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12.07.23
15:46 Uhr
SPD

Niclas Dürbrook zu TOP 10: Mehr Freiraum für Kommunen ist überfällig!

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 12. Juli 2023
Niclas Dürbrook: Mehr Freiraum für Kommunen ist überfällig! TOP 10: Vorfahrt für die CO2-Einsparung – Klimaschutz im Straßenverkehr (20/1129)
„Verkehrspolitische Anträge in diesem Haus leiden zuweilen darunter, dass bei einem Tagesordnungspunkt verschiedene Anträge zu verschiedenen Themen zusammengepackt werden, deren Zusammenhang sich nicht sofort erschließt. Der SSW braucht dafür jetzt noch nicht mal mehr verschiedene Anträge, sondern mixt die Punkte gleich munter mit verschiedenen Ein-Zeilen-Forderungen in einem Antrag zusammen. Eigentlich fehlen nur noch Rad- und Flugverkehr für den verkehrspolitischen Rundumschlag. Aber im Ernst: Mit dem Titel „Vorfahrt für CO2-Einsparungen“ haben zumindest zwei der drei Punkte eher am Rande zu tun – was nichts daran ändert, dass alle drei für sich genommen relevant sind.
Nehmen wir sie uns einmal vor: Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Autobahnen. Das finden wir richtig und es ist überfällig. Tempo 130 senkt den Verbrauch und damit – solange es noch Verbrenner gibt – auch den CO2-Ausstoß. Es ist kein Durchbruch bei der Verkehrssicherheit, weil die Unfallzahlen auf Bundes- und Landstraßen deutlich höher sind, aber es kann trotzdem dafür sorgen, dass Autobahnen ein Stück weit sicherer werden. Demgegenüber steht ein gewisser Zeitverlust auf langen Strecken. Zumindest dann, wenn man bislang deutlich schneller als mit Richtgeschwindigkeit unterwegs war. Und natürlich ist es irgendwo auch ein Verlust an Freiheit. Das ist der Badehosen-Zwang an den allermeisten Stränden übrigens auch. Und trotzdem bin ich ganz froh, dass es ihn gibt, weil es schon Sinn macht, sich so zu verhalten, dass man seine Mitmenschen nicht über Gebühr belästigt. Union und FDP kommen in der Frage zu einem anderen Ergebnis, deswegen war ein Tempolimit in der großen Koalition nicht mehrheitsfähig und ist es jetzt leider auch in der Ampel nicht. Wir zumindest bleiben dran.
Der zweite Punkt, über den es sich sicherlich noch einmal ausführlicher zu sprechen lohnt ist Tempo 30 innerorts. Der SSW will, dass die Entscheidungskompetenz darüber an die Städte und Gemeinden geht. Momentan liegt sich normalerweise bei den Kreisen und kreisfreien Städten. Aber das ist meiner Auffassung nach weniger entscheidend, als die Rechtsgrundlage

1 für diese Entscheidungen. Und diese Rechtsgrundlage wird mit dem Straßenverkehrsgesetz aktuell überarbeitet. Das Bundeskabinett hat einen Entwurf beschlossen, der ins Parlament geht. Und auch wenn alle über Tempo 30 reden, ist die große Veränderung eine andere. Denn ganz grundsätzlich geht es darum, neben der Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs, die bislang die einzigen beiden relevanten Kriterien sind, auch die Themen Gesundheitsschutz, Klima- und Umweltschutz oder städtebauliche Entwicklung im Straßenverkehrsgesetz zu verankern. So verrückt das klingt: Da standen sie bislang nicht. Und zwar aus dem Grund, dass die Union es 16 Jahre lang verhindert hat.
Ganz konkret soll diese Veränderung dafür sorgen, dass es leichter wird Sonderfahrspuren für Busse einzurichten. Oder Flächen für Radfahrer und Fußgänger. Oder halt eben auch Tempo 30 innerorts. Aber eben nicht pauschal und überall, sondern dort, wo es einen Mehrwert bringt, ohne Städte lahm zu legen. Denn das Ziel dieser Reform ist es nicht, das Autofahren unattraktiver zu machen. Sondern die Städte und Dörfer lebenswerter. Und vor allem sicherer. Das ist für mich das wahrscheinlich wichtigste Argument. Bei 50 km/h beträgt der Anhalte-Weg 30 Meter. Bei 30 km/h nur noch 15. Das ist ein hoch relevanter Unterschied, wenn in der Lücke zwischen zwei Fahrzeugen am Fahrbahnrand plötzlich ein Kind auftaucht.
Der dritte Punkt dreht sich ums LKW-Überholverbot auf zweispurigen Autobahnen und wird vom SSW mit einer gewissen Regelmäßigkeit wiederholt. Insofern kann man guten Gewissens auf die umfangreichen Plenarprotokolle der Vergangenheit verweisen. Es gibt Punkte, die dafür sprechen, weil die Schneckenrennen nicht nur nerven, sondern auch den Verkehrsfluss stören. Aber es gibt eben auch entscheidende Punkte dagegen. Solange LKW nicht autonom unterwegs sind, sollte man die psychische Belastung von LKW-Fahrern, die teilweise über Stunden hinter dem langsameren Kollegen festhängen nicht unterschätzen. Menschen sind keine Maschinen. Und die lange durchgehende Schlange von LKWs auf der rechten Spur ist eben auch kein optimales Szenario, wenn man auf die rechte Spur wechseln oder auf die Autobahn fahren will.
Wir haben in der Vergangenheit für mehr Abschnitte auf Schleswig-Holsteins Autobahnen mit intelligenter Verkehrsleitung geworben und tun das heute noch. Das kostet viel Geld, kann aber extrem viel Frust und CO2-Ausstoß ersparen.
Wenn in der Sache abgestimmt werden würde könnten wir heute nicht zustimmen, weil vor allem der zweite Punkt maximal unkonkret ist und der Sinn einer Bundesratsinitiative sich mir nicht in Gänze erschließt, wenn sowohl für das Straßenverkehrsgesetz als auch für die Straßenverkehrsverordnung bereits Entwürfe im Verfahren sind. Und auch beim dritten Punkt habe ich eine Menge Fragezeichen. Vielleicht wird es Ausschuss gelingen, einige davon abzuarbeiten. Herzlichen Dank.“


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