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02.09.25 , 14:16 Uhr
SPD

Martin Habersaat: „In Anerkennung ihrer pädagogischen und fachlichen Kompetenzen stocken wir Ihre Klasse um drei Schüler auf.“ Mit dem Schuljahr 2025/26 kommen die Kürzungen in der Bildungspolitik bei den Menschen im Land an.

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
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PRESSEMITTEILUNG 149 – 02.09.2025
Martin Habersaat: „In Anerkennung ihrer pädagogischen und fachlichen Kompetenzen stocken wir Ihre Klasse um drei Schüler auf.“ Mit dem Schuljahr 2025/26 kommen die Kürzungen in der Bildungspolitik bei den Menschen im Land an. Am 8.9.2025 startet der Unterricht des neuen Schuljahres an den Schulen in Schleswig-Holstein. Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, gibt einen Ausblick, welche Veränderungen die bildungspolitischen Entscheidungen der vergangenen Monate nun für die Praxis bringen:
„In Anerkennung ihrer pädagogischen und fachlichen Kompetenzen stocken wie Ihre Klasse um drei Schüler auf“. So stand es auf einer Karikatur, die zur Zeit meines Referendariats im Lehrerzimmer der Sachsenwaldschule hing. Nicht gegendert, es war das Jahr 2004. Die neue Bildungsministerin scheint die Karikatur auch zu kennen, wie ihre Pressekonferenz zum Schuljahresbeginn verrät. Die Schülerzahlen steigen, der Unterricht wird zusammengestrichen. Gleichzeitig werden die Herausforderungen größer und die formulierten Ziele ambitionierter. Mehr Gewalt an Schulen? „Stärkung der Prävention“ (Rahmenkonzept 2035). Mehr Schulabbrüche? Sogar „nachhaltige Stärkung des Übergangs Schule-Beruf“. Schleswig-Holstein verliert eine Bildungsstudie nach der anderen? „Stärkung der Leistungskultur an Schulen“. Allerdings geschehen alle diese Stärkungen ohne zusätzliche Ressourcen, sie sollen sogar mit weniger Ressourcen geschehen. Oder sie geschehen nicht und bleiben reine Regierungsrhetorik. Rhetorik wie diese: Im Orientierungsrahmen beklagt der Staatssekretär den Zusammenhang zwischen familiärer Herkunft und Bildungserfolg. Wer es nicht bei der Klage belassen wollte, dürfte nicht ausgerechnet bei DaZ und an den Gemeinschaftsschulen am meisten kürzen. Und man müsste sich für die Kosten interessieren, die Eltern durch den Schulbesuch ihrer Kinder entstehen. Das tun CDU und inzwischen leider auch Grüne nicht. Logisch übrigens: Wer weniger Lehrkräfte braucht, weil er Stellen kürzt, hat weniger offene Stellen. Das ausschließlich als gute Nachricht darzustellen, geht an der Wirklichkeit an den Schulen vorbei.
Was auf jeden Fall geschieht: Mit dem Schuljahr 2025/26 kommen die Kürzungen der Günther- Regierung an allen Schulen an. Durch verschiedene Maßnahmen werden weniger Lehrkräfte eingesetzt. Dem Weniger an Lehrkräften steht dabei ein Mehr an Schüler:innen gegenüber. Prognose: weiter steigend bis 2035. Um trotzdem Lehrkräfte streichen zu können, wird die Unterrichtsversorgung abgesenkt. Dieser Wert beschreibt, wie viele Stellen einer Schule rechnerisch zur Verfügung stehen, unabhängig davon, ob diese besetzt sind oder nicht, ob mittel- oder langfristige Erkrankungen im Kollegium existieren oder nicht. Mit jeder Absenkung der Unterrichtsversorgung steigt die Wahrscheinlichkeit von Unterrichtsausfällen und -vertretungen. Diese stagnieren auf Rekordniveau von 12% in Schleswig-Holstein. Zudem werden die Lerngruppen in der Oberstufe vergrößert – ein Schritt, der bereits in den DaZ-Klassen (plus zwei Schüler:innen) vollzogen wurde und sicherlich an keiner Stelle für ein Mehr an individueller Förderung in den Lerngruppen sorgt. Auch Stunden werden gestrichen. In der Sekundarstufe I an den Gemeinschaftsschulen werden ab diesem Schuljahr sechs Wochenstunden weniger unterrichtet. An Gymnasien vier Wochenstunden weniger. Gekürzt wird quer durch die Fächerpalette. Das hat aber hoffentlich keinen Einfluss auf die „nachhaltige Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität“ bis 2035.


1 Die Grundschulen müssen ab diesem Schuljahr zudem Vergleichsarbeiten zur Erhebung der Lernausgangslagen (LeA.SH 1) durchführen, nachdem diese für die weiterführenden Schulen schon im letzten Jahr zur Pflicht wurden (LeA.SH 5). LeH.SH ergänzt damit die Vergleichsarbeiten VERA 3 und VERA 8. Für Lehrkräfte bedeutet die verpflichtenden Vergleichsarbeiten: Fortbildungen, Korrekturen, Rückmeldungen und zusätzliche individuelle Förderungen. Ressourcen bekommen sie dafür keine, weder bisher noch jetzt. Je nach erhobener Lernausgangslage ändert sich am Lehrplan oder an den für die Klasse zur Verfügung stehenden Ressourcen übrigens: nichts. Wenn also eine Lehrkraft in Klasse 5 feststellt, dass mehr als die Hälfte der Schüler:innen nicht die erwartete Ausgangslage mitbringen, bleibt sie mit dem Ergebnis allein. Aber es ist wohl ein Beitrag zu „nachhaltiger Ausbau datengestützter Schulentwicklung“.
Dieses Schuljahr ist das letzte vor dem Recht auf Ganztag ab Klasse 1und bis zum zusätzlichen Jahrgang an den Gymnasien durch die Rückkehr zu G9. Gleichzeitig ist es das letzte Jahr des dreijährigen Modellprojekts zu schulischen Verwaltungskräften. Für die fünf Modellschulen bedeutet das hoffentlich nicht auch das letzte Jahr mit zusätzlicher Unterstützung in der Verwaltung. Apropos zusätzliche Unterstützung: das vom Bildungsministerium schon seit mehreren Monaten angekündigte Konzept für multiprofessionelle Teams, Hoffnung für viele prekär beschäftigte Vertretungslehrkräfte, soll im Laufe des 1. Quartals 2026 erscheinen und dann stufenweise eingeführt werden. Drücken wir den Schulen die Daumen, dass damit keine Einführung auf einem zahlenmäßigen Niveau wie bei den Verwaltungskräften (5 Standorte) oder den Sprachstandserhebungen für Viereinhalbjährige (EVI; an 10 Kitas) gemeint ist.
Das neue Schuljahr gilt es in Schleswig-Holstein nun mit weniger Lehrkräften bei mehr Schülerinnen und Schülern mit mehr Aufgaben, weniger Unterricht, weniger Unterrichtssicherheit und größeren Lerngruppen zu bewältigen. Engagierte Schulleitungen und Lehrkräfte vor Ort werden ihr Bestes geben, um pädagogisch und fachlich kompetent allen Schülerinnen und Schülern unter den gegebenen Bedingungen gute Lernchancen zu ermöglichen. Ihnen bleibt zu danken.

Material: Schülerinnen- und Schülerprognose: Drucksache 20/2797 Vergleichsarbeiten: Drucksache 20/3445 Multiprofessionelle Teams: Drucksache 20/3264



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