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Dr. Kai Dolgner zu TOP 14: Der Drang zum Zwang ist eine Innovationsbremse
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 24. Juli 2025Dr. Kai Dolgner Der Drang zum Zwang ist eine Innovationsbremse TOP 14: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des „Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften“ (Drs. 20/3467, 20/xxx)„Heute muss ich freimütig zugeben: Ich habe mich geirrt. Noch im Januar hatte ich hier behauptet, dass Sie erst zur Landtagswahl unter dem Druck der Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker einknicken würden. Das muss ich zurücknehmen – Sie sind schon nach sechs Monaten eingeknickt.Aber Sie setzen ja gerne auf das Prinzip Dampflok: Irgendwie kommen wir schon durch, bei Hindernissen wird einfach eine Schippe Kohle draufgelegt. Schon im Gesetzgebungsverfahren waren Sie in Ihrer Selbstgewissheit kaum zu bremsen. Auch das Innenministerium sah in einem denkwürdigen Auftritt trotz intensiven Nachhakens der Opposition keinerlei Korrekturbedarf. Die schriftliche Anhörung mussten wir uns quasi erkämpfen. Und – oh Wunder – nach der Anhörung kamen dann umfangreiche Änderungsbedarfe aus dem Innenministerium, das vorher von seiner eigenen Perfektion überzeugt war.In einem Punkt wollten Sie aber partout nicht nachgeben: Sie wollten auf Teufel komm raus alle rund 1.100 Gemeinden binnen zwei Jahren zu hybriden Sitzungen verpflichten.Bedürfnisse und Möglichkeiten einer Kleingemeinde, wo sich die siebenköpfige Gemeindevertretung und auch mal im Wohnzimmer der Bürgermeisterin trifft, sind nun einmal andere als die einer Großstadt wie Kiel oder eines Kreises. Nach den komplexen Beratungen und hohen technischen wie rechtlichen Anforderungen an die digitale Teilnahme von Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertretern war klar, dass eine allgemeine, unterschiedslose Verpflichtung an der Realität zerschellen musste. Aber Sie wollten mit dem Kopf durch die Wand – und haben sich nun Ihre Beulen redlich verdient.Nun mussten Sie also die kommunalen Spitzenverbände halbwegs zur Vernunft bringen. Der Rechtsanspruch entfällt.Doch ganz lassen Sie es mit dem Zwang nicht. Wenn die „Voraussetzungen“ für hybride Sitzungen vorliegen, sollen die Kommunen eben doch verpflichtet werden. Und diesen „Drang zum Zwang“ lassen Sie sich – in dieser Lage – fünf Millionen Euro extra kosten. 1 Was sind denn diese Voraussetzungen? Und was passiert, wenn sie kurzfristig nicht mehr vorliegen? Sind sie schon nicht mehr erfüllt, wenn ein Gerät kaputtgeht oder eine Übertragung stockt? Wer muss wem nachweisen, woran es liegt? Auch Kommunalvertretungen sind leider keine störungsfreien Zonen. Als wir während Corona mit hybriden Sitzungen anfingen, waren diese weit entfernt von reibungslos. Und im Gegensatz zum Landtag, der im Fall einer Störung auf ein ganzes Landeshaus mit entsprechendem Personal zurückgreifen kann, steht einer Bürgermeisterin oder einem Bürgermeister wie in Königshügel diese Unterstützung eben nicht zur Verfügung.Wer betreut und baut die Technik auf? In vielen Ämtern haben wir Probleme, überhaupt geeignetes IT-Personal zu finden. Wenn die beauftragte Person krank wird – liegen dann die Voraussetzungen nicht mehr vor? Müssen die anwesenden Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter dann erst Erste Computerhilfe leisten, bevor sie die Sitzung absagen?Ich bin gespannt, wie Sie diese Fragen rechtssicher mit Ihrem eigenen Entwurf lösen werden. Und da Sie immer noch nicht von Zwangselementen lassen können, befürchte ich, dass Sie erneut eine in vielen Fällen sinnvolle Möglichkeit torpedieren. Wer sich nicht in seiner kommunalen Selbstverwaltung zwingen lassen will, wird dann eben ganz auf hybride Sitzungen verzichten. Ihr Drang zum Zwang wird zur Innovationsbremse.“ 2