Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.
Niclas Dürbrook zu: TOP 29: Auf hybride Attacken besonnen und konsequent reagieren – Droh-nenabwehr stärken
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 15.10.2025Niclas Dürbrook Hybriden Bedrohungen entschlossen entgegentreten TOP 29: Auf hybride Attacken besonnen und konsequent reagieren – Droh-nenabwehr stärken (20/3691)Warum lässt jemand Drohnen über Schleswig-Holstein fliegen? Vielleicht um Daten zu sammeln, Fotos oder Videos aufzunehmen. Aber wir alle haben zumindest die Vermutung: Nichts davon ist der Hauptgrund bei den Drohnen, über die wir heute sprechen. Vermutlich ist das eigentliche Ziel derjenigen, die Drohnen über unseren Häfen, Energieanlagen oder Bundeswehrstandorten fliegen lassen, uns zu testen. Mit diesen Flügen will jemand – und es liegt nahe, dass Russland der Urheber ist – herausfinden, wie handlungsfähig wir sind. Wie abgestimmt unsere Behörden arbeiten. Wie schnell und wie entschlossen reagiert wird. Und vor allem: Wie wir als Gesellschaft auf diese Sichtungen reagieren. Es geht um Verunsicherung. Und wenn wir panisch reagieren würden, wären wir bei diesem Test bereits durchgefallen. Ich habe das bereits im vorletzten Innenausschuss gesagt: Natürlich spielen wir ein Stück weit das Spiel mit, das uns jemand anderes aufzwingen will. Mit jedem Berichtsantrag, mit einer Debatte, wie wir sie heute im Plenum führen. Wir stellen eine Öffentlichkeit für das Thema her, wir machen die Drohnen zu einer Nachricht. Aber zur ehrlichen Analyse gehört eben, dass wir beim Thema Drohnen nicht so aufgestellt sind, wie wir es sein müssten. Das ist kein oppositioneller Reflex gegenüber der Landesregierung – denn vermutlich ist kein anderes Bundesland wirklich besser aufgestellt. Aber es muss ein Ansporn sein, das zu ändern. Und genau das unterscheidet uns von einem Land wie Russland: Bei uns ist die öffentliche Debatte über Missstände nicht verboten. Als 1 demokratische Gesellschaft diskutieren wir auch den Umgang mit Bedrohungen in der Öffentlichkeit. Man kann und soll der Politik beim Abwägen zusehen. Das mag uns zuweilen schwach erscheinen lassen, aber es ist unsere eigentliche Stärke. Und deswegen: Ja, wir spielen mit so einer Debatte das Spiel eines anderen. Aber es ist richtig, dass wir es tun. Die Reaktionen auf die jüngsten Drohnenflüge – nicht nur in Schleswig-Holstein – zeigen: Wir haben bei der Drohnenabwehr reale Fähigkeitslücken. Wir wissen oft nicht genau, welche Drohne über uns fliegt. Von wem sie gesteuert wird. Ob sie legal unterwegs ist oder gar eine Bedrohung darstellt. Und wir wissen in den meisten Fällen auch noch nicht, wie wir sie im Zweifel sicher außer Gefecht setzen könnten – möglichst ohne selbst Schaden anzurichten. Noch ist unsere Reaktion auf die Drohnensichtungen ein Ermittlungsverfahren, in dessen Verlauf der Sachverhalt geklärt wird. Das ist aller Ehren wert. Aber es wirkt ein wenig aus der Zeit gefallen. Da müssen wir besser werden. Wir brauchen eine ehrliche Analyse unserer Fähigkeiten – und danach entschlossenes Handeln. Wir brauchen ineinandergreifende Strukturen von Land, Bund und unseren Nachbarländern. Und wir brauchen eine technische Ausstattung, die uns überhaupt erst in die Lage versetzt, Drohnen zu erkennen, zu verfolgen und – wenn es nötig ist – auch zu neutralisieren. Das Ziel ist doch klar: Wir dürfen nicht mehr nur zuschauen, wenn eine Drohne über ein LNG-Terminal, ein Umspannwerk oder eine Kaserne fliegt. Es ist ein Stück weit eine hypothetische Diskussion, solange wir über Spionagedrohnen reden, bei denen der Abschuss in aller Regel das größere Risiko als das fliegen lassen darstellt. Aber wer garantiert uns denn, dass bis in alle Zeiten nur Kameras unter solchen Drohnen hängen? Wir müssen zumindest reagieren können – mit allen möglichen Optionen. Das bringt uns zur entscheidenden Frage: Wer macht was? Die rechtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich klar. Das Land ist in der Verantwortung. Schleswig-Holstein hat bereits Drohnen-Abwehrtechnik beschafft. Es gibt Absprachen im Verbund der Nordländer. Das alles unterstützen wir. Wir sind selbstverständlich offen für eine Erweiterung der Ausstattung, wenn die Landesregierung uns den Bedarf schildert. Ich glaube aber nicht, 2 dass am Ende die Vollausstattung aller Landespolizeien mit Ausrüstung für alle denkbaren Szenarien stehen kann. Spätestens seit den Drohnenflügen über Kiel, bei denen ein Starrflügler mit mehreren Metern Spannweite unterwegs gewesen sein soll, stellt sich doch die Frage: Soll das wirklich dauerhaft Aufgabe der Landespolizei sein? Zumal wir sicher davon ausgehen können und es ja auch wissen, dass diese Drohnen nicht das Ende der Entwicklung darstellen. Von der Art des benötigten Equipments abgesehen – glauben wir, im hochdynamischen Feld der Drohnenentwicklung unsere Landespolizei mit den begrenzten Möglichkeiten eines vergleichswiese kleinen Bundeslandes dauerhaft ausreichend ausstatten zu können? Ich will nicht, dass wir irgendwann entscheiden müssen: neue Streifenwagen oder Drohnenabwehrsysteme. Und nicht zuletzt deswegen bin ich überzeugt, dass der Bund und die Bundespolizei in die Verantwortung genommen werden müssen. Die Küstenboote der Wasserschutzpolizei haben selbstverständlich keine Geschütze. Bei den neuen Patrouillenbooten der Bundespolizei hat man sehr bewusst eine andere Entscheidung getroffen. Es liegt nahe, die Bundespolizei so auszustatten, dass sie auch auf größere Drohnen reagieren kann. Das umzusetzen ist eine dringende Aufgabe, vor der der Bund steht. Wir brauchen jenseits der polizeilichen Zuständigkeit auch eine Debatte über die Rolle der Bundeswehr. Klar ist: Es wird immer dann kompliziert, wenn die Bundeswehr etwas anderem nachgehen soll als ihrem originären Verteidigungsauftrag. Zu Recht sind die Hürden dafür extrem hoch. Und die Hürden sie ja noch einmal höher, wenn es nicht nur um die Amtshilfe geht, sondern wenn hoheitliche Aufgaben übernommen werden sollen. Das Luftsicherheitsgesetz ist das beste Beispiel dafür. Nur im Katastrophennotstand darf die Bundeswehr zum Beispiel im Fall eines Passagierflugzeugs zum Einsatz kommen. Weil es dabei eben nicht um den Verteidigungsauftrag geht. An dieser Grenze ohne Grundgesetzänderung zu rütteln, ist schwierig – und eine Mehrheit dafür sehe ich derzeit nirgendwo. Es ist gut, dass wir darum im gemeinsamen Antrag zur Frage der Grundgesetzänderung klar sehr klar sind und damit auch ein Zeichen nach Berlin senden. Ich finde nicht nur deswegen bedenkenswert, worauf in den letzten Wochen 3 verschiedene Juristen hingewiesen haben: Die Bundeswehr hat einen Verteidigungsauftrag. Dieser Verteidigungsauftrag greift nicht nur im Spannungs- oder Verteidigungsfall. Die Verteidigung des Landes gegen militärische Bedrohungen ist Aufgabe der Bundeswehr. Dabei reden wir selbstverständlich nicht über den Schutz der Kieler Woche vor einer 500g schweren Drohne aus dem Baumarkt. Das ist Polizeiarbeit. Aber wie sieht es aus bei Drohnen mit mehreren Metern Spannweite, die mutmaßlich von Schiffen außerhalb unserer Hoheitsgewässer gestartet werden und die vermutlich auch die Fähigkeiten einer besser ausgestatteten Bundespolizei überschreiten würden? Von anderen Bedrohungen, die so abstrakt nicht sind, weil sie über Polen bereits geflogen sind, ganz zu schweigen. Ich glaube, wir müssen diese Diskussion dringend führen. Ohne Scheuklappen. Schleswig-Holstein ist als Küstenland hybriden Bedrohungen in besonderer Weise ausgesetzt. Unsere Häfen, unsere Energie-Infrastruktur, unsere militärischen Einrichtungen – all das sind lohnende Ziele für feindliche Späh- oder Störversuche. Wir müssen deswegen an schnellstmöglichen Lösungen das allergrößte Interesse haben. Ein Drohnenabwehrzentrum halte ich für sinnvoll. Entscheidend ist natürlich nicht das Türschild, sondern welche Fähigkeiten dort tatsächlich vorgehalten werden. Aus meiner Sicht sollte es ein Zentrum sein, das im Ernstfall Informationen bündelt, ein Lagebild erstellt, Zuständigkeiten schnell klärt und falls nötig Amtshilfe zwischen Polizei, Bundespolizei, oder Bundeswehr ohne Verzögerung ermöglicht. Das eine Verzahnung von Material und Know-How zulässt. Und im besten Fall sogar ausbaufähig wäre zu einem Zentrum für hybride Bedrohungen. Dann wäre es ein echter Gewinn. Ich glaube auch, dass eine Anpassung des Luftsicherheitsgesetzes und die Arbeit an einem Seesicherheitsgesetzes sinnvoll sind, um auf die neuen Herausforderungen zu reagieren. Und ich glaube auch, dass die Landesregierung die landesrechtlichen Regelungen genau abklopfen muss, verschiedene Bundesländer sehen Änderungsbedarf bei ihrem Polizeirecht – das sollte man schnell abgleichen. die Drohnenflüge zielen auf unser Vertrauen. Auf unser Vertrauen in Staat, Verwaltung und Sicherheit. Die beste Antwort 4 darauf wäre zu beweisen, dass unser Staat handlungsfähig ist. Auf allen Ebenen. Ich glaube, wir können das. 5