Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Lasse Petersdotter zur Regierungserklärung zum Urteil des Landesverfassungsgerichts zu Notkrediten
Presseinformation 21.05.2025Nr. 25-128Es gilt das gesprochene Wort!TOP 1 + 34 + 35 – Regierungserklärung „Neue Rahmenbedingungen für den Landeshaushalt 2025“Dazu sagt der Fraktionsvorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Lasse Petersdotter:Wir haben die Möglichkeiten der Schuldenbremse falsch eingeschätzt Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem November 2023 haben wir eine Notlage für 2023 und 2024 beschlossen. Unseren ursprünglichen Plan der mehrjährigen Verausgabung des Corona-Notkredites und des Ukraine-Notkredites haben wir aufgegeben, weil das Bundesverfassungsgericht klare Vorgaben bei der Jährigkeit und Jährlichkeit von Notkrediten gemacht hat. Stattdessen haben wir im März 2024 einen Haushalt für das Jahr 2024 beschlossen, der die einzelnen Maßnahmen der Notkredite deutlich spezifischer erläutert, aber die vor November 2023 zugesagten Maßnahmen weiterhin umsetzt. Rückblickend wissen wir, dass diese ausgeweitete Begründung dennoch nicht ausreichend war.Denn vor uns liegt nun das Urteil des Landesverfassungsgerichts. Und was sagt das? Die Notkredite im Haushalt 2024 waren verfassungswidrig. Der Paragraph 8 Absatz 22 des Haushaltsgesetzes ist verfassungswidrig. Und auch beim Tilgungsplan braucht es mehr Klarheit. Wir haben die Möglichkeiten der Schuldenbremse falsch eingeschätzt.Darüber hinaus stellt das Landesverfassungsgericht allerdings auch noch weitere Dinge klar. Es prüft „lediglich“, ob der Gesetzgeber die Gründe „hinreichend dargelegt hat“. In der Praxis wird das zu Herausforderungen und Unsicherheiten führen. Ein „whatever it takes“ in Krisenlagen ist so erschwert. Das kann zu Ineffizienzen führen. Der Gesetzgeber muss „zumindest näherungsweise“ die Größenordnung der finanziellen Belastung benennen und eine begründete Prognose abgeben. Das wird schwierig. Und immer wieder angreifbar. Je weiter eine Notlage zeitlich zurück liegt, desto strenger sind die Anforderungen an die Darlegung. Das wurde bereits vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2023 eingefordert. Die nun aufgestellten Anforderungen nach einer Darlegung einer Prognose, wie die Maßnahme konkret zur Überwindung oder Vorbeugung der Notlage beiträgt, werden in der Praxis ebenfalls herausfordernd.Zum § 8 Absatz 22 Haushaltsgesetz, also der Möglichkeit der Regierung, eigene Haushaltstitel zu schaffen oder zu verändern, stellt das Verfassungsgericht klar, dass dies zu weitreichende Möglichkeiten für die Regierung sind. Das werden wir unverzüglich berücksichtigen. Ich finde für das Gesamtbild aber wichtig darauf hinzuweisen, dass jede Ausgabe aus Notkrediten vom Finanzausschuss bestätigt und beschlossen werden musste.Außerdem wurde eine Ex-Nunc-Nichtigkeit festgestellt, also dass die Notkredite im Haushalt 2024 rückblickend als nichtig zu werten sind und somit die Kreditsumme in Höhe von 492 Millionen Euro zurückzuzahlen ist.Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es? Zunächst die einfachen Dinge: Den § 8 Absatz 22 Haushaltsgesetz werden wir ersatzlos streichen. Ein neuer Tilgungsplan wird nicht notwendig sein, weil wir die Kredite ja nicht aufnehmen dürfen. Für die Jahre 2024 und 2025 braucht es also keinen Tilgungsplan. Für die Notkredite aus den Jahren 2020 bis 2023 gibt es bereits einen Tilgungsplan, der den Ansprüchen des Landesverfassungsgerichts entspricht, also Tilgungsbeginn, Tilgungsrythmus und jeweilige Tilgungshöhen klar benennt. Die erste Tilgung in Höhe von 30 Millionen Euro ist bereits im Jahr 2024 erfolgt.Die Kontroverse mit der Opposition besteht also eher darin, dass die Erwartung ist, jetzt einen Nachtragshaushalt zu machen, in dem wir 764 Millionen Euro streichen. Denn wir können nicht die Maßnahmen der Notkredite streichen. Der Staat hat Geld zu haben und muss seine Förderzusagen einhalten. 764 Millionen Euro, die zu der allgemeinen Finanzlage, also einer strukturellen Milliardenlücke, dazukommen. Das wäre ein massives Kürzungsprogramm, das vermeidbar ist.Deswegen werden wir 492 Millionen Euro aus dem Notkredit 2024 zügig tilgen, sobald die neuen finanziellen Kreditmöglichkeiten des Bundes vorliegen. Den Notkredit 2025 in Höhe von 272 Millionen Euro werden wir um 136 Millionen Euro reduzieren, solange es keinen belastbaren Hinweis darauf gibt, dass das Geld an Northvolt in diesem Jahr wirklich fließen wird. Außerdem werden wir die BIP- bezogenen Verschuldungsmöglichkeiten auch hierfür nutzen. Letztlich kommen wir dann auf etwas mehr als 100 Millionen Euro, die wir vorerst über eine globale Minderausgabe lösen werden. Das kann massive Auswirkungen haben. Den Nachtragshaushalt dazu machen wir, wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Bundes vorliegen. Laut Bundesfinanzminister Lars Klingbeil also bis Sommer.Das Urteil verschafft auch weitere Klarheit bei der Ausdeutung der Schuldenbremse. In der Anwendbarkeit haben Jährigkeit, Jährlichkeit und die Begründungsanforderungen massive Auswirkungen. Ob und wie die Schuldenbremse im Krisenfall so noch praxistauglich ist, wird sich zeigen. Wir brauchen eine wirksame Regelung für Krisenfälle. Es ist naiv anzunehmen, dass wir in diesen Zeiten keine zügigen Werkzeuge des Krisenmanagements bräuchten. Die Flickschusterei der Bundesregierung löst das strukturelle Problem nicht. Zum Abschluss noch eine kleine Bilanz zur Verschuldung der letzten Jahre: In den Jahren 2020 bis 2022 haben wir als Landtag Notkreditermächtigungen in Höhe von insgesamt 6,5 Milliarden Euro beschlossen. In 2020 wurden davon etwa 355 Millionen Euro nicht in Anspruch genommen. Zudem gab es in 2022 eine Sondertilgung in Höhe von 3,2 Milliarden Euro und in 2023 eine Sondertilgung in Höhe von fast 1,3 Milliarden Euro. In 2024 erfolgte eine Sondertilgung in Höhe von 624 Millionen Euro. Dazu kam in 2024 die erste Tilgungstranche gemäß Tilgungsgesetz in Höhe von 30 Millionen Euro.Von den in den Jahren 2020 bis 2022 beschlossenen 6,5 Milliarden Euro wurden also nur 972 Millionen Euro tatsächlich aufgenommen. Die Opposition wird nun sagen: „Seht! Ihr brauchtet das Geld gar nicht und hättet die Bedarfe klarer ermitteln müssen!“ Ich würde sagen: Ja, in der Krise ist vieles unklar. Und es ist gut, dass nicht verschwenderisch mit dem Geld umgegangen wurde.Wir haben die Möglichkeiten der Schuldenbremse falsch eingeschätzt und müssen aus dieser Fehleinschätzung jetzt lernen. Es gilt das Urteil des Landesverfassungsgerichts vollumfänglich und zügig umzusetzen.***Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein Düsternbrooker Weg 70 24105 KielClaudia Jacob | Pressesprecherin presse@gruene.ltsh.de Tel. 0431 / 988 1503 Mobil: 0172 / 541 83 53 sh-gruene-fraktion.de