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24.07.25 , 18:46 Uhr
SSW

Sybilla Nitsch: Wir brauchen keine Schein-Lösungen

Presseinformation Kiel, den 24.07.2025

Es gilt das gesprochene Wort


Sybilla Nitsch TOP 20 Kommunen unterstützen – Unterbringung von straffälligen Ausreisepflichtigen in Zuständigkeit des Landes umsetzen Drs. 20/3304

„Ich prophezeie Ihnen eine Brutstätte für Wut, Frust und Radikalisierung.“
Mich hat der Antrag von SPD und nun auch FDP irritiert zurückgelassen und ich muss sagen, durch diese Debatte ist es nicht besser geworden. Ich habe Sie ihrem Antragstext nach ursprünglich so verstanden: Sie wollen eine neue zentrale Einrichtung schaffen. Und zwar eine, in der ausschließlich ausreisepflichtige Straftäter und sogenannte Gefährder in Zuständigkeit des Landes untergebracht werden, um sie dann schnell abzuschieben. Die Widersprüche in Ihrem Antrag machen Sie meiner Meinung nach dabei selbst auf: Etwa wenn Sie sagen, dass der Landtag erst im Mai 2025, im Übrigen bei Enthaltung der SPD, die Voraussetzung geschaffen hat, dass das Land die Zuständigkeit für bestimmte Einzelfälle übernehmen kann, an deren – ich zitiere – „zügiger und sachgerechter Bearbeitung das Land ein herausragendes Interesse hat, etwa bei Mehrfachstraftäterinnen und -straftätern oder Ausländerinnen und Ausländern in Haft, deren Aufenthalt es zu prüfen und gegebenenfalls zu beenden gilt.“ Für mich sieht das so aus, als wäre Ihre vermeintlich neue Regelung bereits erfüllt, Sie wollen ihr aber keine Zeit gönnen, um Wirkung entfalten zu können. Oder wenn Sie sagen, man brauche eine Einrichtung für diejenigen Personen, die bereits in Haft sind. Nun ja, die sind ja bereits in einer Einrichtung. Und zwar in einer Haftanstalt. Ich kann nun aber die insistierenden Nachfragen des Abgeordneten Dürbrook in einer zurückliegenden Sitzung des Innen- und Rechtsausschuss besser einordnen. Mein Eindruck ist nur nicht, dass die Antworten, die sie im Juni von Seiten des Landkreistages bekamen, Ihren Antrag rechtfertigen. „Gewisse Personengruppen“ und Einzelfälle würden sehr viel Aufwand produzieren, so schilderte es der Geschäftsführer des Landkreistages. Straftäter, psychisch auffällige Personen oder die sogenannten Gefährder.

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Auch eine mögliche zentrale Unterbringung von Straftätern wurde angeschnitten, aber bei beiden Aspekten, so habe ich es vernommen, könne man auf den Bund warten, der bereits ein Ausreise- Arrest ins Spiel gebracht hat. Ausreise-Arrest – bis vor einem Jahr ein Fremdwort für mich. Doch CDU/CSU wiederholen die Idee seitdem in Politshows gebetsmühlenartig. Ausreise-Arrest, gedacht als zeitlich unbefristeter Ausreisearrest, bis die Menschen „freiwillig“ in ihr Herkunftsland zurückkehren oder die Abschiebung vollzogen werden kann. Deswegen frage ich mich schon: Wie lange wollen Sie die Menschen denn dort im Zweifel verwahren? Lassen Sie mich Ihnen sagen, ich weiß, wie das enden würde. Wir können das in Kærshovedgård oder Ellebæk in Dänemark sehen. Zentren nicht einmal für Straffällige oder Gefährder, einfach für alleinstehende abgelehnte Asylbewerber. Jahrelang leben diese Männer dort quasi im offenen Vollzug. Weil sie bei aller symbolischer Härte, die durch diese Zentren vermittelt werden soll, eben immer noch nicht abgeschoben werden können. Woran scheitern denn meist Abschiebungen? In den meisten Fällen an den Herkunftsländern. Daran, dass sie keine Pässe ausstellen oder die Menschen schlicht nicht zurücknehmen. Schon gar nicht wenn es um Straftäter oder Gefährder geht. Oder gucken wir auf die andere große Komponente, die man in diesem Zusammenhang nennen muss: Fast ein Fünftel aller Abgeschobenen sind Dublin-Fälle. Das Problem: Allein in Brandenburg kehren nach rbb-Informationen rund 72 Prozent dieser Fälle nach vier Wochen wieder ins Land zurück. Andere Bundesländer würden derartige Fälle nicht statistisch erfasst, heißt es in der Berichterstattung, für Schleswig-Holstein vermag ich das also gerade nicht beurteilen. Dublin ist und bleibt ein System mit großen Baustellen. Weitere Abschiebungshindernisse: fehlende Transportmöglichkeiten oder, Achtung, geschlossene Grenzen. Keine dieser Problemstellungen wird durch den vorliegenden Antrag geheilt. Da hilft Ihnen auch keine weitere Einrichtung, Abteilung oder Behörde. Für uns als SSW stellen sich daher vor allem zwei Fragen: Erstens: Erfüllen die von SPD und FDP aufgestellten Punkte eine Regelungslücke? Und da muss ich sagen, ich sehe in Ihrem Antrag nichts, was nicht schon längst durch die Abschiebehafteinrichtung abgedeckt wäre oder was seit kurzem durch die Änderung des Landesaufnahmegesetzes möglich ist. Ihr Antrag ist eine Schein-Lösung. Zweitens: Glauben Sie im Zweifel wirklich, es ist eine gute Idee, die von Ihnen nicht näher definierten Straftäter und Gefährder in einer nicht näher von Ihnen definierten Einrichtung über Jahre hinweg sich selbst zu überlassen? Ich prophezeie Ihnen eine Brutstätte für Wut, Frust und Radikalisierung. Wir lehnen den Antrag ab.
Hinweis: Diese Rede kann hier ab dem folgenden Tag als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek/ 3

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