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30.06.22
10:41 Uhr
SPD

Thomas Losse-Müller zu TOP 1: Die Herzkammer unserer Demokratie ist das Parlament!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 30. Juni 2022
Thomas Losse-Müller: Die Herzkammer unserer Demokratie ist das Parlament! TOP 1: Aktuelle Stunde: Regierungsbildung in Schleswig-Holstein – Die Auswirkungen des Koalitionsvertrages der neuen Landesregierung (Drs. 20/40) „Ich bin sehr dankbar dafür, meine erste Rede in einem Parlament zu halten, in dem endlich wieder nur Parteien vertreten sind, die fest auf dem Fundament unserer gemeinsamen demokratischen Werte stehen.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Daniel Günther! Sie haben die Landtagswahl mit einem beeindruckenden Ergebnis gewonnen. Das ist ein großer persönlicher Erfolg und natürlich auch Auftrag. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Wiederwahl als Ministerpräsident.
Meine Damen und Herren Ministerinnen und Minister, meine Damen und Herren Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, Ihnen gratuliere ich zu Ihrer Ernennung und Vereidigung. Im Sinne unseres Landes wünschen wir Ihnen Allen viel Erfolg, Kraft und das notwendige Maß an Mut und Demut.
Frau Präsidentin, die Herzkammer unserer Demokratie ist aber nicht die Regierung, sondern dieses Parlament. Lieber Kollege Lehnert, als Alterspräsident haben Sie uns neue Abgeordnete hier warmherzig begrüßt. Und Sie haben in Ihrer Rede gesagt: Ich zitiere: „Auch in Zukunft bleibt dieser Plenarsaal der wichtigste Platz für das öffentliche Ringen um den besten Weg für unser Land.“
Herr Ministerpräsident, das ist der Grund warum wir von Ihnen erwartet hätten, dass Sie sich und die Pläne Ihrer Regierung hier und heute erklären. Die Menschen im Land verdienen es, dass Sie die Politik der neuen Landesregierung nicht nur bei PR-Terminen präsentieren, sondern auch hier im Parlament erläutern. Das gilt umso mehr, weil Ihr Koalitionsvertrag und die Aufstellung Ihrer Regierung viele Frage aufwerfen. Deshalb haben wir gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen von FDP und SSW diese aktuelle Stunde beantragt. Vor uns liegen große Herausforderungen. Viele Gewissheiten der letzten 30 Jahre zählen nicht mehr. Wir müssen die Digitalisierung gestalten, Artenvielfalt erhalten, den demographischen

1 Wandel managen, unsere Wirtschaft modernisieren und unsere Klimaziele umsetzen. Und in all diesen Veränderungen müssen wir sozialen Zusammenhalt sichern.
Herr Ministerpräsident, weder der Koalitionsvertrag noch die Aufstellung ihrer Regierung lassen erkennen, dass Sie auf diese Aufgaben wirklich vorbereitet sind. Die industrielle Transformation ist eine große Chance für unser Land - darin sind wir uns alle einig - aber sie ist auch eine große Managementaufgabe. Mir wäre sehr viel wohler, wenn unser neuer Wirtschaftsminister wenigstens schon mal eine Bundesgartenschau erfolgreich organisiert hätte. Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft, das LNG Terminal in Brunsbüttel, der Weiterbau der A20 und die Mobilitätswende können nicht einfach abgesagt werden. Und das eh schon hohle Bekenntnis der Koalition zur Stärkung der Tarifbindung liest sich noch hohler, wenn Sie, Herr Madsen, als zuständiger Minister Tarifverträge in ihren eigenen Betrieben ablehnen.
Herr Ministerpräsident, Sie haben sich immer für Ihr Management der Corona-Krise gelobt, nur um dann die beiden Minister, die dieses Land wirklich durch die Krise gesteuert haben vor die Tür zu setzen. Lieber Kollege Garg, lieber Kollege Buchholz, vielen Dank für Ihren Einsatz in den vergangenen Jahren. Sie waren bereit, diese Verantwortung zu übernehmen, auch wenn viele Entscheidungen unpopulär waren. Dieses Verantwortungsgefühl ist zumindest in den Ressortzuschnitts der neuen Regierung nicht zu erkennen. Schwarz-grün macht Gesundheit zu einem Anhängsel des Justizministeriums. Und mit welcher Begründung? Herr Koch sie haben der Öffentlichkeit ja dankenswerterweise mitgeteilt, dass die Grünen das Thema loswerden wollten und die CDU es auch nicht wollte. Mit Verlaub, was ist das für ein Politik- und Amtsverständnis, wenn in Zeiten von Corona sowohl schwarz als auch grün keine Verantwortung für Gesundheit in unserem Land übernehmen wollen? Wenn Sie das Rampenlicht woanders suchen? Ausbaden dürfen Sie das, Frau Ministerin von der Decken. 100- Tage-Frist zur Einarbeitung hat Ihnen das Virus nicht gelassen. Ich sichere Ihnen hier im Namen der SPD-Fraktion aber weiterhin unsere Kooperation und Unterstützung in diesen Fragen zu! Herr Ministerpräsident, viele Beobachter hätten vermutlich verstanden, wenn Sie gesagt hätten, dass Gesundheit und Pflege in Zeiten von Corona und demographischen Wandel so wichtig werden, dass man dafür ein eigenes Ministerium schafft. Und Sie schaffen? Ein eigenes Landwirtschaftsministerium! Eine Dekade mühsamer Dialog, grüne Tische, Kommissionen, mit zarten Früchten der Annäherung zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft auch im Ministerium. Und zack! Alles wieder auseinander. Und wer wird Landwirtschaftsminister? Der Bauernpräsident. Herzlich willkommen, Herr Schwarz. Wir freuen uns sehr auf die nächste Grüne Woche. Es verspricht heiter zu werden.
Herr Ministerpräsident, es ist offensichtlich, dass sich der Ressortzuschnitt dieser Regierung nicht am Wohl des Landes, sondern an schwarz-grüner Machtlogik orientiert hat. Und das gilt


2 leider auch für den Inhalt des Koalitionsvertrags. Wir haben aufmerksam nach Ihren Antworten auf die Fragen dieser Zeit gesucht. Wir haben 144 Prüfaufträge gezählt. Darin könnte ja ein Versprechen liegen, wenn es um neue Ideen und Zukunftskonzepte ginge: Prüfaufträge für Digitale Souveränität, Investitionsgesellschaften für die nötigen Klimainvestitionen, Reform der Wohnraumförderung…. Aber Ihre Prüfaufträge sind im Wesentlichen Schiebeverfügungen für altbekannte Zielkonflikte, weil Sie sich nicht einig sind. Viele Ziele und wenige Lösungen. Das ist offensichtlich Methode.
Herr Ministerpräsident, Sie haben diese Wahl mit Nettigkeit und Weiter So gewonnen. Ihre Botschaft ist: Macht euch keinen Kopf. Es wird schon alles gut werden. Wir regeln das schon irgendwie. Das reicht in diesen Zeiten aber nicht aus. Dieser Wohlfühl-Populismus kommt an seine Grenzen, wenn er auf die Realität trifft. Und er wird in diesen Zeiten den Anforderungen verantwortlichen Regierens nicht gerecht.
Das drängendste Problem sind aktuell die steigenden Preise. Inflation hat sehr unterschiedliche Auswirkungen – je nach sozialer Lage. Deshalb ist sie sozialer Sprengstoff. In dieser Krise wird es darauf ankommen, dass wir Gesellschaft zusammenhalten. Dass wir alles tun, um Familien und alle anderen, bei denen am Ende des Monats immer weniger Geld übrig ist, unterstützen. Auch das Land kann etwas tun. Wir haben dazu im Wahlkampf konkrete Vorschläge gemacht. Gebührenfreie Kita, Mietpreisbremse und Kappungsgrenzenverordnung, Laptops vom Land. Priorität für bezahlbares Wohnen. An all diesen Stellen – da wo Sie als Landesregierung konkret handlungsfähig wären um Menschen zu entlasten – bleiben sie Antworten schuldig. Sie zeigen immer nur auf den Bund oder die Kommunen. Die einzige konkrete Entlastung für Familien beim Grunderwerb ist ein Bürokratiemonster und wird jetzt schon von den gestiegenen Bauzinsen aufgefressen. Und nein – Frau Ministerin Toure – die Stärkung der Tafeln ist keine Antwort auf wachsende soziale Probleme. Gute Sozialpolitik darf sich nicht auf Almosen beschränken, sondern muss die strukturellen Fragen in den Blick nehmen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie eine Sozialministerin werden, die dafür kämpft, dass wir keine Tafeln mehr brauchen und die in den Tafeln nicht die zentrale Antwort der Landesregierung auf steigende Preise sehen muss. Und auch beim Klimaschutz zeigt sich, dass schwarz-grün viele Menschen nicht in den Blick nimmt Wir sind uns einig im Ziel 2040, aber die Wege, wie wir Klimaneutralität erreichen wollen, unterscheiden sich deutlich.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, 1) erfolgreiche Klimapolitik bemisst sich nicht daran, ob man der CDU Zugeständnisse auf der Zielebene abgerungen hat. Und seien sie gewiss, Ministerpräsident Günther kann Umfragen



3 lesen. Nicht Sie haben der CDU mehr Klimaschutz abgerungen, sondern die vielen Menschen, die das den Wahlstrategen der CDU in den Vorbefragungen gesagt haben.
2) Erfolgreiche Klimapolitik misst sich für die SPD an der Frage, ob wir heute die Weichen stellen, damit alle Menschen in Zukunft klimaneutral leben können. Erfolgreiche Klimapolitik entscheidet sich an der Frage, ob wir auf dem Weg den sozialen Zusammenhalt im Blick haben. Als SPD werden wir dafür kämpfen, dass Klimaschutz so organisiert wird, dass er für alle funktioniert.
Herr Ministerpräsident, Ihnen stehen drei starke und selbstbewusste Fraktionen in diesem Haus gegenüber. Für die SPD Fraktion darf ich sagen: Wenn Sie die Probleme des Landes mit ernsthaften Lösungen angehen, werden Sie uns an Ihrer Seite haben. Und ich lade Sie ein es ebenso zu tun: Wir werden unsere Lösungsvorschläge in die parlamentarische Beratungen einbringen. Schon heute Nachmittag legen wir ein Wohnraumschutzgesetz vor, dass sie ebenfalls umsetzen wollen.
Schwarz-Grün hat zwei Drittel der Sitze in diesem Parlament. Aber die Breite Ihre Fraktionsbänke überdeckt, dass Sie lange nicht alle Menschen in diesem Land im Blick haben. Wir werden als SPD Fraktion die Stimme der Menschen sein, die Sie nicht vertreten. Wir wollen das alle Menschen von den großen Zukunftschancen, die sich uns bieten, profitieren und das wir allen Menschen ermöglichen den Weg in eine sichere, nachhaltige Zukunft zu gehen.“



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