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18.06.25 , 17:45 Uhr
B 90/Grüne

Nelly Waldeck zum Recht auf Kündigung wegen Eigenbedarfs

Presseinformation Nr. 25.163 18.06.2025
Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 6 – Sozialere Ausgestaltung des Rechts auf Kündigung wegen Eigenbedarfs
Dazu sagt die sozialpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Nelly Waldeck:
Mieter*innen vor kurzfristigen, taktischen Eigenbedarfskündigungen schützen Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
eigentlich folgt das Recht auf Kündigung wegen Eigenbedarfs einer einfachen Logik. Wer eine Wohnung vermietet, sie dann aber für sich selbst oder seine Familie benötigt, kann eine Kündigung aussprechen. Die Mieter*innenseite erhält dann eine angemessene Zeit, sich eine neue Wohnung zu suchen, abhängig von der bisherigen Mietdauer.
Doch immer mehr Menschen, die zur Miete wohnen, machen mittlerweile Bekanntschaft mit den Schwachstellen dieser Regelung. Nach jüngsten Zahlen des Mieterbundes Schleswig-Holstein ist die Zahl der Eigenbedarfskündigungen in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Schon beim flüchtigen Blick auf den Wortlaut von § 573 BGB wird klar, dass das Gesetz hier viel Interpretationsspielraum lässt:
Was heißt genau „benötigt“? Reicht auch ein Lagerschuppen oder Poolhaus als benötigt? Wie muss die „Not“ nachgewiesen werden und was passiert, wenn sich später herausstellt, dass sie doch gar nicht genutzt wurde?
Und welche Familienangehörigen? Bei der Tochter oder dem Bruder sicherlich kein Problem, aber darf man seine langjährigen Mietenden auch für den entfernten Cousin dritten Grades rauswerfen?
Über all das gibt es eine Vielzahl von Gerichtsurteilen und Literatur, doch die Rechtslage ist unübersichtlich. In einem derart angespannten Wohnungsmarkt, wie wir ihn auch in Schleswig-Holstein vielerorts haben, bietet diese Vorschrift keinen ausreichenden Schutz für Mieter*innen.
Die Vorschläge der Hamburger Bundesratsinitiative sind nach meiner Einschätzung vernünftig und ausgewogen, um das Gesetz klarer in der Anwendung und stärker in der Schutzwirkung zu machen, während gleichzeitig das Recht auf Eigenbedarfskündigung im Kern unangetastet bleibt.
Eine klarere Definition: Hamburg fordert, dass Eigenbedarf nur noch bei nachweislichem und ernsthaftem Wohnbedarf gelten soll. Damit werden vorgeschobene Interessen oder beispielsweise die Nutzung für eine Zweit- oder Ferienwohnung ausgeschlossen und der Missbrauch des Instruments deutlich erschwert. Dass eine Kündigung für die Nutzung als Ferienwohnung angesichts der heutigen Situation des Wohnungsmarktes noch zulässig ist, ist doch ehrlicherweise absurd.
Eine Sperrfrist bei Eigentümer*innenwechsel: Wer eine vermietete Wohnung gerade erst gekauft hat, darf nicht sofort wegen Eigenbedarf kündigen. So würde der gesetzliche Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“ angemessen geschützt.
Eine klare Regelung zu den Verwandtschaftsverhältnissen: Nur noch in gerader Linie, also Eltern, Kinder, Enkelkinder etc. Das wäre doch eine einfache, unkomplizierte und faire Regelung mit Blick auf landläufige Wertvorstellungen von Familienverantwortung.
Eine Begrenzung bei beruflich motiviertem Eigenbedarf: Hamburg möchte die Möglichkeit abschaffen, dass Firmen zugunsten ihrer Angestellten wegen Eigenbedarf kündigen können. Das ist auch richtig, Wohnen ist kein Betriebsvermögen.
Eine Verlängerung der Mindest-Kündigungsfrist auf sechs Monate: Dieser Punkt greift die angespannte Wohnungsmarktlage auf und ermöglicht es den Rausgeworfenen, länger nach einer neuen Wohnung zu suchen. Wer in den letzten Jahren mal in der Situation war, beispielsweise in Kiel eine neue Wohnung zu brauchen, kann wohl kaum behaupten, dass das eine übertriebene Frist wäre.
Und schließlich: Eine Pflicht zur Angabe der voraussichtlichen Nutzungsdauer, auch das stärkt die Transparenz und schützt Mieter*innen vor kurzfristigen, taktischen Eigenbedarfskündigungen.
All das sind meiner Meinung nach absolut sinnvolle, ausgewogene und gut begründete Vorschläge. Sie stellen ein Gleichgewicht her zwischen berechtigtem Eigenbedarf und dem berechtigten Interesse, sein Zuhause nicht so einfach zu verlieren.
Doch seit Hamburg seine Initiative eingebracht hat, hat sich einiges verändert. Inzwischen liegt der Koalitionsvertrag der Bundesregierung vor. Und dieser greift die Überlegungen Hamburgs leider nicht auf. Keine Spur von einer Reform des Eigenbedarfsrechts. Keine Debatte um klarere Regeln. Kein Vorschlag für mehr Schutz vor Missbrauch.
Das hat auch die Hamburger Regierung erkannt und in Konsequenz den Antrag im Bundesrat auf unbestimmte Zeit vertagt. Ich würde mich trotzdem freuen, über die Vorschläge Hamburgs noch einmal im Ausschuss zu diskutieren.
Vielen Dank. ***
Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
T 0431 988 1503 M 0172 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de sh-gruene-fraktion.de

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