durch den Justizminister.
Unsere Parlaments-Vorgängerinnen und -Vorgänger haben sich damit ganz bewusst für eine demokratische Legitimation der Richterwahl entschieden.
Ich darf in diesem Zusammenhang den ehemaligen SPD-Kollegen Klaus-Peter Puls aus seiner Rede im Jahr 2004 zitieren: „Die Abgeordnetenmehrheit im Richterwahlausschuss ist das personelle Fundament einer demokratischen Justiz“ sagte er damals, und dem ist auch heute nichts hinzuzufügen.
Gleichzeitig wird niemand behaupten wollen, dass die Einführung des Richterwahlausschusses dazu geführt habe, die Unabhängigkeit der Justiz zu gefährden oder dass seitdem eine Besetzung der Justiz nach Parteibuch erfolgt sei.
Ganz im Gegenteil: Die Entscheidungen des Richterwahlausschusses haben in den letzten Jahrzehnten dazu beigetragen, dass die Richterschaft in Schleswig-Holstein qualitativ hervorragend besetzt ist.
Daran gäbe es nichts, aber auch überhaupt nichts zu ändern, wenn nicht das Oberverwaltungsgericht Schleswig mit seinen Beschlüssen aus dem Jahr 2019 diese bewährte Praxis grundlegend verändert hätte.
Seitdem ist die freie und geheime Wahl im Richterwahlausschuss auf die formale Bestätigung der dienstlichen Beurteilungen herabgestuft.
In einer extrem engen Auslegung des Prinzips der Bestenauslese sollen seitdem kleinste Unterschiede in den Beurteilungen über die Stellenbesetzung entscheiden -

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Kai Pörksen (Pressesprecher) | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de bis hin zu einem Vorrang von Bewerbern mit höherer Amtszulage in derselben Besoldungsgruppe.
Stellen Sie sich ein Einstellungsgespräch vor, bei dem zwei Bewerberinnen ähnliche gute Zeugnisse mitbringen.
Eine von beiden ist aber im Vorstellungsgespräch deutlich überzeugender: Sicheres Auftreten, hervorragende Kommunikationsfähigkeiten, klare Vorstellung von Aufgaben und Zielen, die mit dem neuen Job verbunden sind.
Für wen würden Sie sich entscheiden?
Sicherlich doch für diejenige Bewerberin, die trotz etwas schlechterer Noten im Einstellungsgespräch am besten abgeschnitten hat.
Ihre Wahl durch den Richterwahlausschuss soll gleichwohl nicht möglich sein, weil sich nach Auffassung des OVG das Prinzip der Bestenauslese allein nach den schriftlichen Zeugnissen zu richten hat, im Falle von Richterinnen und Richtern also der dienstlichen Beurteilung.
Wie fundiert ist nun eine solche dienstliche Beurteilung?
Dabei fällt zunächst einmal auf, dass die Richterinnen und Richter in Schleswig- Holstein nicht regelmäßig alle ein bis zwei Jahre beurteilt werden, wie das in vielen Unternehmen ganz selbstverständlich der Fall ist.
Stattdessen erfolgen sogenannte Anlassbeurteilungen z.B. aus Anlass einer Bewerbung auf eine andere Stelle. In einer solchen Situation kommt es nicht selten vor, dass alle Bewerberinnen und Bewerber für die ausgeschrieben Stelle von ein und demselben Beurteilenden ihre Beurteilung erhalten. Die Reihenfolge der Bestenauslese liegt damit in der Hand einer einzelnen Person.
Funfact am Rande: Wenn es sich bei dem Beurteilenden dann auch noch um die Präsidentin oder den Präsidenten eines Obergerichts handelt, so ist diese Person selbst nicht durch eine derartig formale Bestenauslese in ihr Amt gekommen, sondern wurde vom Landtag mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt.
Ihre Beurteilung über die Leistungen der letzten paar Monate soll nun aber alleine mehr wiegen als der versammelte Sachverstand in einem zwölf- bis achtzehn- köpfigen Richterwahlausschuss. Dieser ist neben Abgeordneten auch mit Vertreterinnen und Vertretern aus Richterschaft und Anwaltschaft besetzt, schaut sich nicht nur die letzte Beurteilung an, sondern die gesamte Personalakte und trifft seine Wahl außerdem mit einer Mehrheit von Zwei-Dritteln der abgegebenen Stimmen.
Wenn die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags vor 50 Jahren gewollt hätten, dass allein die dienstliche Beurteilung maßgeblich sein sollte, dann hätte es der Einrichtung eines Richterwahlausschusses nicht bedurft. Eine formale Überprüfung hätte man getrost in den Händen der Exekutive, also des


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Kai Pörksen (Pressesprecher) | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de Justizministeriums belassen können.
Mit dem gemeinsam vorgelegten Gesetzentwurf aller fünf Landtagsfraktionen geht es uns deshalb nicht darum, die Rechte des Richterwahlausschusses zu erweitern. Stattdessen es geht es uns darum, die Rechte zurückzuerhalten, die der Richterwahlausschuss seit seiner Gründung besaß, die auch immer für ihn vorgesehen waren und die im Grundgesetz angelegt sind, die aber durch die jüngsten Beschlüsse des OVG massiv beschnitten wurden.
Wir beschreiten dabei genau den Weg, den das Oberverwaltungsgericht in seiner Entscheidung selbst aufgezeigt hat: „Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb für den Landesrichterwahlausschuss nicht die gleichen Modifikationen zum Prinzip der Bestenauslese möglich sein sollen, wie sie auch für den Bundesrichterwahlausschuss gelten würden. Dem Landesgesetzgeber käme bei der Ausgestaltung ein weitreichender Gestaltungsspielraum zu“, urteilte das OVG.
Genau davon machen wir jetzt Gebrauch, um die demokratische Legitimation der Richterwahl auch zukünftig in gleicher Art und Weise zu gewährleisten, wie das in das in den letzten fünf Jahrzehnten der Fall war und sich bewährt hat.



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Kai Pörksen (Pressesprecher) | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de