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25.08.21
12:46 Uhr
SPD

Ralf Stegner zu TOP 11: Mehr parlamentarische Transparenz

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 25. August 2021
Ralf Stegner Mehr parlamentarische Transparenz TOP 11 Transparenzgesetz Parlament "Die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags sind bei der Ausübung ihres Amtes nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Diese Freiheit des Mandates ist verfassungsrechtlich garantiert und bildet die Grundlage unserer parlamentarischen Demokratie. Sie gewährleistet, dass Abgeordnete nicht die Interessen Einzelner oder ihrer Partei zu vertreten haben, sondern ausschließlich das tun können, was ihrer persönlichen Überzeugung nach dem Wohl der Bevölkerung und des Staates am besten dient. Die Unabhängigkeit der Abgeordneten in ihrer Entscheidung ist aber ernsthaft gefährdet, wenn sie in finanzieller Abhängigkeit zu Personen oder Einrichtungen stehen, die vorrangig eigene politische Interessen oder wirtschaftliche Ziele verfolgen. Der Deutsche Bundestag ist vor einigen Monaten – mitten in der Corona-Pandemie – durch eine ganze Reihe von Korruptionsskandalen gehörig in Verruf geraten. Während die Bevölkerung erhebliche Einschränkungen ihrer Freiheit hinnehmen musste, wurde bekannt, dass einzelnen Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für ihre politische Einflussnahme auf oder die Vermittlung von lukrativen Geschäften mit staatlichen Stellen beträchtliche Provisionen und andere Vermögensvorteile gewährt wurden. Diese Handlungen waren zwar nicht allesamt gesetzeswidrig, politisch sind sie dennoch aufs Schärfste zu verurteilen. Abgeordnete, die ihr Mandat dafür nutzen, sich ohne Anstand und Moral persönlich zu bereichern, schaden nicht nur den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern in unserem Land, sondern auch dem Ansehen der parlamentarischen Demokratie insgesamt. Viele Menschen haben das Vertrauen in die Politik verloren – auch in Schleswig-Holstein. Aus diesem Grund ist es richtig und wichtig, dass auch wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf für mehr parlamentarische Transparenz in unserem Land sorgen. Zwar sind bislang keine vergleichbaren Vorfälle in Schleswig-Holstein bekannt, allerdings haben die Geschehnisse auf Bundesebene gezeigt, dass es gute Gründe dafür gibt, die Abgeordneten in der freien Ausübung ihres Mandates zu stärken und missbräuchlichem Verhalten einzelner Abgeordneter bestmöglich vorzubeugen. Die SPD-Fraktion hat daher die Initiative ergriffen und zusammen mit den Abgeordneten des SSW und den Regierungsfraktionen den vorliegenden Gesetzentwurf erarbeitet.

1 Selbstverständlich waren wir uns nicht in allen Punkten sofort einig und haben teilweise sehr um konkrete Formulierungen gerungen. Dass wir – trotz unterschiedlicher Ansichten und des bevorstehenden Wahlkampfes im Bund und im Land – gleichwohl zu einer fraktionsübergreifende Einigung gekommen sind, zeigt die Bedeutung dieses Vorhabens und unsere Entschlossenheit, auch das Abgeordnetengesetz und die Verhaltensregeln für die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages auf den Prüfstand zu stellen. Folgende Punkte waren uns dabei besonders wichtig:
Erstens, das Verbot der Annahme von Honoraren für eine Vortragstätigkeit, eine Teilnahme an einem Diskussionsformat oder einen Medienauftritt, wenn der unmittelbare Mandatsbezug eindeutig überwiegt. Die Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages erhalten für ihre mandatstypischen Tätigkeiten eine auskömmliche Entschädigung aus öffentlichen Mitteln. Sie sollen daher keine weiteren Zuwendungen von Dritten erhalten, die eine finanzielle Abhängigkeit begründen können oder bereits den bloßen Verdacht einer solchen nähren. Unentgeltliche mandatstypische Tätigkeiten bleiben hingegen erlaubt und sind gerade Ausdruck des freien Mandats.
Zweitens, das Verbot der Entgegennahme von Geldspenden. Geldspenden unmittelbar an Abgeordnete sind nur schwer nachzuvollziehen und bergen ebenfalls die Gefahr einer finanziellen Abhängigkeit der Abgeordneten von den Spenderinnen und Spendern. Die Ausgaben für mandatstypische Tätigkeiten sind von der Abgeordnetenentschädigung gedeckt, sonstige Ausgaben für den Wahlkampf werden überwiegend von den Parteien getragen. Für die Annahme von Geldspenden oder anderen Zuwendungen unmittelbar durch den Abgeordneten gibt es daher keinen Grund.
Drittens, das Verbot der entgeltlichen Interessenvertretung der Abgeordneten gegenüber dem Landtag oder der Landesregierung. Die Abgeordneten sind bei der Ausübung ihres Amtes – wie eingangs erwähnt – nur ihrem Gewissen unterworfen und nicht an Aufträge oder Weisungen Dritter gebunden. Dieser verfassungsrechtliche Grundsatz wäre mit einer entgeltlichen Einflussnahme der Abgeordneten auf den Willensbildungs- oder Entscheidungsprozess des Landtages oder der Landesregierung nicht zu vereinen, insbesondere wenn hierdurch ausschließlich Partikularinteressen bedient werden. Die Abgeordneten vertreten das ganze Volk.
Viertens, eine umfassende Anzeigepflicht, beispielsweise für sämtliche (zulässigen) entgeltlichen Tätigkeiten neben dem Mandat oder für Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften ab 5 Prozent.


2 Größtmögliche Transparenz stärkt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik und fördert ihre Akzeptanz für politische Entscheidungen. Aus diesem Grund haben die Abgeordneten bestimmte Tätigkeiten und Beteiligungen sowie sämtliche Einkünfte hieraus der Präsidentin oder dem Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags anzuzeigen, um Interessenverknüpfungen offenzulegen bzw. vorzubeugen. Geschäfts- und Berufsgeheimnisse unterfallen hierbei indes einem besonderen Schutz.
Und fünftens, ein Einführung eines effektiven Sanktionsregimes. Jedes gesetzliche Verbot bedarf eines effektiven Sanktionsregimes, um dessen Durchsetzung gewährleisten zu können. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf kann im Falle eines Verstoßes gegen rechtswidrig handelnde Abgeordnete ein Ordnungsgeld verhängt werden. Die Höhe des Ordnungsgeldes bemisst sich nach der Schwere des Verstoßes und dem Grad des Verschuldens.
Mit Blick auf die Veröffentlichung der anzeigepflichtigen Einkünfte hätte die SPD-Fraktion zwar den Ersatz der bisherigen Stufenregelung durch eine betragsgenaue Veröffentlichung von Einkünften bevorzugt, die nun vereinbarte Veröffentlichung der durchschnittlichen monatlichen Einkünfte in einer engeren Staffelung halten wir jedoch für einen tragbaren Kompromiss. Die einzelnen Stufen, auf die wir uns ebenfalls geeinigt haben, wird der nächste Landtag in seiner Geschäftsordnung regeln müssen. Ebenfalls begrüßen wir, dass die Delikte der Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit nach § 108e StGB zukünftig als Verbrechen mit einer Mindestfreiheitstrafe von einem Jahr geahndet werden. Die Einordnung als Verbrechen spiegelt die besondere Verwerflichkeit derartiger Delikte wider. Neben der Erhöhung des Strafrahmens wäre wohl auch eine Änderung des Tatbestandes sinnvoll, wobei über die konkreten Formulierungen durchaus diskutiert werden kann. Der Antrag der Abgeordneten des SSW enthält hierzu bereits einen ersten Vorschlag, weitere werden sich sicherlich im laufenden Anhörungsverfahren ergeben.
Der vorliegende Gesetzentwurf zeigt, dass die Demokratinnen und Demokraten in diesem Haus trotz aller Unterschiede zur Einigung willens und fähig sind. Jede Fraktion musste Kompromisse eingehen und eigene Forderungen zurückstellen, dies ist das Wesen des parlamentarischen Willensbildungs- oder Entscheidungsprozesses. Ich möchte mich daher bei allen Beteiligten für die Diskussionen, die wir auf dem Weg zu diesem Gesetzentwurf geführt haben, ausdrücklich bedanken. Sie waren geprägt von sachlichen Debatten. Diese Debatten werden wir in den folgenden Monaten fortführen und hierbei auch offen für Änderungen sein, die sich aus dem Anhörungsverfahren ergeben.



3 Unsere parlamentarische Demokratie lebt vom Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Politik. Unlautere Handlungen einzelner Abgeordneter gehören daher verboten. Zugleich ist größtmögliche Transparenz über etwaige finanzielle Abhängigkeiten herzustellen, das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land als ihre Vertreterinnen und Vertreter schuldig."



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