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18.06.25 , 15:59 Uhr
FDP

Annabell Krämer zu TOP 4 "Große Anfrage 'Förderprogramme in Schleswig-Holstein'"

18.06.2025 | Finanzen
Annabell Krämer zu TOP 4 "Große Anfrage 'Förderprogramme in Schleswig-Holstein'" In ihrer Rede zu TOP 4 (Große Anfrage „Förderprogramme in Schleswig-Holstein“) erklärt die stellvertretende Vorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Annabell Krämer:
„3.033-mal – so häufig kommt auf den 211 Seiten die Angabe ‚Keine Antwort‘ vor. Hinzu kommen noch ‚nicht bekannt‘, ‚keine systematische Erfassung‘ oder ‚Fehlanzeige‘. Die Aufzählung ist im Übrigen nicht abschließend.
Wir haben diese große Anfrage nicht gestellt, um die Verwaltung zu beschäftigen – wir wissen, wie viel Arbeit eine solche Anfrage macht. Wir haben sie gestellt mit einem ernsthaften Anliegen: Erkenntnisgewinn. Eine wesentliche Erkenntnis, die wir wohl gewinnen mussten, ist die, dass die Landesregierung nicht im Ansatz durch ihren eigenen Förderdschungel durchsteigt.
Aber fangen wir vorne an: In 2022 forderte der Finanzausschuss mit Drs. 20/3622 die zuständigen Ressorts auf, geförderte Maßnahmen zukünftig aktiver zu begleiten, den Mittelabfluss zu überwachen und insbesondere den antragsentsprechenden Mitteleinsatz zu kontrollieren. Außerdem bat der Finanzausschuss das Finanzministerium zu prüfen, inwieweit durch Bündelungen von Zuständigkeiten und weitere Verfahrensvereinfachungen gerade bei zeitkritischen Förderprogrammen die Abläufe noch einfacher und verwaltungseffizienter angelegt werden können. 
In den Bemerkungen des Landesrechnungshofes der letzten Jahre und nun auch ganz aktuell wird immer wieder Kritik an Förderungen geübt: In 2023 wird aufgezeigt, dass Doppelförderungen zu spät erkannt wurden. In 2024 wird das Klimaschutz-Programm für Bürgerinnen und Bürger kritisiert, denn der Nutzen für das Klima bleibt unbekannt. In 2025 äußert der Landesrechnungshof beim DigiBonus-Programm in zahlreichen Fällen Zweifel, dass die Mittel im Sinne des Zuwendungszwecks ausgegeben wurden. Er wies außerdem darauf hin, dass Doppelstrukturen anderer staatlicher Stellen vermieden werden sollten. 
Vor diesem Hintergrund haben wir eine große Anfrage gestellt. Wir wollten wissen:
Wie viele Förderprogramme gibt es in Schleswig-Holstein? Wie ist das Gesamtvolumen, das für Förderungen ausgegeben wird? Wie viel davon entfällt auf die EU- oder Bundesförderungen und wie viel muss das Land kofinanzieren? Wie hoch sind die Kosten, die mit der Abwicklung der Programme zusammenhängen und wie viel Bürokratie fällt an? Wer sind die Empfängergruppen? Wie digitalisiert sind diese Prozesse bereits? Welche Ziele werden damit verfolgt und werden diese Ziele damit auch erreicht? Gibt es Doppelförderungen, wie werden diese vermieden oder beseitigt? Gibt es Kumulierungsverbote? Aber vor allem: Steht hinter den vielen Einzelförderungen eine Strategie?
Statt eines umfangreichen Erkenntnisgewinns haben wir ein eindrucksvolles Dokument des politischen Scheiterns dieser Landesregierung erhalten. Das beginnt bereits damit, dass sich die Ressorts nicht auf eine Definition für den Begriff ‚Förderprogramm‘ einigen können. Während sich das Justiz-, das Innen-, das Umwelt, das Wirtschafts- und das Landwirtschaftsministerium abstimmten, legt das Bildungsministerium eine eigene Definition zugrunde und das Sozialministerium wendet gar keine an. Die Staatskanzlei wird in der Aufzählung nicht einmal erwähnt. Dabei bleibt es aber nicht. Das Finanzministerium nimmt sich völlig aus der Verantwortung, als hätte es mit den Förderungen nichts zu tun.
Sehr geehrte Frau Finanzministerin, Sie sind für den Haushalt insgesamt verantwortlich. Es ist Ihr Job, den Überblick zu behalten und gegebenenfalls zu lenken. Stattdessen hat das Finanzministerium nur die Auswertung vorgenommen, soweit die Ressorts Antworten geliefert haben. Und die Antworten wurden nicht immer geliefert. Die Beantwortung ist durchzogen von fehlenden Angaben und offen gebliebenen Fragen. Auch die Endredaktion hat offensichtlich nicht stattgefunden, ansonsten kann ich mir Antworten wie ‚Nein, und die Notwendigkeit, diese Fragen in der Häufigkeit zu wiederholen, erschließt sich mir nicht‘, kaum erklären. Insgesamt lässt sich über die gesamte Beantwortung feststellen, dass die Antworten wenig plausibel und die Belastbarkeit der Zahlen fragwürdig sind.
Das Land Schleswig-Holstein ist hoch verschuldet, finanziert sich jahrelang über Notkredite und nimmt weiter immer neue Schulden auf. In angespannten Haushaltszeiten, in denen Lehrerstellen gestrichen werden und über Minimalbeträge im Opferschutz, beim Blindengeld oder für Tierheime diskutiert werden muss, sollte es selbstverständlich sein, alle Ein- und Ausgabenbereiche einer Überprüfung zu unterziehen. Dass die Landesregierung in völliger Unkenntnis darüber ist, welches Gesamtvolumen die Förderprogramme ausmachen, welche Bürokratie dahintersteht und wie viel Personal damit befasst ist, ist unverantwortlich. Dass diese Antworten durchaus gegeben werden können, zeigt eine vergleichbare große Anfrage in NRW.
Aber auch die Zahlen und Antworten, die wir bekommen haben, sprechen für sich: Die Anzahl der Förderprogramme hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. Aber alleine in dieser Wahlperiode sind rund 19 Prozent der Förderprogramme neu hinzugekommen. Das sind 62 neue Förderprogramme, die alleine durch diese Regierung neu aufgelegt wurden. Eines meiner Lieblingsprogramme ist dabei die Förderung von Maßnahmen zur Steigerung der Biodiversität im Tourismus. Auch wenn dieses Programm pro Jahr ‚nur‘ 150.000 Euro ausmacht, zeigt dieses Programm die absurden Auswüchse der Förderpolitik: Hiermit fördert der Steuerzahler nämlich unter anderem naturnahe Heckenbepflanzung oder das Aufstellen von sogenannten Insektenhotels bei Gastronomen und Beherbergungsbetrieben. Ich schätze, die meisten Gastronomen stehen aktuell vor ganz anderen Herausforderungen – aber da sprechen wir nachher drüber. Das ist allerdings eines der Programme, das ausschließlich in Papierform beantragt werden konnte. Und es ist lange nicht das einzige.
Für 37 Prozent der Förderprogramme können die Anträge ausschließlich in Papierform gestellt werden. Was das für skurrile Auswirkungen haben kann, erlebten wir Ende letzten Jahres, als sich die Vertreter der Kommunen vor den Briefkästen der IB.SH bis um Mitternacht die Beine in den Bauch standen. Und das alles, weil die ‚Förderung‘ des Ganztagsausbaus völlig überzeichnet ist. Was das an Bürokratiekosten – auch auf kommunaler Ebene – bedeutet, ist wieder einmal unklar. Das ist aber nur eines der vielen Förderprogramme, die den Kommunen ‚zugutekommt‘. Insgesamt sind bei 32 Förderprogrammen alleine die Kommunen antragsberechtigt. Häufig mit erheblichem Aufwand dahinter. In 2025 ist gerade wieder eins dazu gekommen: zur Ortskernentwicklung. Ein nachvollziehbares Anliegen. Ich werde aber einmal kurz darstellen, welche Anforderungen an die Voraussetzungen gestellt werden:
Die Ortskernentwicklungskonzepte müssen
eine Kurzbeschreibung des Gemeindegebiets bzw. der Gemeindegebiete beinhalten, eine Analyse der Stärken und Schwächen des Gebiets beinhalten, eine Darlegung der Entwicklungsstrategie und der wichtigsten Projekte beinhalten, die Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Gemeinde, den Ort oder den Kooperationsraum darstellen, eine Erhebung des Innenentwicklungspotenzials bzw. Ansätze zur Verminderung der Flächeninanspruchnahme beinhalten und die Möglichkeiten der Digitalisierung und Datennutzung berücksichtigen sowie unter Einbindung thematisch relevanter Akteure und der Bevölkerung erstellt werden.
Und das steht nur exemplarisch für etliche bürokratielastige Verfahren. Rund 17 Prozent der Förderprogramme stellen Kleinstförderungen dar mit bis zu 1.000 Euro je Fördergegenstand. Naturgemäß haben diese Förderungen einen hohen Bürokratieaufwand. Die Landesregierung ist jedoch weder in der Lage, den Bürokratieaufwand der Landesverwaltung noch den der Antragsteller zu benennen. Gerade unsere Kommunen, die ohnehin finanziell am Limit sind, sollten dringend entlastet statt durch komplizierte Anforderungen noch zusätzlich belastet werden.
Ich könnte noch weiter ausführen, aber die Zeit habe ich nicht. Festzuhalten bleibt, dass es dringend an der Zeit ist, den Förderdschungel in Schleswig-Holstein zu lichten. Es braucht eine politische Strategie mit klar definierten und vor allem messbaren Zielen. Das Finanzministerium muss seinem Namen gerecht werden und den Überblick behalten. Es braucht daher ein zentrales Fördermittelmanagement in Schleswig-Holstein zur Steuerung der Ziele, zur Vermeidung von Doppelförderungen und für das Controlling. Und zuletzt braucht es ein einheitliches Antrags- und Bearbeitungsportal innerhalb der Landesverwaltung. Wir werden Sie nicht aus der Pflicht lassen.“
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.



Annabell Krämer Sprecherin für Finanzen, Haushalt, Sport, Tierschutz, Tourismus, Frauen, Gleichstellung


Kontakt: Eva Grimminger, v.i.S.d.P. Pressesprecherin
Tel.: 0431 988 1488 fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de



FDP-Fraktion Schleswig-Holstein, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: www.fdp-fraktion-sh.de

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