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16.10.25 , 15:48 Uhr
B 90/Grüne

Malte Krüger zu Schulbesuchen von Jugendoffizieren

Presseinformation Nr. 25.292 16.10.2025
Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 14 – Schulbesuche von Jugendoffizieren ausweiten Dazu sagt der bildungspolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Malte Krüger:
Sicherheitspolitische Bildung muss pluralistisch, kritisch und reflektiert sein Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleg*innen,
ich kann die Rede heute leider nicht so persönlich anfangen, wie mein Kollege Dirk Kock-Rohwer dies vor ziemlich genau 385 Tagen getan hat, denn ich selbst habe keinen Wehrdienst geleistet. 2011 habe ich zwar noch einen Brief bekommen, dass meine Daten für den Wehrdienst erfasst wurden, aber es kam gar nicht mehr zur Musterung. Der Wehrdienst wurde kurz vorher ausgesetzt.
2011 war eine andere Welt, die Bundeswehr war gerade mitten in Auslandseinsätzen in Afghanistan, Libyen stand vor einem Krieg, Russland galt noch als Partner. Heute, 14 Jahre später, sieht die Welt anders aus: Drohnenüberflüge über Dänemark, Verletzungen des Luftraums im Baltikum, Angriffe auf Infrastruktur in Polen: die sicherheitspolitische Lage in Europa ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Und genau das zeigt: Unsere Soldat*innen leisten einen unverzichtbaren Beitrag für Frieden, Freiheit und Sicherheit. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bedanken.
Diese weltpolitische Lage darf in unseren Schulen nicht ausgeblendet werden. Im WiPo-Unterricht wird vieles davon bereits thematisiert, an aktuellen Ereignissen, an der Rolle Deutschlands in der NATO oder an den Spannungen in Osteuropa. Aber klar ist auch: Es kann darüber hinaus hilfreich sein, wenn Menschen, die sich beruflich mit Sicherheitspolitik befassen, direkt in die Schulen gehen und dort Rede und Antwort stehen. Dabei müssen aber bestimmte Spielregeln - und das ist uns Grünen wichtig! - beachtet werden.
Es gibt die sogenannten Jugendoffiziere der Bundeswehr. Ich selbst war während meines Studiums mit einem Jugendoffizier beim 291. Jägerbataillon in Illkirch, das einzige deutsche Bataillon außerhalb Deutschlands. Dieses Bataillon steht sinnbildlich für die deutsch-französische Freundschaft und der Besuch hat mir einen Einblick in den Alltag von Soldat*innen gegeben, der weit über das hinausging, was man in einem Lehrbuch findet.
Aber auch das gehörte dazu: Die Soldat*innen haben bei weitem nicht nur Positives berichtet. Schon damals wurde die mangelhafte Ausrüstung, der Zustand vieler Kasernen und die Bürokratie in der Bundeswehr heftig kritisiert. Zwei Jahre später sind in Illkirch die Rechtsextremismus Vorwürfe gegen Franco A. bekannt geworden. Auch Rechtsextremismus ist ein Thema, welches nun einmal in allen Bereichen der Gesellschaft vorhanden ist, auch in der Bundeswehr. Diese Facetten gibt es, sie dürfen nicht unter den Teppich gekehrt werden. Wenn Jugendoffiziere also an Schulen kommen, dann soll das nicht ein automatischer Werbebesuch, sondern ein ehrlicher, realistischer Blick auf sicherheitspolitische Realitäten und die Arbeit der Bundeswehr sein, mit all ihren Widersprüchen.
Mit unserem gemeinsamen Antrag wollen wir Schulen ausdrücklich ermutigen, die Angebote von Jugendoffizieren stärker wahrzunehmen, denn die Auseinandersetzung mit sicherheitspolitischen Fragen ist heute wichtiger denn je. Es geht nicht darum, junge Menschen zu beeinflussen, sondern sie zu befähigen, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Unser Antrag formuliert das sehr klar: Es geht um fundierte sicherheitspolitische Aufklärung und Diskussion im Sinne des Beutelsbacher Konsenses. Das heißt: Schüler*innen dürfen nicht überwältigt werden. Themen müssen kontrovers dargestellt werden und sie müssen sich an den Interessen der Schüler*innen orientieren. Bei den Verhandlungen des Ministeriums mit der Bundeswehr zu der Kooperationsvereinbarung müssen diese Aspekte beachtet werden.
Wir Grüne sehen die Idee, Veteran*innen einzubeziehen, als Chance, aber auch als Verantwortung. Denn ihre Erfahrungen können den Unterricht bereichern, wenn sie gut geschult und im Idealfall auch von Jugendoffiziere begleitet werden. Eine Schulung für Veteran*innen sehen wir als Voraussetzung. Es geht nicht darum, Begeisterung für den Krieg zu wecken, sondern Verständnis für Frieden, Diplomatie und die schwierigen Entscheidungen, die zwischen beidem liegen.
Wir Grüne stehen dafür, dass sicherheitspolitische Bildung an Schulen pluralistisch, kritisch und reflektiert bleibt. Lehrkräfte müssen die Gestaltenden bleiben, sie entscheiden über Themen, Vorbereitung und Nachbereitung. Und neben militärischen Perspektiven sollten immer auch zivilgesellschaftliche Stimmen gehört werden: etwa aus der Friedensforschung, aus NGOs oder aus internationalen Organisationen. So entsteht das, was politische Bildung leisten soll: kein Einheitsbild, sondern ein eigenes Urteil.
Liebe Kolleg*innen, die Diskussion über Jugendoffiziere an Schulen ist keine einfache. Sie bewegt sich zwischen dem berechtigten Interesse an sicherheitspolitischer Bildung und der Pflicht, junge Menschen nicht einseitig zu beeinflussen. Mit unserem Antrag schlagen wir keine Werbeveranstaltungen, sondern verantwortliche Bildungsangebote vor, unter Einbeziehung geschulter Veteran*innen, unter Beachtung des Beutelsbacher Konsenses und mit klaren Grenzen. Die Kooperation mit dem Landeskommando Schleswig-Holstein soll daher nicht einfach verlängert, sondern an die Realität unserer Zeit angepasst werden. Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank!
***
Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
T 0431 988 1503 M 0172 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de sh-gruene-fraktion.de

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