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Sophia Schiebe zu TOP 38: Inklusion beginnt nicht erst in der Schule
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 20. Juni 2025Sophia Schiebe Inklusion beginnt nicht erst in der Schule TOP 38: Bericht zur Umsetzung und Arbeit der Kompetenzteams Inklusion (Drs. 20/2579, 20/3229)"Stellen Sie sich ein Kind vor, das morgens in die Kita kommt – aufgeregt, voller Neugier, aber mit einem Rucksack, der unsichtbar ist: Entwicklungsverzögerungen, ein noch nicht gestellter Förderbedarf, eine chronische Erkrankung, oder schlicht: kein Wort Deutsch, weil das Kind erst vor wenigen Monaten in diesem Land angekommen ist.Und nun stellen Sie sich eine Erzieherin vor, die dieses Kind willkommen heißt. Die versucht, es einzubinden, zu fördern, zu beruhigen – während sie gleichzeitig viele andere Kinder betreut, mit Eltern spricht, Konflikte moderiert, Dokumentationen schreibt. Sie will das Beste geben. Sie weiß, was Inklusion bedeutet. Aber sie weiß auch: Allein schafft sie das nicht.In dieser Realität bewegt sich die frühkindliche Bildung jeden Tag. Es ist eine Realität voller Engagement, aber auch voller Überforderung. Und genau hier setzt die Idee der Kompetenzteams Inklusion an – als Unterstützung, als Impuls, als Struktur, die Fachkräfte nicht allein lässt mit einer Aufgabe, die unsere gesamte Gesellschaft betrifft.Dass diese Teams jetzt landesweit aufgebaut werden, ist ein längst überfälliger Schritt. Endlich wird anerkannt: Inklusion beginnt nicht erst in der Schule, sondern viel früher. In der Kita werden nicht nur erste Bildungsgrundlagen gelegt – dort lernen Kinder, wer sie sind und ob sie dazugehören.Wenn wir also wollen, dass Kinder mit unterschiedlichen Startbedingungen gleichberechtigt aufwachsen, dann müssen wir die Kitas befähigen, wirklich inklusiv zu arbeiten – nicht nur auf dem Papier, sondern im Alltag.Die Kompetenzteams können dabei eine wichtige Rolle spielen. Sie können helfen, Barrieren zu erkennen, pädagogische Konzepte weiterzuentwickeln, Fachkräfte zu qualifizieren, Träger zu vernetzen. Aber damit diese Wirkung entstehen kann, braucht es mehr als gute Absichten. Es braucht ein Fundament, das trägt – und das derzeit in den Kitas in Schleswig-Holstein noch fehlt.Denn viele Fachkräfte fühlen sich allein gelassen. Mit der Verantwortung, mit dem Anspruch, mit den individuellen Herausforderungen, die jedes Kind mitbringt. Und sie erleben Tag für Tag, wie 1 groß die Lücke ist zwischen dem, was sie tun wollen – und dem, was sie tatsächlich leisten können.Wenn Kitas über Monate auf heilpädagogische Unterstützung warten. Wenn Kinder mit erhöhtem Förderbedarf keinen geeigneten Platz finden. Wenn Eltern verzweifeln, weil sie merken, dass ihr Kind eigentlich Hilfe braucht, aber das System zu langsam ist, zu fragmentiert, zu unübersichtlich.Dann reicht es eben nicht, liebe Landesregierung, nur punktuell zu beraten. Dann braucht es ein Umdenken in der Struktur – eine Kultur, in der Inklusion nicht als Ausnahmefall, sondern als Normalität verstanden wird.Es reicht auch nicht, gute Konzepte zu formulieren, wenn die Bedingungen vor Ort nicht stimmen. Viele Kitas arbeiten längst an der Belastungsgrenze. Inklusion kann nur gelingen, wenn es ausreichend Fachkräfte gibt, wenn multiprofessionelle Teams Alltag werden – und nicht nur Wunschdenken. Und diese Voraussetzungen sind durch das aktuelle Kita-G nicht gegeben.Und es kann auch nicht sein, dass Inklusion immer wieder vom Engagement einzelner abhängt. Dass es die besonders motivierte Kita-Leitung ist, die sich traut, neue Wege zu gehen. Oder der Erzieher, der sich nebenbei weiterbildet, weil er keine Ruhe findet, wenn er einem Kind nicht gerecht wird. Nein – wir brauchen Strukturen, die es allen ermöglichen, inklusiv zu arbeiten. Nicht nur den Überzeugten, sondern allen, die in diesem Feld Verantwortung tragen.Es geht hier um mehr als Betreuung. Es geht um das Recht jedes Kindes, gesehen und angenommen zu werden – so wie es ist. Mit seinen Stärken, mit seinen Schwächen, mit seiner Geschichte. Und es geht um die Frage, ob wir als Gesellschaft bereit sind, aus der Vielfalt unserer Kinder kein Problem zu machen – sondern einen Reichtum.Die Kompetenzteams Inklusion können uns dabei helfen. Sie sind ein Werkzeug. Aber das Ziel ist größer: Es geht um eine frühkindliche Bildung, die nicht sortiert, sondern verbindet. Die nicht ausschließt, sondern einlädt. Die nicht nur Kinder mit Behinderung meint, sondern alle Kinder, die aus irgendeinem Grund am Rand stehen.Ob die Kompetenzteams eine umfassende Wirkung entfalten, hängt weniger von ihrer fachlichen Qualität ab – die zweifellos vorhanden ist – als von der politischen Bereitschaft, Inklusion nicht nur als pädagogisches Ziel, sondern als Grundvoraussetzung für Bildungsgerechtigkeit zu behandeln.Es liegt jetzt an der konkreten Ausgestaltung: an Ressourcen, an Rahmenbedingungen, an Verlässlichkeit. Davon wird abhängen, ob Inklusion in den Kitas gelingen kann – oder ob sie weiter an strukturellen Grenzen scheitert. Und damit Inklusion eines Tages gelingen kann, braucht es einer intensiveren Auseinandersetzung. Daher beantrage ich den Bericht in den Sozialausschuss zu überweisen." 2 3