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24.07.25 , 17:20 Uhr
B 90/Grüne

Nelly Waldeck zum autonomen Fahren

Presseinformation Nr. 25.215 24.07.2025
Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 19 – Autonomes Fahren strategisch voranbringen – Landeskonzept entwickeln Dazu sagt die mobilitätspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Nelly Waldeck:
Kräfte bündeln und Mittel für Innovationen effizient einsetzen Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen, ich hatte zwischenzeitlich Sorge, wenn wir als Regierungsfraktionen noch mit einem Strategievorschlag kommen, sorgen wir hier wieder für große Belustigung. Umso dankbarer bin ich, dass uns heute die Opposition zuvorkommt. In diesem Fall geht es um eine Strategie zum autonomen Fahren - oder ein Konzept. Die Idee fußt auf den Zahlen einer anderen Strategie, um die wir hier heiß gerungen haben: Die Strategie zur Beseitigung des Fachkräftemangels im öffentlichen Verkehr. Ich erinnere mich gut an die Debatte dazu. Nicht nur die Frage, ob der Beschluss dann wirklich umgesetzt wurde. Nein, vor allem die Debatte im Ausschuss, die sich, wenn man der SPD folgt, vor allem um die Frage drehte: Warum musste die arme Fachabteilung 57 Seiten zu Papier bringen, die die Situation ausführlich analysieren und einige sinnvolle Maßnahmen thematisieren, aber das Problem doch nicht in Gänze lösen können? Ist das nicht Zeitverschwendung? Und ich muss ganz ehrlich sagen: Ein paar Argumente der damaligen Debatte scheinen mir ganz gut auf diese Debatte übertragbar. Im ersten Schritt freue ich mich natürlich, dass die Zahlen aus dem Konzept schonmal eine Nutzung erfahren haben, nämlich Grundlage dieses Antrags zu sein. Aber dann frage ich mich doch schon: Was genau ist eigentlich Ziel dieses Konzepts? Zunächst sollen die Potentiale autonomer Fahrzeuge für die Klima- und Mobilitätsziele sowie für die Verkehrssicherheit systematisch analysiert werden. Allein die Google-Suche hat mir auf einen Schlag eine solche Potentialanalyse des VDI, des BMDV, von Bitkom, der TU Berlin und des DLR aufgezeigt. Und das waren nur die ersten sechs Treffer. Die Potentiale eines rechtlich geregelten, fertig erprobten autonomen Fahrens sind riesig, gar keine Frage. Menschliches Fehlverhalten reduzieren, effizienter und damit CO2-schonender fahren, weniger Personalbedarf - das sind alles super Aussichten. Nur frage ich mich: Kommen wir diesen Zielen auch nur einen Zentimeter näher, wenn wir sie noch einmal für Schleswig-Holstein analysieren? Ich habe da zumindest ein paar Bedenken. Wichtig ist ohne Zweifel, dass autonomes Fahren in den unterschiedlichen Einsatzmöglichkeiten gut erprobt wird und die offenen rechtlichen Fragen geklärt werden. Am Ende hängt die Einführung vor allem an der Frage der rechtlichen Genehmigung, der Zuverlässigkeit und Sicherheit, der Akzeptanz und der Kosten. Bei der rechtlichen Frage müssen wir insbesondere ethische Leitlinien miteinander vereinbaren. Bei der Frage der Zuverlässigkeit und Sicherheit braucht es mehr Erprobungen und Forschung. Und nur wenn die Kosten eines autonomen Fahrzeugs tatsächlich gegenüber Personalkosten einen Gewinn bringen, werden die Fahrzeuge auch in der Fläche ankommen. Das ist aktuell noch nicht der Fall. Ein großes Hemmnis ist tatsächlich auch das Vertrauen der Bevölkerung. Wenn ein autonomer Kleinbus in einem Dorf einen dicht frequentierten Takt fährt, aber die Leute im Dorf Sorge haben einzusteigen, hilft er leider der Mobilitätswende wenig. Erst wenn diese Herausforderungen gelöst sind, ergibt es Sinn, künftige Einsatzbereiche innerhalb Schleswig-Holsteins festzulegen. Doch bei diesen Fragen hilft die Strategie leider nicht. Die rechtlichen Fragen müssen bundesweit diskutiert werden und die Erprobung und Forschung findet statt, auch in Schleswig-Holstein. Mit der S21 haben wir eines der bundesweit einzigen Projekte im Personen besetzten Schienenverkehr, das mittels KI und moderner Sensorik bereits jetzt ohne Fahrer*in die Strecke nach Aumühle im S-Bahn Betrieb erprobt. In Malente-Lütjenburg haben wir das passende Gegenstück, die Erprobung autonomen Fahrens in kleinen Gefäßen auf einem sehr ländlichen Abschnitt, die gerade aufgebaut wird. Wirklich einzigartig ist außerdem die Erprobung von wassergebundenem öffentlichem Verkehr: Mit CAPTN haben wir in Kiel eine spannende Erprobung, die erstmals sogar ohne Begleitkapitän die Förde überqueren konnte. All diese Projekte tragen in ihrer Unterschiedlichkeit dazu bei, die Potentiale des autonomen Verkehrs zu erproben und in wenigen Jahren auch in Schleswig-Holstein eigenständig und rechtlich sicher realisieren zu können. Ja, es wäre schöner gewesen, diese Erprobungen in einem Zentrum für autonomes Fahren zu zentralisieren und gemeinsam mit der Metropolregion an der Entwicklung des autonomen Verkehrs gebündelt zu arbeiten. Dafür wurde 2022 zwischen den drei Ländern im Rahmen der Innovationsagentur gesprochen. Doch in der schwierigen Haushaltslage war die Kernfrage, ob es sinnvoll ist, ein neues Projekt mit hohen Geldern auf den Weg zu bringen oder die knappen Steuergelder lieber in die Projekte zu investieren, die aktuell laufen. Und so hat am Ende Hamburg mit etwas mehr steuerlichem Spielraum das Zentrum für autonomes Fahren übernommen. Jetzt, in nach wie vor schwieriger Haushaltslage, einfach ein zweites Zentrum mit gleicher Zielrichtung im Nachbarland zu gründen, ist genau das Gegenteil der eigentlichen Idee, nämlich Kräfte zu bündeln und Mittel für Innovationen effizient einzusetzen. Ich kann der Idee, jetzt einfach Hamburg hinterherzulaufen, deswegen leider wirklich wenig abgewinnen. Deswegen lehnen wir den Antrag heute ab. Vielen Dank. ***
Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
T 0431 988 1503 M 0172 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de sh-gruene-fraktion.de

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