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16.10.25 , 10:40 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu TOP 2+3: Eine Verfassung für alle

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 16. Oktober 2025
Serpil Midyatli Eine Verfassung für alle TOP 2+3: Gesetzentwürfe zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein (Drs. 20/3706)
„Der Dank meiner Fraktion gilt den Kolleginnen und Kollegen für die Zusammenarbeit. CDU, GRÜNE, FDP und SSW! Ich will ausdrücklich sagen, dass es unser Wunsch gewesen wäre, zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen. Uns, der SPD-Fraktion, sind die Vorhaben mit den Änderungen für unsere Verfassung wichtig. Wir, die SPD, begrüßen ausdrücklich die Änderungen und Vorhaben.
• Zum Schutz vor Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit – das ist gerade in diesen Zeiten ein wichtiges Zeichen. So auch die Aufnahme des Satzes „Das Land schützt und fördert sein kulturelles Erbe einschließlich der jüdischen Kultur und der Kulturen der nationalen Minderheiten und Volksgruppen“.
• Der Schutz und die Förderung pflegebedürftiger Menschen und pflegender Angehöriger.
• Die Formulierung „Niemand darf wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden.“
• Die Berücksichtigung von Klima und Artenvielfalt oder
• unserer Infrastruktur sowie
• die Förderung des Sports.
Die SPD trägt die Ergänzungen unserer Landesverfassung ausdrücklich mit – für uns sind das gute und wichtige Vorhaben.
Und es freut uns ganz besonders, dass die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Artikel 10 Absatz 2 oder auch der Artikel 11a zum Wohnraum neu in unsere Landesverfassung aufgenommen werden sollen.


1 Die klare Bedeutung des Kindeswohls und die Aufnahme von Beteiligungsrechten können unsere Kinder und Jugendlichen stärken – und damit auch ihre Rolle in der Gesellschaft. Das Staatsziel der Schaffung und Erhaltung von angemessenem und bezahlbarem Wohnraum ist gerade in dieser Zeit eine Antwort auf eine zentrale soziale Frage unserer Zeit. Dies waren Punkte, die wir als SPD mit in die Gespräche eingebracht haben und für die wir 2019 mit Sozialverband und Mieterbund Unterschriften gesammelt haben. Das ist auch ein Erfolg der SoVD und des Mieterbundes.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass diese - staatspolitisch wichtigen Ziele – Teil der Landesverfassung werden sollen. Und jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum wir dann nicht als Fraktion diesen Antrag mitgezeichnet haben. Das will und kann ich sehr gut begründen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wollen mit Ihrem Antrag das Recht auf einen analogen Zugang zu Gerichten und Behörden aus der Landesverfassung streichen. Das ist aus unserer Sicht ein Fehler. Und dieser Punkt ist uns so wichtig, dass wir den sonst so guten Antrag nicht mitzeichnen konnten.
Diejenigen unter Ihnen, die schon vor elf Jahren Mitglied in diesem Parlament waren, werden sich vielleicht erinnern: Diese Garantie auf einen analogen Zugang wurde 2014 bewusst in die Verfassung aufgenommen, um Menschen vor digitaler Ausgrenzung zu schützen! Diese Nähe zu Bürgerinnen und Bürgern ist uns auch im Jahr 2025 ein wichtiges Anliegen. Vielleicht sogar: gerade im Jahr 2025. Denn dieser Verfassungsänderung findet ja nicht im luftleeren Raum statt.
Menschen begleiten in diesen Tagen Sorgen und Unsicherheit. Wir wollen ausdrücklich keine weiteren Sorgen schüren – weder vor der Digitalisierung noch vor Diskriminierung. Wir haben doch erst erlebt, dass die Schwierigkeiten bei der Umstellung auf OpenSource in Verwaltung und Justiz doch nur ein Beispiel für die Herausforderungen solcher Prozesse sind. Ob in Rathäusern oder Verwaltungen, wir sind von einer digitalen Verwaltung noch weit entfernt.
Und in dieser Zeit, in der die Probleme der Landesverwaltung durch die Presse gehen, wollen Sie den Menschen sagen: Macht das mal digital, analog streichen wir. Ich bitte wirklich um Verständnis: Das finden wir nicht richtig. Viele ältere Menschen oder auch Menschen mit Behinderungen sind in besonderem Maße weiterhin auf einen persönlichen und schriftlichen Zugang angewiesen. Es geht um Partizipation und Teilhabe! Es ist auch eine Frage des Respekts!
Wir reden hier über verwaltungsrechtliche und gerichtliche Vorgänge, die ohnehin schon oft für Stress sorgen. Deren Sprache nicht immer für alle leicht verständlich ist.
Auch Ihre Formulierung „ohne dass dabei jemand benachteiligt werden darf“ überzeugt uns nicht. Das ist unbestimmt, klärungsbedürftig. Wir fürchten, dass diese „Rettungsklausel“ eine Streichung der Garantien „persönlich“ und „schriftlich“ nicht kompensieren kann.

2 Und wenn denn durch diese Formulierung kein Rechtsverlust erfolgt - wie Sie behaupten – warum können diese Rechte dann nicht umgekehrt auch bleiben? Moderne und einfache Verwaltungsverfahren können und werden digital sein. Sie müssen es aber nicht.
Die Verfassung darf niemanden ausschließen. Wir müssen gemeinsam sicherstellen, dass wir eine Verfassung für alle Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner haben. wir stehen mit unserer Argumentation nicht allein. Der Ruf nach einem Recht auf analoge Teilhabe ist spürbar. Seitens der Senioren- und Sozialverbände. Umso mehr bin ich überrascht, dass Sie kompromisslos darüber hinweg gehen.
Der Sozialverband SoVD erinnert daran, dass viele Menschen im Land „völlig ohne Internetzugang“ und „ganz analog“ leben und kommunizieren würden. Der Verband berichtet von dem Gefühl der Ausgrenzung und einer Reduzierung von Teilhabemöglichkeiten. Das Altenparlament hatte die Forderung nach einem Recht auf analoge Teilhabe zuletzt 2023 beschlossen.
Und in den anschließenden Stellungnahmen waren wir mit unserem Bekenntnis hierzu nicht allein, sondern in guter Gesellschaft von Grünen, SSW, FDP – mit Ausnahme der CDU. Besonders interessant ist aber die Stellungnahme des Ministerpräsidenten. Ich zitiere: „Niemand darf wegen der Art seines Zugangs benachteiligt werden. Deshalb ist dies bereits in der Landesverfassung niedergeschrieben worden.“ Und dann zitiert der Ministerpräsident eben den Artikel 14 in seiner bisherigen Form, den wir als SPD erhalten wollen. Soweit zu den inhaltlichen Punkten, jetzt zum Verfahren.
Ein Weg wäre gewesen, wenn wir Artikel 14 aus dem „Gesamt- Änderungspaket“ herausgelöst hätten, damit wir eine geänderte Fassung hätten mitzeichnen können. Dazu waren Sie, die CDU, aber nicht bereit. Das haben wir zu akzeptieren.
Deshalb liegt dieser Änderungsantrag der SPD-Fraktion vor, der die Beibehaltung des bisherigen Artikel 14 beinhaltet, also im Wortlaut weiter den "persönlichen" und "schriftlichen" Zugang zu Behörden und Gerichten garantiert. Ich möchte noch einmal daran erinnern: Diese Passage haben wir erst 2014 neu formuliert. Natürlich sind wir heute weiter, aber sind wir wirklich so weit, dass wir das heute wieder streichen können? Wir glauben das nicht!
Nun werden die Anhörungen zeigen, ob unsere Bedenken begründet sind oder nicht. Das Ziel meiner Fraktion aber bleibt, dass wir am Ende in Zweiter Lesung die Verfassung gemeinsam und vielleicht ja sogar einstimmig ändern werden. Das wünsche ich uns.“



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