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Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für das Jahr 2024: Zeitnahe und rechtssichere Verwaltung durch gute Digitalisierung und Entbürokratisierung fördern
Nr. 23 / 18. September 2025Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für das Jahr 2024: Zeitnahe und rechtssichere Verwaltung durch gute Digitalisierung und Entbürokratisie rung fördernDie Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten des Landes, Samiah El Samadoni, veröf fentlichte heute ihren Tätigkeitsbericht für den Berichtszeitraum 2024. Im Vergleich zum Vorjahr wurden ca. 700 Petitionen weniger, also insgesamt 2.945 Eingaben, bearbeitet (2023: 3.641). Ursächlich hierfür war die monatelange Vakanz zweier Arbeitsplätze in der Dienststelle. Seit der Einrichtung des Amtes im Jahr 1988 wurden insgesamt 104.162 Petiti onen an die Bürgerbeauftragte gerichtet. „Ich erlebe nach wie vor, dass Bürger*innen sich in prekären finanziellen Situationen von den Behörden alleingelassen fühlen, wenn sie mo natelang auf eine Leistung warten, die in vielen Fällen das Existenzminimum absichern soll. Ich sehe gleichzeitig aber auch die Belastung der Mitarbeitenden in den Behörden durch Ar beitsverdichtungen und Fachkräftemangel. Hier müssen wir die Potentiale von guter Digita lisierung und Entbürokratisierung noch mehr nutzen, um die Verwaltung wieder in die Lage zu versetzen, zeitnahe und gleichzeitig rechtssichere Entscheidungen treffen“, so die Bür gerbeauftragte. „Davon profitieren auch die Bürger*innen.“Im Jahr 2024 waren bei den Petitionen – wie die Jahre zuvor auch – die Themen Gesetzliche Krankenversicherung (385), Sozialhilfe (385) und die Grundsicherung für Arbeitsuchende (351) am häufigsten vertreten. Die Anzahl an Eingaben waren unter Berücksichtigung des eingeschränkten Beratungsangebotes gleichbleibend hoch (vgl. dazu Seiten 3 und 95 des Berichts). Ein wesentlicher Teil der Beschwerden betraf, wie bereits in den letzten Jahren auch, die lange Bearbeitungsdauer bei Anträgen und die schwierige Erreichbarkeit von Sozialbehörden. „Die langen Bearbeitungsdauern sind auch objektiv betrachtet den Bürger*innen nicht zumutbar. Wenn es z. B. vier Monate dauert, bis über einen Wohngeldantrag entschieden wurde – und das ist in vielen Behörden ein ganz normaler Zeitraum – dann müssen die Bürger*innen auch weitere vier Monate nach der Antragstellung in einer finanziell prekären Situation leben. Oft fühlen sich Bürger*innen dann alleingelassen und das Vertrauen in den Staat schwindet“, erklärt El Samadoni. „Dies ist erst recht der Fall, wenn die Bürger*innen es nicht schaffen, mit der Behörde in eine Kommunikation zu kommen, sondern mit Anrufen, E-Mails und persönlichem Erscheinen an der Behörde abprallen.“ Die Bürgerbeauftragte sieht gleichzeitig aber auch die in den vergangenen Jahren bereits beobachtete Situation des Fachkräftemangels in den Sozialbehörden und die 2erhebliche Belastung der Verwaltung durch zu komplexe Gesetze und eine ausufernde Bürokratie, die die Situation nicht verbessert hat. „Gerade der Fachkräftemangel ist immer stärker spür- und sichtbar. Dies zeigt sich neben der langen Bearbeitungsdauer auch in anderen qualitativen Mängeln wie unverständlichen und rechtswidrig verkürzten Begründungen von Bescheiden. Es ist logische Konsequenz, dass bei weniger Fachkräften und immer mehr Aufgaben die Arbeitsverdichtung dafür sorgt, dass die Qualität der Verwaltungsleistung abnimmt“, erklärt die Bürgerbeauftragte. „Die Mitarbeitenden in den Behörden tun bereits ihr Bestes, um eine möglichst gute Leistung zu erbringen. Ein bloßes Anmahnen einer besseren Leistung ist aus meiner Sicht auch kein geeignetes Mittel, um eine insgesamt bessere Verwaltungsleistung zu bewirken. Vielmehr bedarf es deshalb endlich einer Strategie, die die Behörden auch mit weniger Fachpersonal nachhaltig handlungsfähig erhält. Dabei sollten aus meiner Sicht insbesondere eine gute Digitalisierung und eine massive Entbürokratisierung im Mittelpunkt stehen“, so El Samadoni. „Hier gibt es noch Potential für Verbesserungen.“Exemplarisch soll auf die Anregung verweisen werden, das Pflegewohngeld nach Landesrecht, das immer auf die Hilfeleistung zur Pflege angerechnet wird, und die Hilfeleistung zur Pflege nach dem SGB XII so zu gestalten, dass beides sich ausschließt. Nur so können erforderliche Anpassungen in den Bescheiden vermieden werden, ohne dass Bürger*innen schlechter gestellt werden (vgl. Anregung Nr. 7, S. 22 f.). „Sollte eine Investitionskostenförderung für Pflegeeinrichtungen seitens des Landes gewollt sein, sollte man diese nicht über das Pflegewohngeld, sondern über ein eigenes Instrument unabhängig von den Bürger*innen vornehmen“, berichtet El Samadoni. „Weitere Verbesserungen braucht es dringend bei vielen Strukturen im Sozialbereich. So fehlt es an Plätzen in der stationären Eingliederungshilfe vor allen Dingen für Menschen, die behinderungsbedingt eigen- und fremdgefährdende Verhaltensweise zeigen (vgl. Vorschlag Nr. 4, S. 16 f.). Dass eine Entlassung dieser Menschen aus der Psychiatrie in die Obdachlosigkeit und ohne weitere Hilfsangebote dramatische Folgen haben kann, zeigten zuletzt die Ereignisse am Hamburger Hauptbahnhof am 23. Mai 2025“, kommentiert die Bürgerbeauftragte. „Zudem fehlt es zum Beispiel an verbindlichen Mindeststandards für Notunterkünfte für Obdachlose sowie an einer Möglichkeit für diese Menschen, auch mit einem Haustier in eine Notunterkunft gehen zu können (vgl. Vorschlag Nr. 9, S. 26 f. und Vorschlag Nr. 10, S. 28 f.).“Die Bürgerbeauftragte wünscht sich, dass die Landesregierung sich dieser Aufgabe verstärkt zuwendet.