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24.11.22
11:48 Uhr
SPD

Thomas Losse-Müller zu TOP 24: Ein handlungsfähiger Staat ist die Voraussetzung für Zusammenhalt in Krisenzeiten

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 24. November 2022
Thomas Losse-Müller: Ein handlungsfähiger Staat ist die Voraussetzung für Zusammenhalt in Krisenzeiten TOP 24: Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Energiemärkte sind eine außergewöhnliche Notsituation (Drs. AltA 20/431(neu) 2.Fassung) „Bund und Länder haben in den letzten Wochen bewiesen, dass wir in Zeiten multipler Krisen handlungsfähig sind. Die größte Bedrohung für gesellschaftlichen Zusammenhalt wäre die Abdankung des Staates als Garant für sozialen Ausgleich und Organisator ökonomischer und gesellschaftlicher Teilhabe. Ein handlungsfähiger Staat ist die Voraussetzung für Zusammenhalt in Krisenzeiten. Die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP hat ein großes Entlastungsprogramm auf den Weg gebracht und gemeinsam mit allen 16 Bundesländern verabschiedet. Die Gaspreisbremse, die jetzt schon ab dem 1. Januar greift, die Erhöhung des Wohngelds und die Einführung eines 49-Euro-Tickets sind wichtige Beiträge zur Entlastung der Menschen in Schleswig-Holstein. Die notwendige Reform des Bürgergelds ist ein weiterer wichtiger Schritt, ebenso wie die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro. Wir zeigen, dass Politik und Staat handlungsfähig sind und in Zeiten der Krise niemanden alleine lassen.
Als SPD haben wir sehr früh gesagt, dass auch das Land in dieser Situation für unsere Gesellschaft und Wirtschaft Verantwortung trägt und selbst aktiv werden muss. Das Land muss Entlastungsmaßnahmen im eigenen Verantwortungsbereich finanzieren. Das Land muss in der Arbeitsteilung mit dem Bund für die Umsetzung der Wohngeldreform sorgen. Das Land muss die Kapazitäten im ÖPNV erhöhen, um das 49 Euro Ticket zum Erfolg zu führen. Das Land muss in der Lage sein, zusammen mit den Kommunen die Aufnahme und Unterbringung der vielen ukrainischen Geflüchteten in Schleswig-Holstein sicherzustellen. Deshalb stimmen wir dem Notkredit für die Finanzierung dieser Entlastungen zu.
An dieser Stelle danke ich der Finanzministerin und den beiden Fraktionsvorsitzenden der Regierungsfraktionen für die konstruktive Diskussion und Einbindung. Uns ist sehr bewusst, dass unsere Stimmen anders als im Jahr 2020 nicht für eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich sind. Ich halte es gerade deshalb für ein gutes Zeichen, dass sie an dieser Stelle eine
1 Verständigung gesucht haben. Und, dass auch die Punkte, die der SPD besonders wichtig waren, und für die wir uns seit Juni stark machen, Teil des Pakets sind. Uns ging es immer besonders darum: • Dass wir die Kommunen bei der Bearbeitung der vielen zusätzlichen Wohngeldanträge unterstützen. • Dass wir mehr Wohnungsbau in den Kommunen ermöglichen. Auch durch neue kommunale Wohnungsbaugesellschaften. Damit auch Menschen, die am freien Wohnungsmarkt kaum Chancen haben, ein Zuhause finden. • Dass wir auch Wohngeldempfängern ermöglichen, von der Klima-Förderung des Landes zu profitieren, indem wir eine Art Sozialstaffel einführen. • Und dass wir mit zusätzlichem Geld Härtefälle und Menschen, die durch Raster fallen, extra unterstützen können. Dazu gehören für uns beispielsweise auch kostenfreie Kitaessen. • Das sind die Punkte, die für uns im vorliegenden Notkredit enthalten sein mussten. Unsere Zustimmung heißt nicht, dass wir Ihre Politik in Gänze teilen oder einen eigenen Notkredit genauso strukturiert hätten. Tatsächlich würden wir das Land ganz anders regieren. Wir hätten den Neukredit und die Unterstützungsmaßnahmen deutlich früher auf den Weg gebracht. Dadurch wären wir bei der Organisation des Wohngelds, bei den Kitaentlastungen usw. schon viel. Wo wir uns einig sind, ist dass wir in der aktuellen Krise nicht den Rotstift im Landeshaushalt ansetzen sollten. Deshalb befürworten wir die Kreditaufnahme.
Ich will das an dieser Stelle auch deutlich sagen: Ich bin der festen Überzeugung, dass dies im Sinne der Mütter und Väter der Schuldenbremse ist. Das oberste Ziel der Schuldenbremse ist es, die Handlungsfähigkeit des Staates nachhaltig zu sichern. Und nicht ihn zu schwächen. Die Schuldenbremse darf nicht zu einem technokratischen Korsett werden, das die Handlungsfähigkeit in der Krise einschränkt. Sie ist nicht die Hintertür für ein Austrocknen des Staates. Wer das glaubt, gefährdet nicht nur gesellschaftlichen Zusammenhalt, sondern die Schuldenbremse selbst. Die Schuldenbremse wäre politisch erledigt, wenn sie es in dieser Lage nicht zulassen würde, diese Spielräume zu schaffen.
Uns allen hier im Raum ist sicherlich klar, dass dieser Notkredit nicht ausreicht, um alle Krisen erfolgreich zu bekämpfen. Die Energietransformation ist mit ihm nicht zu schaffen. Die jetzt enthaltenen 145 Millionen Euro für Klimaschutz sind dafür nicht mal im Ansatz genug. Die Lösung ist nicht so groß wie das Problem. Trotzdem ist der heutige Beschluss ein ganz wichtiger Schritt in dieser Debatte. Wir stellen mit einer breiten Mehrheit fest: Der imperialistische Krieg Putins hat zu einer Notlage geführt, die eine Beschleunigung der



2 Energietransformation erfordert. Und wir stellen fest: Die dafür notwendigen Investitionen können auch aus Krediten finanziert werden.
Die Aufgabe ist gewaltig. 1.000.000 Haushalte in Schleswig-Holstein heizen noch mit Gas und Öl. Der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft und der Umbau der chemischen Industrie in Brunsbüttel und anderswo in Schleswig-Holstein müssen jetzt gelingen. Das Zeitfenster für die Transformation unserer Wirtschaft hat sich auf wenige Jahre verkürzt. Auch die Northvolt-Frage ist da eine Mahnung. Wir müssen jetzt über die Finanzierung der notwenigen öffentlichen Investitionen reden, damit wir später nicht die Klimaschäden und sozialen Schieflagen mit sehr viel mehr Geld bekämpfen müssen. Mit diesem gemeinsamen Beschluss dokumentieren die Regierungsfraktionen, dass auch sie der Auffassung sind, dass die Schuldenbremse diese Investitionen in Klimaschutz nicht verhindert. Jetzt geht es darum, eine lösungsorientierte, ehrliche Debatte darüber zu führen, welche Mittel erforderlich sind. Wir haben den gesetzlichen Auftrag, unsere Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 65% zu reduzieren. Schwarz-Grün hat angekündigt, diesen Auftrag noch einmal zu verschärfen. Um dieses Zwischenziel für 2030 zu erreichen, müssen wir unseren Treibhausgasausstoß in den nächsten 8 Jahren von heute 24 Millionen t auf 12 Millionen t halbieren! 12 Millionen Tonnen Treibhausgase müssen bis 2030 eingespart werden! Das ist das Sechsfache der Einsparungen, die wir in den letzten 8 Jahren geschafft haben. Das heißt im Umkehrschluss, wir müssen auch die Anstrengungen gegenüber der letzten Regierungsperiode versechsfachen.
Das viel kleinere Saarland zeigt, wie es geht. Die Regierung von Anke Rehlinger investiert gerade 3 Milliarden Euro über einen Notkredit in die gerechte Klimatransformation. Das macht eine SPD-Alleinregierung! Diesen Mut brauchen wir auch in Schleswig-Holstein! Wir werden dazu als SPD Fraktion in den nächsten Wochen ein Konzept für einen Transformationsfonds vorlegen. Mit Lösungen, die so groß sind wie das Problem ist. Das wird eine schwierige aber notwendige Debatte. Es geht darum, unsere Gesellschaft in all den Veränderungen zusammenzuhalten und eine soziale Klimatransformation zu organisieren.“



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