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20.06.25 , 12:19 Uhr
SPD

Birte Pauls zu TOP 27: Hausärzte kennen ihre Patienten

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 20. Juni 2025
Birte Pauls Hausärzte kennen ihre Patienten TOP 27: Bericht zur Einführung eines verpflichtenden Primärarztsystems (Drs. 20/3311)
"Frau Petersen hat plötzlich auftretende Nacken- und Rückenschmerzen. Sie besucht die Akutsprechstunde eines Orthopäden. Nach einigen Stunden Wartezeit wird sie vom Orthopäden untersucht, der keine krankhafte Veränderung feststellen kann und ihr Entspannungsübungen empfiehlt.
Frau Petersen geht es schlechter, sie geht zu ihrer Hausärztin. Diese schreibt mit dem Wissen um ihre Krankengeschichte sofort ein EKG, das auf eine Durchblutungsstörung am Herzen hinweist. Frau Petersen wird ins Krankenhaus eingewiesen, bekommt eine Herzkatheteruntersuchung. Sie wird mit 3 Stents versorgt und ist somit einem schweren Herzinfarkt entgangen, der evtl. hätte tödlich enden können.
Das war jetzt ein erneutes Plädoyer für geschlechtersensible Medizin und der Unterschiedlichkeit von Symptomen bei Frauen und Männern. Das war auch ein Plädoyer für die Elektronische Patientenakte. Das war aber ganz besonders ein Plädoyer für das Primärarztsystem!
Die Hausärzte kennen ihre Patienten. Berichte von Fachärzten, Krankenhausaufenthalten und Laborergebnisse sind dort gebündelt. Sie haben so die Möglichkeit, die Situationen ganzheitlich besser einzuschätzen, als eine isoliert betrachtende schmerzende Schulter. Diese Regelung ist nicht neu. Mit der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV), an der mehr als 10 Millionen Versicherte freiwillig teilnehmen, gibt es sehr gute Erfahrungen.
Viele Gesundheitswissenschaftler*innen verweisen auf Studien, wonach Länder mit Primärarztsystemen bessere Ergebnisse bei der Patientenversorgung erzielen und zwar bei niedrigeren Kosten.
Deutschland leistet sich das teuerste Gesundheitswesen der EU, nirgends gibt es so viele Patienten-Arztkontakte und trotzdem schneiden wir bei vielen Qualitäts-Kennzahlen nur mittelmäßig ab. Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene sieht deshalb die Einführung eines verpflichtenden Primärarztsystems vor.


1 Viele Menschen beschweren sich darüber, dass sie oft Monate auf einen Facharzttermin warten müssen, es sei denn sie sind privatversichert. Dann geht es erstaunlicherweise oft ganz schnell… Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung gem. § 75 Abs. 1 S. 1 SGB V sicherzustellen. Deshalb wurde die Patientenservicenummer 116117 ursprünglich eingerichtet.
Hinzu gekommen ist die Terminservicestelle, die sich zunehmender Beliebtheit bzw. Notwendigkeit erfreut. Die Vermittlung eines Facharzttermines zur Ersteinschätzung kann somit sichergestellt werden. Eine Behandlungsgarantie ist das aber noch lange nicht. Aus der Ärzteschaft gibt es zur Einführung des Primärarztsystems durchweg positive Zustimmung. Es gibt aber auch kritische Hinweise, z.B. bei der Behandlung von chronischen Erkrankungen, die regelmäßig ambulant fachärztlich betreut werden müssen. Hierfür braucht es eine bürokratiearme Lösung wie z.B. die Organisation eines gemeinsam behandelnden Ärzteteams, wie es auch von den Ersatzkassen vorgeschlagen wird. Ich sehe allerdings eine weitere Herausforderung nämlich die Verfügbarkeit von Hausärztinnen und Hausärzten.
Wir wissen, dass in Schleswig- Holstein ca. 30% der Hausärzte über 60 Jahre alt sind. Zwar gibt es derzeit in keinem anderen Flächenland weniger unbesetzte Hausarztstellen als hier, aber darauf können wir uns nicht ausruhen, denn der Rentenboom steht uns erst noch bevor. Neben der Verantwortlichkeit der Kassenärztlichen Vereinigung braucht es deshalb auch politische Steuerung. Das vermisse ich bei dieser Landesregierung. Es betrifft hauptsächlich den ländlichen Raum, obwohl viele Arztpraxen auch in den Städten jetzt schon Aufnahmestopp haben.
Wir schlagen die Errichtung von kommunalen medizinischen Versorgungszentren für die Sicherstellung der hausärtzlichen Versorgung vor. Einige haben sich schon auf den Weg gemacht oder sind in Planung, wie z.B. die Gemeinden Silberstedt und Brodersby im Kreis Schleswig- Flensburg. Damit dürfen wir die Gemeinden allerdings nicht alleine lassen. Denn ehrenamtliche Gemeindevertretungen stehen vor schweren Entscheidungen, wenn es um Kita, Feuerwehren und Straßen geht.
Die Sicherstellung von Gesundheitsversorgung gehört bislang nicht zu den beschriebenen und damit finanzierten Aufgaben der Kommunen. Aber trotzdem fühlen sie sich verpflichtet, die medizinische Versorgung ihrer Bürgerinnen und Bürger wohnortnah zu sichern.. Die Erfahrungen der im Land bereits vorhandenen kommunalen MVZ zeigen, dass sie ein sehr gutes Angebot besonders für jüngere Ärztinnen und Ärzte sind, die zum Anfang ihrer Berufslaufbahn die hohen Ausgaben für die Übernahme einer Praxis scheuen.
Außerdem möchten die meisten zu Beginn gerne angestellt sein und im Team arbeiten. Eine spätere Selbstständigkeit ist ja nicht ausgeschlossen. In Büsum ist genau dieser Übergang sehr gut gelungen.



2 Lassen Sie uns auch mit Hinblick auf die anstehende Krankenhausstrukturreform und die dringend notwendige engere Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung das Primärarztsystem als große Chance zur Sicherung der medizinischen Versorgung sehen."



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