Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
26.08.21
15:37 Uhr
B 90/Grüne

Marlies Fritzen zu TOP 59: Munitionsaltlasten

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein TOP 59 – Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee Pressesprecherin Dazu sagt die umweltpolitische Sprecherin der Claudia Jacob Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Marlies Fritzen: 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 269.21 / 26.08.2021

Munition im Meer: Aus den Augen aus dem Sinn – eine gefährliche Strategie
Das Thema Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee beschäftigt uns seit Jahrzehnten. Seit Jahrzenten warnen Wissenschaftler*innen vor der Gefahr. Seit Jahrzenten wird ein Mu- nitionskataster angemahnt. Seit Jahrzehnten wird die Frage „Sprengung oder Bergung“ diskutiert. Seit Jahrzehnten wird Verantwortlichkeit und Finanzierung im Umgang mit der Unschädlichmachung von geschätzt 1,6 Millionen Tonnen Munition im Meer zwischen den politischen Ebenen hin und her geschoben.
Von „tickenden Zeitbomben“ wird da immer gerne gesprochen. Tatsächlich führt Korro- sion dazu, dass Munition wegen der fehlenden Metallhülle schwer bis gar nicht mehr lo- kalisierbar ist und toxische Inhaltsstoffe freigesetzt werden. In Fischen und Muscheln wurden vermehrte Lebertumoren und erhöhte Quecksilbergehalte nachgewiesen. Über die Zeit könnten diese Schadstoffe über die Nahrungskette auch auf unserem Teller lan- den. Unmittelbare Gefahr geht zudem von weißem Phosphor aus, der als Brandmittelrest mit den Jahren bernsteinfarben am Strand verwechselt und aufgesammelt wird und zu schweren Verbrennungen führen kann.
Das Land Schleswig-Holstein ist als Land zwischen den Meeren besonders betroffen. Nicht zuletzt deshalb haben wir mit der Federführung innerhalb der Bund-Länder-Arbeits- gruppe auch Verantwortung für die Bearbeitung des Themas und vor allem die Vernet- zung von Politik, Wissenschaft und Technik übernommen. Aber genauso klar wie unsere herausragende Lage ist, dass wir als Bundesland die Finanzierung von Forschung und Entsorgung nie im Leben allein werden bewältigen können.
Notwendig sind neben Archivrecherchen und Detektion der Munition, der weiteren Be- obachtung der Auswirkungen von Korrosion und Freisetzung von sprengstofftypischen Verbindungen und deren Abbauprodukten auf die maritime Meeresumwelt, vor allem
Seite 1 von 2 auch die Entwicklung von sicheren und möglichst automatisierten Bergungstechniken so- wie die umweltgerechte Entsorgung der versenkten Kampfmittel.
Soweit sind sich eigentlich alle einig. Zuletzt hat sich die Umweltminister*innenkonferenz im April auf Initiative von Schleswig-Holstein einstimmig in diesem Sinne an die Bundes- regierung gewandt. Im Mai ergab eine Anhörung im Bundestag dazu, dass der Bund ins- besondere bei der Frage der Ausschreibung und Finanzierung von Bergungstechnik in die Verantwortung gehen müsste. Ein gemeinsamer Antrag von FDP und Grünen dazu im Deutschen Bundestag, der die Bundesregierung zur Federführung in diesem Prozess aufforderte, wurde jedoch mit den Stimmen der Großen Koalition abgelehnt.
Es geht nämlich am Ende schlicht um Geld. Um sehr viel Geld. Und es geht darum, dass die Munitionsräumung in den küstennahen Gewässern zwar zu den Aufgaben der jewei- ligen Bundesländer gehört, die Gefahren, die von den versenkten Kampfmitteln ausgeht, aber alle Anrainerstaaten der Meere treffen. Deshalb ist es von herausragender Bedeu- tung, dass sich auch das EU-Parlament auf Initiative von Lettland und Portugal mehrheit- lich für eine finanzielle Beteiligung an der Auffindung und Bergung ausgesprochen hat.
Aus dem Auge aus dem Sinn: das war jahrzehntelang die gefährliche Strategie im Um- gang mit den Munitionsaltlasten. Dass sich diese Strategie nun langsam ändert, ist auch dieser und der letzten Landesregierung in Schleswig-Holstein zu verdanken. Die Zeiten, in denen die verschiedenen politischen Ebenen sich die Verantwortung gegenseitig zu- geschoben haben, müssen jetzt endlich beendet werden. Die nächste Bundesregierung muss das Thema Munitionsaltlasten im Meer auf die Agenda nehmen. Das ist sie den Menschen an unseren Küsten, das ist sie aber auch den Menschen in den Anrainerstaa- ten schuldig. Denn ursächlich für die Munitionsreste ist am Ende das Deutsche Reich, das den 2. Weltkrieg begonnen hat.
***



2