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Tobias Koch: TOP 1+34+35: Regierungserklärung zum Verfassungsgerichtsurteil
Landesverfassungsgerichtsurteil | 21.05.2025 | Nr. 125/25Tobias Koch: TOP 1+34+35: Regierungserklärung zum Verfassungsgerichtsurteil Es gilt das gesprochene Wort!Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren,das Landesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil die Aufnahme des Notkredites mit dem Haushalt 2024 für nichtig erklärt.Dieses Urteil gilt es anzuerkennen und die daraus resultierenden Konsequenzen zu ziehen. Das gebietet nicht nur der Respekt vor dem obersten Gericht, sondern das ist eines der grundlegenden Prinzipien für das Funktionieren eines Rechtsstaates und darüber hinaus auch für das demokratische Miteinander. Auf letzteren Aspekt komme ich später noch einmal zurück.Zunächst möchte ich aber deutlich machen, dass die Umsetzung dieses Urteils für uns absolut selbstverständlich ist. Das steht für uns aus den genannten Gründen ohne jedes „Wenn und Aber“ vollkommen außer Frage. Und genau das hat die Finanzministerin gerade eben auch deutlich macht: Der für nichtig erklärte Notkredit des vergangenen Jahres in Höhe von 492 Millionen Euro wird schnellstmöglich und vollständig zurückgezahlt.Deshalb braucht es auch keinen überarbeiteten Tilgungsplan, wie von der Opposition gefordert, denn ein Kredit der nichtig ist, der kann nicht über mehrere Jahre getilgt werden, sondern die vom Gericht beanstandete Kreditaufnahme muss sofort rückgängig gemacht werden. Und genau das werden wir tun!Vor dem Hintergrund des Urteils des Landesverfassungsgerichts - vor allen Dingen aber auch angesichts der zwischenzeitlichen Änderung des Grundgesetzes - werden wir zudem auch in diesem Haushaltsjahr keinen weiteren Notkredit in Anspruch nehmen. Finanzministerin Silke Schneider hat dazu alles Erforderliche gesagt, so dass sich weitere Ausführungen meinerseits an dieser Stelle erübrigen. Schwarz- Grün in Kiel ist sich in dem Umgang mit diesem Urteil und mit der Bewältigung der sich daraus ergebenen Folgen völlig einig und wird dieses in gewohnter Geschlossenheit, in aller Ruhe und im guten Miteinander tun.Wogegen ich mich aber in aller Deutlichkeit verwehren möchte – und zwar nicht Seite 1/6 Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de gegenüber dem Gericht, sondern gegenüber den klagenden Oppositionsfraktionen und dabei insbesondere der FDP – ist der Vorwurf eines Verfassungsbruchs mit Ansage, eines „vorsätzlichen Bruchs der Verfassung“, wie es die Kollegen Vogt und Buchholz in ihrer Pressemitteilung formuliert haben. Diese Unterstellung weise ich nicht nur für meine Fraktion, sondern mit Sicherheit genauso für die Fraktionen von Grünen und SSW entschieden zurück!Meine Damen und Herren, wenn man die jetzt aufgestellte Maßstäbe des Landesverfassungsgerichts zugrunde legt, dann waren auch die gemeinsam beschlossenen Notkredite der Jahre 2020 bis 2022 verfassungswidrig – schon allein deshalb, weil es auch damals keinen Tilgungsplan gab, sondern dieser erst gesetzlich im Jahr 2023 beschlossen wurde.Trotzdem käme aber niemand deshalb auf die Idee, die damaligen Beschlüsse als vorsätzlichen Verfassungsbruch zu bezeichnen. Wir alle gemeinsam haben damit erstmals von der Ausnahmeregel der Notkreditaufnahme in unserer Verfassung Gebrauch gemacht und haben dieses nach bestem Wissen und Gewissen natürlich im Einklang mit unserer Verfassung versucht zu tun.Das Gleiche gilt genauso aber auch für die Entscheidungen zum Haushalt 2024:Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurden die Spielregeln für die in den Vorjahren bereits aufgenommenen Notkredite mit dem eingeführten Jährlichkeitsgrundsatz nachträglich grundlegend verändert und so galt es innerhalb von wenigen Wochen nach dem Urteil daraus Konsequenzen für den Haushaltsbeschluss 2024 zu ziehen. Das haben wir erneut nach bestem Wissen und Gewissen getan.Dabei ist es nach dem jetzigen Urteil des Landesverfassungsgerichts nicht ausreichend gelungen, die finanziellen Auswirkungen auf den Landeshaushalt in ihrer Gesamtheit zu begründen und das Gericht hat beanstandet, dass ein Tilgungsplan für den Notkredit des Jahres 2024 fehlt.Aus diesen Versäumnissen jetzt aber einen vorsätzlichen Verfassungsbruch abzuleiten, das geht eindeutig zu weit. Bei aller Freude der Opposition über den Erfolg ihrer Klage sollten wir uns unter Demokraten nicht dazu hinreißen lassen, uns gegenseitig die Verfassungstreue abzusprechen. Dieser Vorwurf rührt an den Grundfesten unseres demokratischen Miteinanders und geht damit weit über eine angemessene Sachdebatte hinaus. Stellen wir uns einmal vor, wir hätten auch in diesem Landtag rechts- und linksradikale Fraktionen sitzen, was würden die feixen, wenn sich Demokraten untereinander des vorsätzlichen Verfassungsbruchs bezichtigen. So sollten wir deshalb nicht miteinander umgehen.Meine Damen und Herren, davon abgesehen habe ich überhaupt meine Zweifel, ob sich FDP und SPD über das von ihnen erwirkte Urteil so richtig freuen können.Mit ihrem kompromisslosen Festhalten an der Schuldenbremse hat die FDP zunächst die Berliner Ampel gesprengt und damit leider auch den eigenen Untergang gleich mit Seite 2/6 Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de besiegelt. Indem die FDP jegliche Flexibilität im Umgang mit den bestehenden Schuldenregeln vermissen ließ und noch nicht einmal bereit war, im Bundeshaushalt 2025 die Hilfsgelder für die Ukraine aus Notkrediten zu finanzieren – was aus meiner Sicht angemessen gewesen wäre – hat sie letztendlich die Notwendigkeit für die nun erfolgte Grundgesetzänderung selbst herbeigeführt.Und hätte es diese Grundgesetzänderung nicht bereits vor dem Urteil des Landesverfassungsgerichtes gegeben, so hätte selbst ich – als entschiedener Befürworter der Schuldenbremse – sie nach diesem Urteil als zwingend erforderlich angesehen. Denn die Kombination der beiden Urteile von Bundes- und Landesverfassungsgericht macht die Notkreditregelung vollkommen unbrauchbar, weil sie nicht mehr die erforderliche Flexibilität bietet, die in Krisenzeiten notwendig ist, um das Funktionieren staatlichen Handelns sicher zu stellen.Dafür hatte die Politik die Notkreditausnahme jedoch ursprünglich in die Verfassung aufgenommen. Wenn genau das aber durch die beiden Urteile konterkariert wird, dann führt an einer Änderung der Schuldenbremse kein Weg mehr vorbei.Im Ergebnis hat die FDP also mit ihrer Klage genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie mit ihrem kompromisslosen Anti-Schulden-Kurs bezwecken wollte. Deshalb ist es nur ein Pyrrhus-Sieg, den die FDP hier erzielt hat.Der SPD hingegen ging es mit ihrer Klage vor dem Landesverfassungsgericht genau darum, nämlich durch ein weiteres Urteil eine Änderung der Schuldenbremse in der Verfassung zu erzwingen, um mehr Schulden machen zu können – weshalb es von Anfang an Anfang mehr als paradox war, dass sich hier zwei Kläger mit völlig entgegengesetzten Zielen zusammengefunden hatten.Allerdings hat die SPD ihr Ziel auch ohne das Urteil des Landesverfassungsgerichts erreicht, nämlich bereits vorher im Rahmen der Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene. Anstatt dass wir die in Berlin beschlossenen neuen Schuldenregeln jetzt aber nutzen können, um in die Zukunft unseres Landes zu investieren, müssen wir den neuen Verschuldungsspielraum in diesem Jahr nun in voller Höhe in Anspruch nehmen, um damit den Kredit zu tilgen, der aufgrund der Klage der SPD für nichtig erklärt wurde. Im Ergebnis bedeutet dieses Urteil somit weniger Investitionen in Schleswig-Holstein. Damit hat auch die SPD genau das Gegenteil von dem erreicht, was sie eigentlich wollte. Auch das eine politische Meisterleistung!Meine Damen und Herren, jetzt wo wir mit dem Urteil des Landesverfassungsgerichts das Kapitel der Notkredite in Schleswig-Holstein aber weitgehend abschließen können, will ich die Gelegenheit auch dazu nutzen, um die Schlussrechnung aufzumachen:Zu Beginn der Corona-Pandemie gingen alle Fraktionen sehr schnell davon aus, dass es allein zu ihrer Bewältigung Notkredite in Höhe von 5,5 Mrd. Euro benötigen würde. So gemeinsam beschlossen im Jahr 2020. Später kamen die Notkredite für die Bewältigung der Folgen des Krieges in der Ukraine und die Sturmflut des Jahres 2023 hinzu. Seite 3/6 Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de Wie viele Milliarden Schulden bleiben nun von diesen ganzen Notkrediten übrig, die in den vergangenen fünf Jahren aufgenommen wurden?Die Antwortet lautet: Gerade mal eine einzige Milliarde Euro! Und davon haben wir im vergangenen Jahr bereits 30 Millionen Euro getilgt, so dass es jetzt nur noch 986 Millionen Euro sind. Das ist der gesamte Betrag, den das Land an neuen Schulden gemacht hat, um diese drei Krisen mit Notkrediten zu bewältigen.Wenn man sich dann noch einmal an das Ausmaß der dreijährigen Corona-Pandemie zurückerinnert, wenn man sich die globalen Folgen des Krieges in der Ukraine vor Augen führt und berücksichtigt, dass es sich um eine Jahrhundertflut gehandelt hat, dann ist es aus meiner Sicht eine gewaltige Leistung, diese drei Notsituationen mit nur einer Milliarde Euro an neuen Schulden gemeistert zu haben.Daran zeigt sich, wie solide und verantwortungsvoll wir mit den Notkrediten im Landeshaushalt umgegangen sind. Selbst zusammen mit dem für nichtig erklärten Notkredit des letzten Jahres und dem für dieses Jahr geplanten Notkredit hätte die Gesamtsumme am Ende gerade einmal bei rund 1,8 Milliarden Euro gelegen – und damit weniger als ein Drittel dessen betragen, was wir alle zusammen zu Beginn der Corona-Pandemie an Notkrediten erwartet hatten.Sollte also der Eindruck entstanden sein, hier seien Notkredite in gewaltiger Höhe aufgenommen worden und die Regierung hätte durch die Klage der Opposition beim ungebremsten Schuldenmachen gestoppt werden müssen, so ist dieser Eindruck nachweislich falsch und das ist auch nicht das Ergebnis im Urteil des Landesverfassungsgerichtes.Das Gericht kommt zu dem Urteil einer Verfassungswidrigkeit nicht wegen der Höhe der Notkredite, sondern weil nach Auffassung des Gerichtes die Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage nicht ausreichend begründet wurde, die Darlegungspflicht somit nicht erfüllt gewesen sei und weil außerdem ein Tilgungsplan für den Notkredit des Jahres 2024 gefehlt hätte.Ein Urteil über die Höhe der Notkredite ist hiermit explizit nicht verbunden. Ganz im Gegenteil:Das Landesverfassungsgericht hat mit den von ihm formulierten Leitsätzen keine inhaltlichen, sondern formale Kriterien entwickelt, die nach seiner Auffassung bei der Aufnahme eines Notkredites eingehalten werden müssen.Diese formaljuristische Vorgehensweise des Gerichts wird am Beispiel des fehlenden Tilgungsplans besonders schön deutlich:Hätte der Landtag zusammen mit dem Haushalt 2024 den Beschluss gefasst, mit der Tilgung des neuen Notkredites erst im Jahr 2028 zu beginnen und diese Schulden im Laufe von 50 Jahren zurückzuzahlen, dann hätte es keinen Grund für eine Beanstandung gegeben, denn rein formal hätte damit ein Tilgungsplan vorgelegen. Seite 4/6 Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de So ähnlich hat es die Ampel in Berlin gemacht, als sie nach dem Regierungswechsel 2021 die Tilgung der Notkredite erst einmal auf das Jahr 2028 verschoben hat – und somit auf einen Zeitpunkt nach dem Ende der Legislaturperiode für die sie gewählt worden war.Den Verweis auf das bei uns im Lande bereits im Jahr 2023 beschlossene Tilgungsgesetz hat das Landesverfassungsgericht hingegen nicht anerkannt, weil ein Gesetz des Jahres 2023 nicht die Tilgung für die Kredite des Jahres 2024 regeln könne – so die formal durchaus nachvollziehbare Logik des Gerichts.In der Sache selbst ist mit dem bestehenden Tilgungsgesetz bei uns in Schleswig- Holstein aber eine weitaus konsequentere Tilgung der Notkredite bereits beschlossen als anderswo in der Bundesrepublik Deutschland:In Schleswig-Holstein wurde im vergangenen Jahr bereits eine erste Rate von 30 Mio. Euro der aufgenommenen Notkredite zurückgezahlt. In diesem Jahr folgt die zweite Tilgungsrate mit ebenfalls 30 Mio. Euro. Im nächsten Jahr steigt die jährliche Tilgung auf 50 Millionen Euro und erhöht sich in den Folgejahren um jeweils weitere 5 Prozent. Die Gesamtsumme der aufgenommenen Notkredite von rund 1 Mrd. Euro werden wir in Schleswig-Holstein deshalb bereits im Jahr 2038 vollständig zurückgezahlt haben.Wäre der Notkredit der Jahre 2024 und 2025 hinzugekommen, dann hätte die vollständige Rückzahlung zwar bis zum Jahr 2045 gedauert, aber selbst das hätte bedeutet, dass der gesamte von der Opposition beklagte Notkredit innerhalb von 20 Jahren zurückgezahlt gewesen wäre – und damit schneller als es die gleichen Parteien auf Bundesebene in ihrer eigenen Verantwortung geregelt haben.Und deshalb meine Damen und Herren:Sowohl was die Höhe der aufgenommen Notkredite in Schleswig-Holstein anbelangt als auch was deren konsequente Rückzahlung betrifft, sind wir finanzpolitisch in Schleswig-Holstein auf einem soliden und verantwortungsvollen Kurs.Dieser Linie der soliden Finanzpolitik bleiben wir auch in Zukunft treu, wenn wir trotz der neuen Schuldenregeln im Grundgesetz den Weg der Haushaltskonsolidierung fortsetzen und die neuen Kreditspielräume zukünftig ausschließlich für Investitionen einsetzen werden.Dabei will ich nicht verhehlen, dass auf diesem Weg noch große finanzielle Herausforderungen vor uns liegen, die nur mit erheblichen Anstrengungen zu meistern sein werden. Die aktuelle Steuerschätzung hat die Lage dabei auch nicht wirklich leichter gemacht.Die alles überragende Frage dabei ist, ob es der neuen Bundesregierung gelingen wird, für eine wirtschaftliche Trendwende zu sorgen: Raus aus der Rezession und wieder zurück auf einen wirtschaftlichen Wachstumskurs. Damit steht und fällt die Zukunft aller öffentlichen Haushalte in Deutschland. Meine Damen und Herren, das ist Seite 5/6 Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de die entscheidende Weichenstellung, auf die es jetzt zuallererst ankommt.Es liegt in unser aller Verantwortung, den kommenden Generationen eine starke ökonomische Basis zu hinterlassen. Das können wir nur erreichen, wenn wir eine Balance zwischen Sparsamkeit und zukunftsorientierten Investitionen finden.Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, damit Schleswig-Holstein auch in den kommenden Jahrzehnten ein Vorbild für solide und nachhaltige Finanzpolitik ist. Seite 6/6 Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de