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22.05.25 , 11:29 Uhr
SPD

Birte Pauls zu TOP 18: Trauer ist so individuell wie jedes Kind es ist

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 22. Mai 2025
Birte Pauls Trauer ist so individuell wie jedes Kind es ist TOP 18: Trauerbegleitung für Kinder und Jugendliche nachhaltig fördern (Drs20/2967(neu) 2. Fassung, AltA 20/3246)
"Es war kurz vor unserer Konfirmation, als meine Freundin starb. Vollkommen plötzlich. Wir hatten uns noch morgens in der Schule für den Nachmittag verabredet. Ihre Mutter rief an und sagte, dass es ihr nicht gut ginge. Am nächsten Tag bekamen wir die Nachricht, dass sie gestorben ist. Das hat mich damals ziemlich aus der Bahn gerissen. Fragen über Fragen. Kurz vor der Konfirmation natürlich, warum Gott so etwas überhaupt zulässt und nachdem Warum? Es gab zu dem Zeitpunkt keine Trauergruppen für Kinder und Jugendliche. Und ich war ja auch „nur“ die Freundin. Ich hatte das Glück, verständnisvolle Eltern und einen zugewandten Pastor zu haben, die mir irgendwie halfen, durch diese Krise zu kommen.
Kinder und Jugendliche trauern anders als Erwachsene. Jüngere Kinder fallen oft in frühere Entwicklungsphasen zurück, fangen wieder an einzunässen oder am Daumen zu lutschen. Ältere leiden unter z.B. unter Schlafstörungen und haben Probleme in der Schule. Manche werden aggressiv und wissen nicht wohin mit sich und ihrer Wut. Es fällt ihnen schwer, sich auszudrücken. Auch Schuldgefühle können, genauso wie Verlust- und Trennungsängste eine Rolle spielen. Einige ziehen sich aus dem sozialen Umfeld zurück, während andere überhaupt nicht alleine sein mögen.
Die Profis nennen den individuellen Umgang mit Trauer „Pfützen springen". Wie in Pfützen springen Kinder in die Trauer hinein und wieder heraus. Sie sind in einem Moment tief traurig, um dann paar Minuten später wieder fröhlich zu sein. Trauer ist so individuell wie jedes Kind es ist.
Und deshalb brauchen Kinder und Jugendliche eine besondere Begleitung, um mit ihrer Trauer umzugehen. Sie benötigen eine professionelle und behutsame Ansprache, den Raum, um sich spielerisch, künstlerisch oder körperlich ausdrücken zu können.
Ihnen hilft der Kontakt zu anderen, die das gleiche Schicksal erlitten haben.
Trauer gehört wie das Sterben zum Leben dazu. Trauer ist keine Krankheit, sondern ein Gefühl. Aber eine nicht bewältigte Trauer kann im Erwachsenenalter zu belastenden Spätfolgen führen.

1 Depressionen, Angststörungen, Bindungsängste, Süchte und andere psychische Erkrankungen können die Folge sein.
Deshalb ist die Bewältigung von und der Umgang mit der Trauer Präventionsarbeit. Die Begleitung von Kindern und Jugendlichen durch die verschiedenen Phasen der Trauer kann teure, behandlungsnotwendige Spätfolgen verhindern.
In Schleswig -Holstein gibt es 15 Angebote für trauernde Kinder und Jugendliche. All den hoch engagierten Menschen, die ihre Zeit den Kindern und Jugendlichen in einer belastenden Situation schenken, gilt unser aller Dank.
Alles ehrenamtlich und spendenfinanziert. Und die Ausbildung zur Trauerbegleitung muss ebenfalls selbst getragen werden.
Sie begleiten Kinder und Jugendliche z.B. schon während einer Erkrankung eines Familienmitgliedes zu Hause oder nach einem Todesfall individuell oder in einer Gruppe und in dafür besonders liebevoll eingerichteten Räumlichkeiten.
Kindgerechtes, themenbezogenes Spielzeug spielt dabei ebenso eine Rolle wie der Boxsack, an dem man die Wut herauslassen kann.
Erst wenn sich Trauer manifestiert und z.B. in eine Depression verwandelt, dann braucht es die notwendige Therapie.
Die Krankenkassen sehen zwar Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken vor, also Präventionsarbeit, aber die Trauerarbeit, weder bei Kindern noch bei Erwachsenen fällt nicht darunter. Und ich denke, da haben wir eine Lücke. Denn wie gesagt, nicht verarbeitete Trauer kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen.
In der vergangenen Woche hatten wir im Sozialausschuss ein Fachgespräch, eigentlich zum Thema Kinderhospizarbeit. Die Expertinnen und Experten machten aber neben der Wichtigkeit des stationären und ambulanten Angebotes für Kinder und Jugendliche mit lebensverkürzenden Erkrankungen auch auf die Trauerarbeit z.B. mit Geschwisterkindern, die sogenannten gläsernen Kinder, aufmerksam.
Der Tod eines Kindes verändert eine Familie. Eltern haben mit ihrer Trauer zu tun. Geschwister sind nach dem Tod eines Bruders oder einer Schwester meist die „doppelten Verlierer“. Sie leiden unter ihrer eigenen Trauer und auch darunter, und dass ihre Eltern sich natürlich verändern. Hier leistet z.B. der Verein "Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister e.V." segensreiche Arbeit.



2 Ich finde wir sollten diese und andere Kinder und Jugendliche, die einen Verlust erlitten haben, gut unterstützen.
Lassen Sie uns schauen, wie wir die betroffenen Kinder und Jugendliche besser unterstützen können.
Ich möchte gerne mit einem Zitat von Mascha Kaléko enden: "Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt man nur, doch mit dem Tod der andern muss man leben.""



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