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19.06.25 , 17:57 Uhr
B 90/Grüne

Jasper Balke zur geschlechtssensiblen Medizin

Presseinformation Nr. 25.172 19.06.2025
Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 18 – Geschlechtssensible Medizin stärken Dazu sagt der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jasper Balke:
Vielfalt ist kein Risiko für die Medizin – sie ist ihre größte Chance Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, vor ziemlich genau einem Jahr fand die Auftaktveranstaltung des Sonderforschungsbereichs „Sexdiversity“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Audimax der Universität zu Lübeck statt. Darin kooperieren in 17 Einzelprojekten Medizin, Lebens- aber auch Sozial- und Geisteswissenschaften verschiedener Hochschulen und forschen zu einzelnen Ausprägungen des Körpergeschlechts, zu Verhalten, Genen, Chromosomen, Keimzellen und Keimdrüsen, um Erkenntnisse u.a. für ein besseres Verständnis von Gender und Diversity in der Medizin und der Versorgung zu erlangen. Momentan wird ebenfalls an der Universität zu Lübeck ein sogenanntes Core- Curriculum Diversity mit internationalen Expert*innen erarbeitet, dass die medizinischen Bedürfnisse unterschiedlicher Kulturen, People of Colour, Gender und Altersgruppen als festen, verpflichtenden Lehrinhalt für alle Studierenden der Humanmedizin fest verankern soll. Bis Ende dieses Jahres soll das Curriculum erstellt und im kommenden Jahr am Campus Lübeck implementiert und dabei natürlich auch evaluiert werden. Dieses Curriculum soll die bereits vorhandenen Curricularen Vorlesungen zu Geschlechtermedizin noch ergänzen und wird dazu beitragen, Lehre, Forschung, Wissenschaft und schließlich auch die Versorgung für alle Menschen zu verbessern. Und das ist auch absolut richtig und ich freue mich wirklich sehr, dass der neue Studiendekan Prof. Jost Steinhäuser dieses Thema so klar setzt, denn auch er weiß, dass wir endlich eine Medizin brauchen, die den Menschen in seiner individuellen Vielfalt betrachtet – und nicht an veralteten Standards misst. Doch leider ist noch zu häufig der Standardpatient ein jung bis mittelalter, weißer Mann – und das ist auch kein Zufall, sondern Ergebnis jahrzehntelanger Forschung, die den männlichen Körper zu lange als medizinische Norm behandelt hat. Die Realität ist die: Frauen, ältere Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, mit nicht-weißer Hautfarbe, trans* und intergeschlechtliche Personen, sie alle erleben eine medizinische Versorgung, die auf Daten und Standards basiert, die sie gar nicht repräsentieren. Wenn sich in der Europäischen Union über 80 Prozent der trans* und intergeschlechtliche Menschen im Gesundheitssystem nicht ausreichend versorgt und wiederfinden, dann ist das nicht nur diskriminierend oder gar ungerecht, sondern auch gefährlich. Und gerade weil das leider noch immer so ist, ist es so wichtig, mit Programmen und Projekten wie diesen voranzugehen. Darauf aufbauend wollen wir, dass das Thema in einer Landesgesundheitskonferenz mit allen beteiligten Akteur*innen bearbeitet wird und dass wir in Forschung, Lehre und Versorgung konsequent auf Diversität setzen. Konkret bedeutet das, in der Bevölkerung zu bestimmten Themen wie den hormonellen Veränderungen und daraus resultierenden notwendigen Ernährungsumstellungen während der Menopause zu sensibilisieren und Themen wie sexuelle Selbstbestimmung und reproduktive Gesundheit niedrigschwellig zu vermitteln. In der medizinischen Ausbildung müssen biologische und soziale Geschlechterunterschiede genauso thematisiert werden wie kulturelle, altersbezogene oder sprachliche Besonderheiten. Dazu brauchen wir in der Forschung viel breitere, diversere Datensätze, damit KI-Systeme keine diskriminierenden Biases, wie den Gender-Data- Bias oder gegen nicht-weiße Menschen weitertragen. In der Versorgung brauchen wir geschulte Fachkräfte, die erkennen, dass sich Symptome ganz unterschiedlich äußern können – je nach Alter, Herkunft, Geschlecht ob sozial oder biologisch oder Identität. Es muss allen klar sein, dass Diversity und Gendermedizin keine Nischenthemen mehr sind, ganz im Gegenteil. Denn die Medizin der absehbaren Zukunft, das ist die individuelle, die Präzisionsmedizin und dafür sind diese Themen der entscheidende Schlüssel und damit für bessere, gezieltere Therapien. Wir als Land unterstützen diesen Weg ganz klar. Vielfalt ist kein Risiko für die Medizin – sie ist ihre größte Chance. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Diversität ist kein Modethema. Sie ist die Antwort auf ein zentrales Problem unserer Zeit: Dass zu viele Menschen durch die Maschen eines Gesundheitssystems fallen, das für andere gebaut wurde. Wenn wir Präzisionsmedizin, die individualisierte Medizin der Zukunft ernst meinen, dann müssen wir auch die Vielfalt unserer Gesellschaft ernst nehmen. Davon profitieren übrigens alle Menschen, denn durch mehr wissenschaftliche Erkenntnisse, umfangreichere Forschung und ein tieferes Verständnis komplexerer Abläufe im menschlichen Körper wird mehr möglich im Bereich Arzneimittel und Standardtherapien. Eine individualisierte, gerechte, zukunftsfähige Gesundheitsversorgung gelingt nur dann, wenn wir aktiv nicht nur den Standardkörper, sondern alle Menschen mitdenken – es bleibt noch viel nachzuholen aber in Schleswig-Holstein sind wir auf einem guten Weg. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! *** Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
T 0431 988 1503 M 0172 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de sh-gruene-fraktion.de

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