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Malte Krüger zur Bildungspolitik in Schleswig-Holstein
Presseinformation Nr. 25-148 23.05.2025Es gilt das gesprochene Wort!TOP 30 + 37 + 38 – Neustart in der Bildungspolitik – den Rest der Legislatur im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler nutzen; Verlässliche Planbarkeit beim Ganztag sicherstellen; Gewaltvorfälle sicher erfassenDazu sagt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Malte Krüger:Gemeinsam Verantwortung für die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen übernehmen Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,ich begrüße unsere neue Bildungsministerin Dorit Stenke herzlich und habe Vertrauen, dass es gut weitergehen wird. Ich denke, mit ihrer flammenden 14-Minuten-Rede gestern hat sie gezeigt, wie wichtig ihr die Bildungspolitik von Grundschule bis Hochschule in Schleswig-Holstein ist. Ich wünsche ebenfalls unserer ehemaligen schleswig-holsteinischen Ministerin im Bundesbildungsministerium alles Gute und hoffe, dass sie etwas vom schleswig-holsteinischen Politikstil nach Berlin bringt. Vielleicht bekommt sie den neuen Bundeskanzler an der ein oder anderen Stelle gezähmt.In Schleswig-Holstein stehen wir als Regierungskoalition vor allem für Verlässlichkeit, Stabilität und realistischen Fortschritt. Deswegen kann ich mir sicher sein, dass die neue Bildungsministerin keine Rolle rückwärts macht, sondern die verlässliche Bildungspolitik Schleswig-Holsteins weiterführt. Ich würde zu gerne wissen, mit wem die SPD als Ministerin gerechnet hat, als sie diesen Titel für den Antrag gewählt hat.Und liebe Kolleg*innen, ein Personalwechsel allein bewirkt keinen Neustart, wenn nicht auch die Rahmenbedingungen mitspielen. Und hier müssen wir ehrlich sein: Die Rahmenbedingungen sind derzeit alles andere als einfach. Das Land Schleswig- Holstein muss eine Nettoverschuldung 2025 von rund 908 Millionen Euro bewältigen. Diese Realität kann ihr Antrag nicht wegzaubern.Ja, unsere Schulen stehen vor immensen Herausforderungen, darin sind wir uns einig. Steigende Schüler*innen-Zahlen, Lehrkräftemangel, Inklusion, Digitalisierung, Ganztagsausba - die Liste ist lang. Doch wie wir damit umgehen, unterscheidet uns. Die SPD malt ein düsteres Bild und suggeriert: Schuld daran sei vor allem die Landesregierung.Richtig ist, dass wir die basalen Fächer stärken: Mehr Deutsch und Mathe in der Grundschule, Informatik ab Klasse 7. Klasse. Das ist eine pädagogische Weichenstellung für die Zukunft, die allen zugutekommt.Zum dritten Punkt des Antrages, der Lehrkräftemangel und die vielen Seiteneinsteiger und Vertretungslehrkräfte an unseren Schulen. Der Lehrkräftemangel ist ein riesiges Problem, dem die Landesregierung über alle Phasen der Lehrkräfteausbildung entgegenwirkt. Niemand von uns findet es gut, dass 17 Prozent der Grundschullehrkräfte kein Lehramtsexamen haben. Aber ohne sie könnten wir die Schulen dichtmachen. Ich würde das Gegenteil mal in den Vordergrund stellen: Wir müssten jeder Vertretungslehrkraft dankbar sein, dass sie an unseren Schulen arbeitet. Die SPD spricht von einem „schäbigen Umgang“ mit Vertretungslehrkräften. Auch das nehmen wir ernst. Ich persönlich habe mit einigen dieser Kolleg*innen gesprochen, viele machen einen tollen Job, hängen sich rein und würden gerne bleiben. Und ich finde: Gute Leute müssen wir halten! Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass bewährte Vertretungskräfte Entfristungsperspektiven bekommen, sofern sie pädagogische Nachqualifizierungen durchlaufen.Aber es geht eben nicht auf Knopfdruck. Jemand ohne Lehramtsabschluss kann nicht einfach verbeamtet werden, zu Recht gibt es Grenzen. Wir müssen Wege schaffen, diese Menschen in den Vorbereitungsdienst zu bringen oder andere Qualifikationen anzuerkennen. Das tun wir. Wir öffnen Laufbahnen, erleichtern den Quer-, Seiten- und Direkteinstieg, erhöhen die Attraktivität durch A13 für Grundschullehrkräfte.Zum Thema Unterrichtsausfall: Die SPD führt zwölf Prozent der Stunden als nicht planmäßig gegeben an. Das klingt dramatisch, ist es auch, keine Frage. Aber wir müssen differenzieren: Komplett ausgefallen sind viel weniger Stunden, oft fand Vertretungsunterricht statt, nur eben nicht laut ursprünglichem Plan. Trotzdem: Wir haben zu viel Unterricht, der anders läuft als vorgesehen. Erkrankungswellen, Personalmangel, das schlägt voll durch. Wir unternehmen sehr viel, um Ausfall zu minimieren: der jährliche Vertretungsfond mit 13,8 Millionen Euro Budget, Anreize für Lehrkräfte, Mehrstunden zu übernehmen, digitale Vertretungsangebote.Und nun Ihr fünfter Punkt, die Schulabbrecher*innen und Inklusion. Auch das sind echte Alarmsignale, wenn über zehn Prozent eines Jahrgangs ohne Abschluss abgehen. Und ja, die Pandemie hat hier Spuren hinterlassen. Viele dieser Schicksale entscheiden sich nicht erst in Klasse 9 oder 10. Da müssen wir viel früher ran, in der Grundschule, in der Kita, bei der Familienberatung. Eine Landesregierung kann nicht jeden individuellen Abbruch verhindern, aber wir können die Strukturen verbessern. Das hat die Vorgängerin im Bildungsministerium im Dezember ganz klargemacht. Unter anderem arbeiten wir mit den Jugendberufsagenturen zusammen, um eine einheitliche Beratung von Jugendlichen zu ermöglichen.Stichwort Inklusion: Die SPD behauptet, wir hätten die Inklusion „rückabgewickelt“. Das klingt, als würden wir Kinder aktiv exkludieren. Nein, liebe Kolleg*innen, wir wollen echte Inklusion. Schon unter Klug aber auch zu Zeiten der Küstenkoalition standen nicht genug Sonderpädagog*innen und Assistenzkräfte bereit, um Schüler*innen mit Förderbedarf in den Regelschulen angemessen zu unterstützen. Was war die Folge? Überforderte Lehrkräfte, frustrierte Eltern und Kinder. So soll sich Inklusion nicht anfühlen.Wir investieren seitdem kräftig in Förderlehrkräfte: 420 Stellen für Sonderpädagogik wurden seit 2014 neu geschaffen, weitere 70 werden bis Ende 2027 folgen. Wir setzen auf multiprofessionelle Teams bis in die Schulleitungsebene, damit Inklusion mehr ist als ein politischer Slogan.Ich weiß, einige in der SPD und auch wir Grüne haben sich die Inklusionsentwicklung anders vorgestellt. Wir arbeiten an mehr Inklusion und an der Qualität in der Inklusion. Entscheidend ist doch, dass wir das Ziel, gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung, nicht aus den Augen verlieren. Aber wir müssen die Leute an der Basis mitnehmen. die Lehrer*innen, die Eltern.Zum Musterraumprogramm für Schulen: Da behauptet die SPD, wir hätten es versprochen und noch nicht geliefert. Im Juni 2024 haben Sie in einer kleinen Anfrage bereits danach gefragt. Auch ich warte auf das Raumprogramm, weil auch ich danach gefragt werde. Wir werden uns noch gedulden müssen. Klar ist, dass wir neue Standards wollen: größere Klassenräume, mehr Flächen für Gruppenarbeit, gute Akustik, Grünflächen, Rückzugsräume. Also eine zukunftsfähige, moderne Schullandschaft.Ich hoffe Sie sehen: Wir teilen viele Ihrer Anliegen in der Sache. Aber wir unterscheiden uns offenbar im Umgang damit. Die SPD fordert den großen Neustart per Parlamentsbeschluss, wir hingegen arbeiten Tag für Tag an konkreten Verbesserungen. Trotz aller Schwierigkeiten ist die Bildung in Schleswig-Holstein nicht am Abgrund. Unsere Schulen leisten enorm viel.Das zentrale Projekt dieser Legislaturperiode ist der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule. In der letzten Landtagssitzung haben wir das Thema hier besprochen und SPD und FDP fordern heute nochmal mehr Geld von Land und Bund. Ich habe bereits im letzten Plenum im März vorangestellt, dass wir in Schleswig-Holstein Tempo beim Ganztagsausbau machen müssen und die Aufgabe groß ist. Wir fangen aber auch nicht bei null an, die meisten Grundschulen haben bereits ein Ganztagsangebot und wir sind mit unserem Rahmenkonzept und der Betriebskostenrichtlinie im Vergleich mit anderen Bundesländern auch schon sehr weit im Prozess. Die Richtlinie befindet sich noch bis Ende des Monats in der Anhörung. Schleswig-Holstein investiert in den Ganztagsausbau und ich erhoffe mir, dass das Investitionsprogramm Infrastruktur der Bundesregierung zusätzlich dem Ganztag zugutekommt. Die gemeinsame Aufgabe von Kommunen, Kreisen, Land und Bund für die Ganztagsgrundschule ist groß. Aber wir wissen doch auch, wofür es gut ist: Es kann ein Meilenstein für die Bildung unserer Kinder sein, für die Chancengerechtigkeit in diesem Land und für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir alle haben ein gemeinsames Interesse am Ausbau des Ganztags, aber es ist Herausforderung und Chance gleichermaßen.Doch auch hierfür können wir mehr Geld nicht herbeizaubern und lehnen die heutigen Forderungen aus den Anträgen von SPD und FDP ab.Lassen Sie mich noch was zum letzten Thema sagen, der Kinder- und Jugendgewalt. Das hat uns im vergangenen Jahr sehr beschäftigt. Wir haben Anhörungen im Bildungsausschuss gemacht und erst im Dezember einen gemeinsamen Antrag mit allen Fraktionen zur Prävention und Nachsorge der Kinder- und Jugendgewalt verabschiedet. Während der Anhörung ergaben sich für uns viele kluge Erkenntnisse, zum Beispiel, dass es vor allem auf die Prävention und eine behütete Kindheit ankommt. Deswegen halte ich mehr Schulsozialarbeit und Schulpsycholog*innen für angebracht, kann aber nicht nachvollziehen, wieso mehr Datenerhebung im GENOM- Programm jetzt sinnvoll sein soll. Zumal die FDP auch noch fordert, dass Schulen die Daten auch anonym einpflegen können, was in meinen Augen die Nachsorge und Aufarbeitung verhindert. Unser gemeinsamer Antrag aus dem Dezember beinhaltet ebenfalls, dass wir einen jährlichen Bericht über die Gewaltvorfälle auf Grundlage der GENOM-Datenerhebung erhalten.Ein Neustart in der Bildungspolitik ist nicht durch wohlklingende Anträge zu erreichen. Neustart bedeutet aus meiner Sicht, gemeinsame Verantwortung für die wichtigste Zukunftsaufgabe unseres Landes, die Bildung unserer Kinder und Jugendlichen. Bildung ist nicht nur Sache der Schulen, es braucht eine Bildungslandschaft, in der alle an einem Strang ziehen: Land, Kommunen, Bund, Schulen, Eltern, Vereine. Daran arbeiten wir.Die SPD und FDP fordern in ihren Anträgen vieles, was wir längst tun oder planen oder wo wir gerade Anträge beschlossen haben. Wir schulden den Schüler*innen Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Deshalb lehnen wir diese Anträge ab. Nicht, weil uns die Probleme egal wären. Im Gegenteil: Weil wir sie nachhaltiger lösen wollen als es Überschriften- Politik vermag.Vielen Dank.***Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 KielT 0431 988 1503 M 0172 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de sh-gruene-fraktion.de