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Tätigkeitsbericht der Antidiskriminierungsstelle des Landes 2023/2024: Auch nach Wegfall der Corona-Fälle weiterhin viele Beratungsanfragen
Nr. 15 / 12. Juni 2025Tätigkeitsbericht der Antidiskriminierungsstelle des Landes 2023/2024: Auch nach Wegfall der Corona-Fälle weiterhin viele BeratungsanfragenDie Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Landes, Samiah El Samadoni, stellte heute (Donnerstag) ihren Tätigkeitsbericht für den Berichtszeitraum 2023 und 2024 in Kiel vor. „Im Berichtszeitraum wurden 459 Eingaben bearbeitet. Nach wie vor liegen die Schwerpunkte in der Beratung bei Benachteiligungen aufgrund einer Behinderung, der ethnischen Herkunft und des Geschlechts. Zwar gingen die Zahlen im Vergleich zu den letzten Tätigkeitsberichten zurück, jedoch ist dies mit dem Wegfall der „Corona-Fälle“ zu begründen“, so El Samadoni. Seit der Einrichtung der Antidiskriminierungsstelle des Landes im Jahr 2013 wurden zum Stichtag 31. Dezember 2024 insgesamt 2.629 Petitionen bearbeitet.Die Beratung der Antidiskriminierungsstelle – angesiedelt bei der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten des Landes – orientiert sich im Schwerpunkt an dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das Gesetz schützt vor Benachteiligungen aufgrund der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität. „Unter Berücksichtigung des Wegfalls der Corona-Fälle – insbesondere zur Maskenpflicht – sind die Zahlen gestiegen: von 341 Petitionen (für die Jahre 2017/2018) hin zu 459 Fällen im aktuellen Zeitraum“, erklärte El Samadoni.„Auffallend im Berichtszeitraum waren die vielen Anfragen zum Umgang mit sexuellen Belästigungen durch Arbeitskollegen im Privatleben und die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis“, berichtet die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle. „Hier waren Arbeitgeber*innen im Rahmen der durch die Antidiskriminierungsstelle angebotenen AGG- Schulungen besonders sensibilisiert. Ebenso wie die Themen „Mobbing“ und die Anforderungen an eine betriebs- bzw. behördeninterne Beschwerdestelle für die Mitarbeitenden. Obwohl diese 2seit 2006 zwingend gesetzlich vorgeschrieben sind – egal ob bei privaten oder öffentlichen Arbeitgebenden – erreichten uns hier sehr viele Anfragen.“Darüber hinaus wurden der Antidiskriminierungsstelle auch immer wieder Fälle gemeldet, bei denen die bestehenden Gesetze, insbesondere das AGG an seine Grenzen gestoßen ist, weil es nicht anwendbar war. „Dies betraf zum einen den gesamten, in der Regel öffentlich-rechtlichen schulischen Bereich, Probleme mit Behörden und Streitigkeiten in Vereinen“, sagte El Samadoni. „Die Abgeordnet*innen des Schleswig-Holsteinischen Landtages diskutieren aktuell den Entwurf eines Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG), jedoch wurde noch keine finale Entscheidung getroffen, ob dieses Gesetz auch in Kraft treten wird“, so El Samadoni. Der Schleswig- Holsteinische Entwurf entspringt der Konzeption des Berliner LADG, dem bisher einzigen Landesgesetz, das Bürger*innen bei Benachteiligungen durch Behörden aufgrund bestimmter Merkmale einen Schadensersatzanspruch zuspricht.„Im Ergebnis hat sich wieder gezeigt, dass unsere Beratungsarbeit und die Schulungsangebote weiter sehr gut angenommen bzw. angefragt werden. Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle machte auch darauf aufmerksam, dass eine auf Vielfalt und Rücksichtnahme ausgebildete Firmen- und Behördenpolitik immer auch einen Mehrwert für die Außendarstellung erzeugt: „Dies betrifft sowohl die Gewinnung von Fachkräften, das Halten von guten Mitarbeitenden, aber auch die Wahrnehmung bei Kund*innen und Geschäftspartner*innen. Ein Mehrwert der heute fast unbezahlbar ist“, so El Samadoni.Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle mahnte aber auch, dass erkennbar sei, dass sich das gesellschaftliche Handeln in den letzten Jahren erheblich verändert habe: „Teilweise erleben wir eine sprachliche Verrohung, bei der sich Personen menschenverachtende Verhaltensweisen herausnehmen, weil sie nicht mehr befürchten müssen, dass dieses Verhalten als inakzeptabel wahrgenommen wird. Wenn in Stellenanzeigen offen u.a. rassistische Statements verschriftlicht werden, müssen wir dafür sorgen, dass es hier auch eine Gegenbewegung geben muss, die deutlich macht, dass dieses Verhalten nicht gebilligt wird. Auch klar diskriminierende Gesänge, wie sie auf Sylt und an anderen Orten berichtet worden sind, dürfen nicht einfach hingenommen werden. Diesen Personen muss immer wieder deutlich gemacht werden, wie diese als Partyscherz getarnten Aussagen bei anderen Menschen wirken – nämlich verletzend“, erklärte El Samadoni.Besonders war im Berichtszeitraum ein Fall von Antiziganismus, der die diskriminierende Person im Ergebnis vor Gericht einen Schadensersatz in Höhe von 1.000€ kostete. Die Petentin ist Vertreterin einer Organisation von Angehörigen der deutschen Minderheit der Sinti. Sie wollte im Rahmen einer Vortragsreihe ein Hotelzimmer für einen Gastredner buchen und gab auch den beruflichen Kontext klar zu erkennen, indem der Verein genannt wurde, dem sie vorstand, und über diesen auch die Kostenabrechnung laufen sollte. Der Betreiber des Hotels weigerte sich, berief sich auf vermeintliche schlechte Erfahrungen mit einem Mann gleichen Nachnamens und 3wollte später nicht mehr gewusst haben, dass es sich für ihn erkennbar um eine Vertreterin einer deutschen Minderheit gehandelt habe, trotz ausdrücklicher Nennung. Da der Vorgang umfangreich verschriftlicht worden ist und auch ein Vermittlungsangebot der Antidiskriminierungsstelle ausgeschlagen worden ist, kam es zu einem gerichtlichen Termin und zu einer Verurteilung.Die Antidiskriminierungsstelle hat auch in diesem Bericht wieder mehrere Anregungen und Empfehlungen aufgenommen. So sieht die Dienststelle zwingend eine Ergänzung des AGG im Hinblick auf die Aufnahme des Vereinslebens in den Schutzbereich des Gesetzes vor. Im Berichtszeitraum wurden immer wieder Probleme z.B. bei der Vergabe von Kleingartenparzellen gemeldet. Hier konnte die Antidiskriminierungsstelle in einen sehr guten persönlichen Austausch mit dem Landesverband der Kleingartenvereine Schleswig-Holstein e.V. gehen und gegenseitige Unterstützung bei zukünftigen Fällen und Schulungsangebote vereinbaren.Die Antidiskriminierungsstelle des Landes Schleswig-Holstein berät telefonisch von Montag bis Freitag zwischen 9.00 und 15.00 Uhr und mittwochs bis 18.30 Uhr unter der 0431-988 1240.