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16.10.25 , 17:10 Uhr
B 90/Grüne

Catharina Nies zur Situation kinderreicher Familien in Schleswig-Holstein

Presseinformation Nr. 25.295 16.10.2025
Es gilt das gesprochene Wort!
TOP 38 – Bericht über die Situation kinderreicher Familien in Schleswig-Holstein Dazu sagt die familienpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Catharina Nies:
Mehrkindfamilien stärken – Care-Arbeit anerkennen Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,
ich bedanke mich bei der Sozialministerin für den Bericht zu der Situation von Mehrkindfamilien in Schleswig-Holstein, der nicht nur einen ausführliche Datenüberblick liefert, sondern den Finger auch an verschiedenen Stellen in die Wunde legt.
Und an den SSW ein herzlicher Dank, dass das Thema parlamentarisch von Ihnen auf die Agenda gesetzt wurde und wir die Chance bekommen, über spezifischen Herausforderungen kinderreicher Familien hier zu sprechen - also über die 37.000 Familien in Schleswig-Holstein mit drei oder mehr Kindern.
Kinder zu bekommen und eine Familie zu gründen, das ist für sehr viele Menschen erfüllend, schön und fester Bestandteil der Lebensplanung. Und das sollte durch gute Rahmenbedingungen bestärkt werden. Stattdessen ist die Lebensrealität oft eine andere: der vorliegende Bericht macht sehr deutlich, wie hoch das Armutsrisiko von Mehrkindfamilien ist, und dass es sich beim Schritt von zwei auf drei Kinder signifikant erhöht.
66.000 Menschen in Schleswig-Holstein in Mehrkindfamilien sind laut dem Bericht von Armut betroffen, das sind 34 Prozent der Familienmitglieder kinderreicher Familien. Das ist zu viel und es ist ein bundesweites Problem. Das sind keine guten Bedingungen für eine Gesellschaft, für die Kinderreichtum etwas Wertvolles sein sollte, nicht nur weil Kinder Wärme, Liebe und Lachen in unser Leben bringen, sondern auch, weil die demografische Entwicklung einer älter werdenden Gesellschaft ohne ausreichend Nachwuchs in den jüngeren Generationen zu massiven Folgeproblemen führt, die wir schon jetzt in vielen Debatten erleben: bei den Fragen rund um Rente oder der Finanzierung der Pflege. Schleswig-Holstein investiert viel in die strukturelle Unterstützung von Familien, in verlässliche und qualitative frühkindliche Bildung und eine hohe U3-Quote, in den Ausbau des schulischen Ganztags, in frühe Hilfen, Familienbildung und sozialen Wohnungsbau. Und trotzdem: Viele Eltern stehen heutzutage in einem Spannungsfeld zwischen wirtschaftlicher und familiärer Verantwortung. Und je mehr minderjährige Kinder in einem Haushalt leben, desto stärker wird dieses Spannungsverhältnis. Und wenn ein Elternteil dann noch alleinerziehend ist, verstärkt es sich weiter. Und das kann ab einem gewissen Punkt für die ganze Familie zu Belastungen führen.
In Statistiken und wirtschaftlichen Analysen geht es meist vorrangig um Zahlen, weniger um Lebensrealität und praktische Hürden, wie beispielsweise lange Care-Wege. Sondern die Erwerbs- und Transferquoten der Eltern stehen hier meist im Mittelpunkt, also die Frage, inwieweit Familien mit unterschiedlicher Kinderanzahl im Haushalt von Sozialleistungen abhängig sind.
Und die darauf aufbauende Frage, wie die Erwerbsbeteiligung beider Elternteile erhöht werden kann, um eine eigenständige Lebensunterhaltssicherung zu erreichen. Also das Familieneinkommen auf ein höheres Niveau zu bringen. Und diese Frage, die ist ja auch berechtigt, aber ich finde, wir müssen auch darüber hinausdenken, wenn wir das Kindeswohl in den Blick nehmen. Uns ist allen klar, dass die ökonomische Situation von Kindern in einer Familie mit Vollzeitverdienenden in der Regel besser abgesichert ist.
Das Armutsrisiko verringert sich massiv und die Teilhabechancen erhöhen sich für die Kinder. Monetäre Absicherung ist ein Faktor, der wichtig ist. Teilhabechancen können aber nicht nur über eine Erhöhung der Erwerbsarbeit gelöst werden, Kinder brauchen auch Eltern, die präsent sind und sie gut begleiten können.
Und die Realität ist: Care-Arbeit, Familienarbeit kostet richtig viel Zeit, und Care-Wege kosten Zeit. Wenn man drei oder mehr kleine Kinder hat, dann ist es in vielen Fällen einfach nicht möglich, noch mehr zu arbeiten, als viele das eh schon tun. Der Tag hat nur 24 Stunden. Und die Sozialministerin hat es eben berichtet: Eltern in Mehrkindfamilien arbeiten jetzt schon genauso wie andere Eltern auch. Und auch die Kinderbetreuung in den Kitas, hat irgendwo Grenzen. Kinder dürfen maximal neun Stunden am Tag in Fremdbetreuung sein.
Das Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher und familiärer Verantwortung muss also über verschiedene Punkte besser aufgelöst werden: Und bei der Lösungsfindung ist es wichtig immer im Hinterkopf zu haben, dass sich die Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit jedem weiteren Kind noch verstärken.
Das Problem ist nicht, dass Eltern mit mehreren Kindern zu wenig arbeiten, sondern, dass ein Großteil ihrer Arbeit, nämlich die Care-Arbeit, nicht bezahlt wird und nach wie vor zu unsichtbar ist!
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!
***
Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
T 0431 988 1503 M 0172 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de sh-gruene-fraktion.de

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