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Marc Timmer zu den TOP's 24+52: Justiz entlasten – Rechtsstaat stärken!
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 22. Mai 2025Marc Timmer Justiz entlasten – Rechtsstaat stärken! TOP 24+52: Gemeinsame Beratung a) Der Überlastung von Strafjustiz und Justizvollzug begegnen b) Bericht über die personelle und räumliche Situation in den Justizvollzugsanstalten (Drs. 20/3058, AltA 20/3100, 20/2570, 20/3175)"Die Zeichen aus dem Bereich der Strafjustiz sind alarmierend. Ein Zitat der Vorsitzenden des Schleswig-Holsteinischen Richterverbandes bringt es auf den Punkt. Ich zitiere (mit Erlaubnis der Präsidentin): „Der Landesregierung ist die Lage der Strafjustiz seit langem bekannt. Das Personal reicht hinten und vorne nicht, um Straftaten, die in unserem Land begangen werden, vollständig und zügig zu ermitteln (…). Der wachsende Berg unerledigter Verfahren spricht für sich. (…) Die Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, für das nötige Personal zur Strafverfolgung zu sorgen – doch davon sind wir weiter entfernt denn je.“Deshalb habe ich diesen Antrag verfasst. Wir können die Dinge nicht einfach so weiterlaufen lassen.Grundsätzlich gilt: Im Bereich der Justiz darf es kein Spardiktat geben! Das Funktionieren der dritten Staatsgewalt ist Eckpfeiler unserer Demokratie.In der Staatsanwaltschaft liegt die Personaldeckung im Vergleich zum Pebb§y-Soll bei etwa 80%. Dies an sich ist Anlass zur Sorge. Die beschäftigen Staatsanwältinnen und Staatanwälte ackern, um den Personalmangel auszugleichen. Gleiches gilt für die Beschäftigen in den Geschäftsstellen, die Justizvollzugsbeamtinnen und -beamten und weitere. Die Arbeitsmoral ist beeindruckend und die Bereitschaft, die extra Meile zu gehen, vorbildlich. Dafür ein großes Lob und Dankeschön! Dies kann aber kein Dauerzustand sein.Hinzu kommt, dass etwa 25% der Bediensteten bis 2030 in den wohlverdienten Ruhestand übergehen.Wir laufen sehenden Auges in einen den Rechtstaat gefährdenden personellen Engpass hinein. Erste Auswirkungen sind längst sichtbar. Bereits jetzt steigt die Ermittlungsdauer ebenso wie die sogenannte Restelisten mit alten Verfahren kontinuierlich an. U-Häftlinge werden wegen 1 überlanger Verfahrensdauer aus der U-Haft entlassen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist ein Skandal.Es ist erforderlich, sich endlich mit den Ursachen systematisch zu beschäftigen. Wir brauchen in Schleswig-Holstein Klarheit über das Ausmaß des Problems. Und wir brauchen Lösungen!Die Landesregierung muss sich die Prozesse anschauen. Sie muss die Nachwuchsgewinnung professionalisieren. Die hohen Durchfallquoten im ersten und zweiten Staatsexamen sind nicht nur ein Problem für die Durchgefallenen. Aber statt bessere Studienbedingungen zu schaffen, leisten wir uns nach den Verschärfungen der Juristenausbildungsverordnung eines der schwierigsten Staatsexamen.Prozesse zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und den Strafgerichten sind in den Blick zu nehmen. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Entscheidungsvorbereitung insbesondere bei geringfügigen Straftaten zur Verfahrensbeschleunigung kann helfen. Selbstverständlich muss die Software mit Blick auf Art. 92 Grundgesetz transparent sein.Zu prüfen wären auch die Gründe für die zunehmende Verfahrensdauer. Oft genannt werden komplexe Wirtschaftsstrafverfahren oder aufwendige digitale Recherchen bei Straftaten im Netz. So ist denkbar, Wirtschaftsrecht, betriebswirtschaftliche Kenntnisse und den KI basierten Umgang mit Netzstraftaten angemessen in die Ausbildung zu integrieren.Die Einführung der E-Akte krankt an einem zeitraubenden Handling der Akten. Das Hochfahren des Computers dauert zu lang. Programme müssen anwenderfreundlicher ausgestaltet werden.Dolmetscherinnen und Dolmetschern sowie psychologische Gutachterinnen und Gutachter müssen ebenfalls Teil der Flaschenhalsanalyse sein.Auch länderübergreifende Prozesse gehören zum Untersuchungsgegenstand. Dass die Versendung von Dokumenten von einem Bundesland zum anderen nicht medienbruchfrei funktioniert, ist nicht zeitgemäß.Gut ist, dass eine Neuauflage des Paktes für den Rechtstaat zwischen Bund und Ländern im Koalitionsvertrag angelegt ist. Dies entbindet uns in Schleswig-Holstein aber nicht von einer Analyse der Hemmnisse.Darüber hinaus nimmt der Antrag die Situation der Mitarbeitenden in den Justizvollzugsanstalten in den Blick. Die positiven Worte in dem entsprechenden Bericht der Landesregierung halten der Wirklichkeit nicht stand.Die Justizvollzugsbeamtinnen und -beamten hängen oft über Jahrzehnte in gleichen Besoldungsstufen fest. Aufstiege vom mittleren in den gehobenen Dienst sind die absolute 2 Ausnahme. Es kann nicht sein, dass dies allein an der formalen Anerkennung der Hochschulzugangsberechtigung scheitert.Das medizinische Personal klagt über schlechte Arbeitsbedingungen, viele Stellen sind deswegen nicht besetzt. Unser medizinisches Personal ist– anders als z.B. in Hamburg - nicht verbeamtet. Das muss sich ändern!Gerade diese Berufsträger, die in einem so schwierigen Arbeitsumfeld tätig sind, verdienen unsere volle Unterstützung.Der Staat muss seinen Kernaufgaben gerecht werden. Dies erwarten die Bürgerinnen und Bürger, und zwar zurecht. Die Landesregierung muss liefern!Ob eine Ministerin die immensen Herausforderungen in der Justiz meistern kann, die an der Gerichtsstrukturreform nach Gutsherrenart gescheitert ist, oder ein Staatssekretär, dessen Aberkennung des Doktortitels durch die Universität Innsbruck kürzlich vom Verwaltungsgericht betätigt wurde, bleibt aus Sicht der Justiz zu hoffen.Also, analysieren sie das Chaos und finden sie Wege heraus. Und anders als bei der Gerichtsstrukturreform: Binden Sie das Fachpersonal frühzeitig ein!Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit." 3