Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Jan Kürschner zum Fachkräftemangel in der medizinischen Versorgung im Justizvollzug
Presseinformation Nr. 25.210 24.07.2025Es gilt das gesprochene Wort!TOP 17 – Fachkräftemangel in der medizinischen Versorgung im Justizvollzug Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jan Kürschner:Der Beamt*innenstatus bringt den Beschäftigten höhere Jobsicherheit und klare Karrierewege Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete,die medizinische Versorgung von Gefangenen in unseren Justizvollzugsanstalten steht vor ernsten Herausforderungen. Ein erheblicher Fachkräftemangel im ärztlichen und pflegerischen Bereich bedroht mittlerweile die Gesundheitsversorgung hinter Gittern.Als Hauptursache wird klar benannt, dass die Vergütung des medizinischen Personals im Justizvollzug deutlich unter den Konditionen im freien Gesundheitswesen liegt. Mit anderen Worten: Ärzt*innen und Pflegekräfte verdienen in Kliniken und Praxen außerhalb oft erheblich mehr als im Vollzug. Hinzu kommt der allgemeine Fachkräftemangel im Gesundheitswesen sowie die besonderen, herausfordernden Arbeitsbedingungen im Justizvollzug. Trotz der Jobsicherheit im öffentlichen Dienst kann der Justizvollzug deshalb im Wettbewerb um qualifiziertes medizinisches Personal kaum noch bestehen.Diese Kombination aus geringer Attraktivität der Stellen und hohem Bedarf führt uns in eine gefährliche Lage: Offene Ärzt*innen- und Pflegestellen in den Gefängnissen bedeuten eine Gefährdung der Gefangenenfürsorge und letztlich auch der Sicherheit – denn gesunde Gefangene sind Voraussetzung für einen geordneten Vollzugsablauf und erfolgreiche Resozialisierung. Mit anderen Worten: Das ist an der Stelle ein „muss“.Vor diesem Hintergrund haben sich erfreulicherweise alle Fraktionen dieses Hauses auf den Antrag geeinigt. Danke an den Abgeordneten Timmer von der SPD für den ursprünglichen Aufschlag, mit dem eine Idee der Grünen aus Hamburg aufgegriffen wurde. Wir müssen die Attraktivität der medizinischen Tätigkeiten im Justizvollzug erhöhen, um dringend benötigte Fachkräfte zu gewinnen und zu binden. Kern des Antrags ist daher die Einrichtung eines neuen Laufbahnzweigs „Justizkrankenpflegedienst“. Damit soll den im Justizvollzug tätigen Pflegekräften die Möglichkeit eröffnet werden, den Beamt*innenstatus zu erlangen.Warum ist diese Verbeamtung des medizinischen Personals im Justizvollzug so wichtig? Zum einen können wir damit die finanzielle Attraktivität der Stellen verbessern. Die Einstufung in eine Beamt*innenlaufbahn ermöglicht Besoldungsstrukturen, die mit dem Gehaltsniveau außerhalb der Anstalt besser mithalten können. Zum anderen bietet der Beamt*innenstatus den Beschäftigten höhere Jobsicherheit und klare Karrierewege.In Hamburg hat man genau diesen Schritt bereits vor einiger Zeit unternommen – mit Erfolg. Dort wurde 2022 der Laufbahnzweig Justizkrankenpflegedienst eingeführt, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Rund 70 Pflegekräfte versorgen in Hamburg die Gefangenen; aufgrund einer geänderten Laufbahnverordnung können diese vormals angestellten Kräfte seitdem verbeamtet werden. Im September 2022 wurde bereits die erste Justizkrankenpflegerin offiziell zur Beamtin ernannt. Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina von den Grünen hat das treffend beschrieben:„Von der Verbeamtung profitieren beide Seiten. Für die Krankenpflegekräfte bedeutet das mehr Sicherheit und bessere Entwicklungsmöglichkeiten, für den Justizvollzug eine stärkere und langfristige Bindung von Pflegefachkräften.“Genau diese Win-win-Situation wollen wir nun in Schleswig-Holstein herstellen. Das Hamburger Vorbild zeigt uns, dass es geht – übernehmen wir also diese gute Praxis.Wenn ich schon hier zur Krankenpflege im Justizvollzug spreche, will ich auch noch einen weiteren Punkt erwähnen. Die medizinische Zwangsbehandlung psychisch erkrankter Gefangener ist nur in einem rechtlich engen Rahmen möglich. Dieser Rahmen ist aktuell zu eng und wirkt sich in der Praxis so aus, dass solche Behandlungen kaum stattfinden. Da geht es vor allem um Medikamentengabe zur Durchbrechung von Psychosen.Es ist menschenunwürdig, die Betroffenen in diesen schrecklichen Zuständen zu lassen, obwohl man sie behandeln könnte, und zwar großenteils unter Fixierung und alleingelassen. Wir haben ähnliche Probleme auch im PsychHG und Maßregelvollzugsgesetz.Wir müssen das Landesstrafvollzugsgesetz hier weiter entwickeln, um psychisch erkrankten Inhaftierten die notwendige Behandlung zukommen zu lassen. Selbstverständlich unter Wahrung rechtsstaatlicher Vorgaben – etwa durch eine verpflichtende richterliche Anordnung der Zwangsbehandlung, wie es das Gesetz bereits grundsätzlich vorsieht. Ziel muss eine Regelung sein, die humanitäre Fürsorge, die Rechte der Gefangenen und die Sicherheit in den Anstalten in Einklang bringt. Um es zu verdeutlichen: das Problem ist so groß, dass die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter in ihrem aktuellen Bericht das ausdrücklich zum Thema macht.Wir sehen: Eine gute gesundheitliche Versorgung im Justizvollzug ist keine Nebensache, sondern ein Kernbestandteil eines rechtsstaatlichen Strafvollzugs. Wir haben die Verantwortung, dass das Land ausreichend qualifiziertes Personal und zeitgemäße gesetzliche Rahmenbedingungen sorgen kann. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass unsere Justizvollzugsanstalten auch im medizinischen Bereich zukunftsfest aufgestellt sind – zum Wohle der Gefangenen, zur Entlastung des Personals und für mehr Sicherheit in unseren Anstalten. Ich bitte Sie daher um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.***Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 KielT 0431 988 1503 M 0172 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de sh-gruene-fraktion.de