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24.11.22
15:32 Uhr
B 90/Grüne

Catharina Nies zum Integrations- und Teilhabegesetz

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin Es gilt das gesprochene Wort! Claudia Jacob Landeshaus TOP 5 – 1. Lesung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Düsternbrooker Weg 70 Integrations- und Teilhabegesetzes SH des SSW 24105 Kiel
Zentrale: 0431 / 988 – 1500 Dazu sagt die migrationspolitische Sprecherin Durchwahl: 0431 / 988 - 1503 der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Mobil: 0172 / 541 83 53
presse@gruene.ltsh.de Catharina Nies: www.sh-gruene-fraktion.de
Nr. 277.22 / 24.11.2022


Anerkennung und Respekt für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete,
es ist doch nur ein „Scheingesetz“ – das, oder ähnliches wurde dem Integrations- und Teilhabegesetz Schleswig-Holstein in der Vergangenheit von verschiedenen Seiten vor- geworfen. Und unser Anspruch in dieser Legislatur sollte sein, diesem Eindruck etwas Handfestes entgegenzusetzen.
Auch ich habe im Entstehungsprozess des Gesetzes, damals noch als Sachverständige im Innen- und Rechtsausschuss, sehr viel mehr gefordert und kritische Stellungnahmen abgegeben.
Weil ich daran glaube, dass es uns als Bundesland gelingen kann, Vorreiterin zu sein, mutiger zu sein. Vorzumachen, was es bedeutet, eine moderne Zuwanderungsverwal- tung zu entwickeln, die jedem neu zugewanderten oder geflohenen Menschen mit Au- genhöhe, Auskunftsfreude und Fairness begegnet. Weil ich daran glaube, dass es wichtig ist, An- erkennung und Respekt für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte auch in Gesetzes- texten zum Ausdruck zu bringen. Und weil ich hoffe, dass es uns langfristig gelingen wird, uns tatsächlich als vielfältige Gesellschaft zu begreifen, mit individuellen Lebensentwür- fen und Biografien.
Das Gesetz dient dem „Zweck, klare Integrationsziele festzulegen und die für die Errei- chung dieser Ziele notwendigen Maßnahmen und Instrumente zu regeln“. Genau daran mangelt es aber momentan noch. Es ist noch zu wenig mit konkreten Umsetzungspunk- ten unterlegt. Zu wenig messbar. Und das ist ein Punkt, in dem ich dem SSW zustimme. Hier können wir nachlegen. Seite 1 von 3 Und es fehlen große Bereiche in dem Gesetz, die in einem direkten Zusammenhang mit dem Gelingen von Teilhabe und Partizipation stehen. Darauf weisen wir in unserem Ko- alitionsvertrag auch selbst schon hin. Es fehlt das Thema Zugang zum Gesundheitssys- tem und zu psychiatrischer oder psychosomatischer Versorgung. Hier eingeschlossen auch die Frage eines landesweit einheitlichen Umgangs mit Dolmetschenden-Leistung.
Und es fehlt eine Berücksichtigung der spezifischen Bedarfe besonders vulnerabler Per- sonengruppen. Hier denke ich besonders an Frauen und Kinder, aber eben auch Men- schen, die stark traumatisierende Erfahrungen vor und während der Flucht gemacht ha- ben oder die eine Behinderung haben.
Ein gewisser Zustand von Sicherheit und Grundversorgung muss erst einmal erreicht sein, bevor ein Mensch beginnen kann, sich aktiv in eine Gesellschaft einzubringen. Au- ßerdem sollten wir unsere konkreten Ziele zur interkulturellen Öffnung gesetzlich veran- kern. Und die Bedeutung von Migrant*innenselbstorganisationen stärker betonen. Und wir können unser Landesintegrations- und Teilhabegesetz nutzen, um elementare Struk- turen in der Migrationsarbeit nachhaltig abzusichern, wie beispielsweise die Migrations- sozialberatung oder eine unabhängige Asylverfahrensberatung.
Deshalb danke ich dem SSW für diesen ersten Aufschlag, in dem ich viele gute Vor- schläge lese. Ein paar weitere Ideen habe ich eben angesprochen. Ich glaube, es macht Sinn, dass wir uns im Innen- und Rechtsausschuss für die Weiterentwicklung des Geset- zes ausreichend Zeit nehmen und gemeinsam überlegen, was es künftig transportieren und ganz konkret bewirken soll.
Zum zweiten bin ich überzeugt, dass wir schon jetzt sehr viel stärker auf die Umsetzung schauen sollten. Denn es stehen wichtige Punkte schon drin: dass Schleswig-Holstein für eine integrationsorientierten Politik steht, dass Menschen mit Zuwanderungsge- schichte die gleichen Chancen in unserem Bildungssystem haben sollen, dass wir einen Sprachzugang ab Ankunft wollen und dass der Zugang zu ausländerrechtlicher Informa- tion gewährleistet und analog wie digital ausgebaut werden soll. Allein diese Passagen mit Leben zu füllen, würde den Alltag vieler Menschen und auch die Interaktion mit Be- hörden stark verändern.
Viele Menschen erleben die Kommunikation in unserem Behördendschungel als diskri- minierend und sehr belastend - im Asylverfahren, bei Antragsstellungen zu Arbeit und Ausbildung, aber auch bei ihren Fragen zu bleiberechtlichen Möglichkeiten. Aus diesem Grund haben wir im Koalitionsvertrag deutlich gemacht, dass wir das Recht auf Informa- tion in die Praxis umsetzen wollen und eine umfassende Beratung der Geflüchteten mit Blick auf ihre Aufenthaltsperspektiven sicherstellen.
Dazu brauchen wir aus meiner Sicht mehr Personalressourcen für die Zuwanderungs- verwaltung vor Ort und ein landesweites digitales Antragstool. Ein Instrument, mit dem alle kommunalen Zuwanderungsbehörden arbeiten können und das im Sinne des On- linezugangsgesetzes echte Verbesserungen sowohl für die Mitarbeiter*innen in den Aus- länder- und Zuwanderungsbehörden als auch für die zu beratenden Menschen bringen würde.
Unsere Zuwanderungsverwaltung hat sich an vielen Stellen in den letzten Jahren positiv gewandelt. Und diesen Wandel müssen wir weiter gehen. In diesem Sinne sollten wir unser Integrations- und Teilhabegesetz mit Leben füllen.

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