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Sophia Schiebe zu TOP 35: Jedes fünfte Kind in Schleswig-Holstein ist armutsgefährdet
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 20. Juni 2025Sophia Schiebe Jedes fünfte Kind in Schleswig-Holstein ist armutsgefährdet TOP 35: Bericht zur sozialen Situation von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein (Drs. 20/2993)"Für Tausende Kinder in Schleswig-Holstein ist Armut kein abstrakter Begriff, sondern tägliche Realität. Sie leben nicht in Sicherheit, sondern im Mangel. Nicht im Aufbruch, sondern in der Sorge. Und das – in einem der reichsten Bundesländer eines der reichsten Länder der Welt!Dieser Bericht liest sich wie eine Anklage. Und er ist eine. Eine Anklage gegen die Gleichgültigkeit, mit der wir als Politik auf diese Notlage häufig noch reagieren. Denn während wir über Haushaltszahlen, Schuldenbremsen und Zuständigkeiten diskutieren, wächst eine ganze Generation in Unsicherheit und Perspektivlosigkeit auf.Jedes fünfte Kind in Schleswig-Holstein ist armutsgefährdet. Jedes dritte Kind mit alleinerziehendem Elternteil lebt in prekären Verhältnissen. In Flensburg sind es über 40 %. In Neumünster über 37 %. Diese Zahlen sind nicht nur eine Statistik – sie sind das Gesicht eines gescheiterten Anspruchs. Unser Anspruch war es doch, Kindern eine faire Chance zu geben, unabhängig von Herkunft und Einkommen. Wo ist dieser Anspruch geblieben?Armut bedeutet für ein Kind: Kein warmes Mittagessen in der Schule. Kein Geld für Nachhilfe. Keine Geburtstagsfeier bei Freund*innen, weil die Eltern sich das Geschenk mal wieder nicht leisten können. Keine Sportvereine, keine Ausflüge, kein Urlaub.Und wissen Sie, was noch? Es bedeutet Scham. Selbstzweifel. Ausgrenzung. Rückzug. Armut hinterlässt Spuren – in Herzen, in Biografien, in ganzen Stadtteilen. Und wenn wir nicht jetzt handeln, dann sind das die Spuren, die unsere Zukunft prägen werden.Denn soziale Ungleichheit ist nicht einfach da – sie wird gemacht. Sie ist das Ergebnis politischer Entscheidungen. Und genau deshalb können wir sie auch verändern.Was braucht es jetzt:Erstens: Wir brauchen eine echte Kindergrundsicherung! Nicht ein Flickenteppich aus Zuschüssen, sondern ein verlässliches, gerechtes Instrument, das Armut verhindert und nicht nur 1 verwaltet. Die Landesregierung muss sich dafür stark machen – mit Modellprojekten, mit Initiativen im Bundesrat, mit Druck und Vision.Zweitens: Wir brauchen gebührenfreie Kitas – für alle. Bildung beginnt nicht in der ersten Klasse, sondern in der Krippe. Und wenn ein Kita-Platz immer noch mit Kosten verbunden ist, dann ist das keine Wahlfreiheit – das ist Ausgrenzung. Schleswig-Holstein hinkt hier hinterher. Es ist nicht hinnehmbar, dass immer noch zu viele Familien vor der Frage stehen: Kann ich mir Betreuung überhaupt leisten? Wir haben dazu mehrere Anträge gestellt, um unsere Familien hier konkret zu entlasten. Alle wurden von ihnen, schwarz-grün, abgelehnt.Drittens: Jugendhilfe muss gestärkt werden – finanziell und strukturell. Die Fachkräfte in der Jugendhilfe leisten Großartiges. Aber sie arbeiten am Limit. Wir brauchen mehr Schulsozialarbeit, mehr Sozialarbeiter*innen, niedrigschwellige Angebote, Orte der Begegnung. Das alles ist kein Luxus – es ist ein Menschenrecht auf Teilhabe! Doch auch hier kaum Bekenntnisse seitens der Landesregierung.Viertens: Wir brauchen endlich langfristige Strategien statt kurzfristiger Symbolpolitik. Was wir in der Kinder- und Jugendpolitik nicht mehr brauchen, ist Projekteritis wie bei den kommunalen Präventionsketten zum Beispiel. Dieses ständige An- und Abschalten kleiner Modellversuche, die nach zwei bis drei Jahren wieder verschwinden, weil Fördergelder auslaufen. Kinder und Jugendliche brauchen Verlässlichkeit, nicht ständig wechselnde Anker. Sozialarbeit funktioniert nicht im Jahresrhythmus, sondern im Aufbau von Vertrauen über viele Jahre. Prävention braucht Zeit. Bindung braucht Zeit. Entwicklung braucht Zeit.Fünftens: Wir müssen Kinder und Jugendliche selbst zu Wort kommen lassen! Ihre Erfahrungen, ihre Sorgen, ihre Ideen – sie gehören nicht nur in Fußnoten, sondern ins Zentrum politischer Entscheidungen. Es reicht nicht, Beteiligung auf Plakate zu schreiben. Wir brauchen echte Beteiligung – in Schulen, Kommunen, in Parlamenten.Liebe Kolleg*innen, dieser Bericht ist kein Abschlussdokument. Er ist ein Auftrag. Und er ist ein Weckruf. Wer heute in Schleswig-Holstein aufwächst, sollte nicht durch Armut in seiner Entwicklung eingeschränkt werden. Kinder sind nicht arm, weil ihre Eltern versagen – sondern weil wir als Gesellschaft nicht bereit sind, gerecht zu handeln.Die Frage ist nicht, ob wir es uns leisten können, Kinderarmut zu bekämpfen. Die Frage ist, ob wir es uns leisten können, es nicht zu tun. Denn jeder Euro, den wir heute in Bildung, Gesundheit und Teilhabe investieren, spart uns morgen soziale Folgekosten – und sichert ein stabiles, friedliches Miteinander." 2