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19.11.25 , 11:36 Uhr
CDU

Birte Glißmann: TOP 11: Verfassungsschutz ist Frühwarnsystem unseres demokratischen Rechtsstaats

Verfassungsschutz | 19.11.2025 | Nr. 311/25
Birte Glißmann: TOP 11: Verfassungsschutz ist Frühwarnsystem unseres demokratischen Rechtsstaats Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrten Damen und Herren,
mit der ersten Lesung des Landesverfassungsschutzgesetzes bringen wir heute ein weiteres sicherheitspolitisches Großprojekt auf die Zielgerade.
Man mag es sich kaum vorstellen, das bisherige Gesetz ist so alt, dass nicht einmal der Kollege Lehnert es damals mitbeschlossen hat. Dass das Gesetz damals zukunftsweisend war, zeigt sich schon daran, dass es in fast 35 Jahren nur neunmal geändert wurde. Drei Änderungen davon waren ersetzte Ressortbezeichnungen.
Das bisherige Gesetz stammt aus einer Zeit, in der Faxgeräte modern waren und digitale Kommunikation höchstens in den Kinderschuhen steckte. Die erste SMS wurde ein Jahr später verschickt. Die Bedrohungslage war eine völlig andere.
Heute – 35 Jahre später – ist klar: digitale Kommunikation ist die Regel, analoge die Ausnahme. Die Bedrohungen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sind deutlich heterogener geworden. Die Anzahl politisch motivierter Kriminalität ist auf einem Allzeithoch. Mit dem Gesetzentwurf verpassen wir dem Verfassungsschutz deshalb ein notwendiges Systemupdate: Wir modernisieren, aktualisieren und stärken ihn – ohne das bewährte Fundament infrage zu stellen.
Der Verfassungsschutz bildet das Frühwarnsystem unseres demokratischen Rechtsstaats. Seine Aufgabe ist es, extremistische Bestrebungen frühzeitig zu erkennen, Gefahren zu analysieren und unseren Staat vor Angriffen zu schützen.
Damit dieses Frühwarnsystem funktionieren kann, muss es mit geeigneten rechtlichen Befugnissen ausgestattet sein. Es darf nicht mit Werkzeugen von gestern versuchen, Bedrohungen von morgen zu erkennen.
Mit der Neufassung des Landesverfassungsschutzgesetzes wird auf die veränderte Bedrohungslagen, auf neue Formen der Radikalisierung und auf die technologische Entwicklung reagiert. Der Entwurf setzt die Anforderungen der Rechtsprechung um – und wir geben unseren Sicherheitsbehörden die Instrumente, die sie für eine effektive und rechtssichere Arbeit benötigen.

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Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de Der Modernisierungsbedarf fängt schon bei den Grundlagen an:
Mit dem Gesetzentwurf wird die beobachtungsbedürftige Bestrebung weiter gefasst als bisher. Mit der Abkehr von der sogenannten Aggressionsklausel ist jetzt als Schwelle für die Beobachtung nicht mehr die aggressiv-kämpferische Haltung erforderlich. Wir wissen, dass Radikalisierungen bei vielen Menschen in legitimen Verhaltensweisen anfangen, ohne auf die Anwendung von Gewalt gerichtet zu sein, beispielsweise bei der Radikalisierung im Internet.
Gleichzeitig soll der Verfassungsschutz künftig auch stärker Einzelpersonen in den Fokus nehmen und beobachten können. Gerade im Bereich des Islamismus und der Delegitimierung gibt es Personen, die sich unabhängig von oder in Gruppen radikalisieren. Sie handeln ohne erkennbare Struktur, was sie wiederum gefährlich macht. Dieser Gefahr wird mit diesem Gesetzentwurf begegnet.
Besonders besorgniserregend ist die zunehmende Anwerbung von Kindern und Jugendlichen durch extremistische Gruppen, gerade im rechtsextremen und islamistischen Phänomenbereich. Kinder und Jugendliche werden gezielt online aber auch im familiären und Freundesbereich angesprochen, manipuliert und ideologisch beeinflusst. Dadurch können auch Kinder und Jugendliche zu einer Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung werden.
Klar ist, dass Minderjährige besonders schutzbedürftig sind. Allerdings dürfen wir auch die Gefahr durch die Anwerbung von Kindern und Jugendlichen nicht außer Acht lassen.
Deshalb ist es richtig, dass die regelhafte Altersgrenze bei Minderjährigen von 16 auf 14 Jahren abgesenkt und in eng begrenzten Ausnahmefällen auch die Speicherung von Daten von Kindern zu ermöglicht wird. Dieser Schritt war bereits Bestandteil des Sicherheitspakets im vergangenen Jahr, und jetzt wird er konsequent umgesetzt, meine Damen und Herren.
Auch die Datenerhebung durch den Verfassungsschutz wird an die aktuellen Erfordernisse angepasst.
Die Radikalisierung erfolgt heute nicht mehr ausschließlich in physischen Räumen. Sie erfolgt im Internet, in geschlossenen Chatgruppen, auf verschlüsselten Kommunikationskanälen. Extremisten organisieren, vernetzen und radikalisieren sich da, wo klassische Überwachungsinstrumente keine Wirkung mehr entfalten können.
Deshalb ist es richtig und notwendig, dass die Quellen-TKÜ im Gesetz verankert wird. Sie ermöglicht es – selbstverständlich unter engen rechtlichen Voraussetzungen –, verschlüsselte Kommunikation zu überwachen.
Es wäre fahrlässig, unseren Sicherheitsbehörden den Zugang zu relevanten Informationen zu verwehren, während Extremisten längst modernste Technologie nutzen. Mit dieser Regelung werden Realität und Gesetz endlich angeglichen.



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Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de Mit dem Gesetzentwurf werden aber nicht nur digitale Datenerhebungsgrundlagen geschaffen, sondern auch eine analoge, bisher fehlende Rechtsgrundlage ergänzt: die Möglichkeit zur Wohnraumüberwachung. Rechtlich definitiv einer der sensibelsten Punkte. Deswegen möchte ich auch betonen: Die Wohnraumüberwachung ist ein scharfes Schwert – eines, das nur dann zum Einsatz kommen darf, wenn der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung es zwingend erfordert. Das hat das Bundesverfassungsgericht nicht zuletzt in der Entscheidung zum bayerischen Gesetz noch einmal sehr deutlich betont.
Aber genau dann muss der Rechtsstaat eben auch handlungsfähig sein und zu diesem scharfen Schwert greifen dürfen. Diesem schmalen Grat wird der Gesetzentwurf mit seiner Regelung gerecht und ein wesentlicher Punkt aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt.
Wenn der Verfassungsschutz nun Bestrebungen beobachtet und Daten erhoben hat, muss auch die Datenverarbeitung an die aktuellen Anforderungen angepasst werden.
Da ist es nur folgerichtig, dass der Gesetzentwurf auch dem Verfassungsschutz die Möglichkeit gibt, die erhobenen Daten automatisiert auszuwerten, um Daten effektiver zusammenführen und auswerten zu können. Damit wollen wir dem Verfassungsschutz die Arbeit erleichtern und beispielsweise schneller Zusammenhänge zwischen Personen, Orten oder Gruppierungen erkennen.
Es wird bei den aktuellen Entwicklungen aber nicht Halt gemacht, sondern vielmehr auch ein wichtiger Baustein für künftige Entwicklungen gelegt. So enthält der Entwurf auch eine Rechtsgrundlage für den eng begrenzten Einsatz künstlicher Intelligenz und selbstlernender Systeme, soweit sie durch den Verfassungsschutz kontrollierbar sind. Das nenne ich vorausschauende Arbeit, meine Damen und Herren!
Die erlangten Erkenntnisse muss der Verfassungsschutz auch an andere Behörden weiterleiten können. Nur so können informierte Behörden die notwendigen Folgemaßnahmen auf den Weg bringen. Datenschutz darf kein Täter- oder gar Extremistenschutz sein! Zu oft haben wir uns in der Vergangenheit nach sicherheitsrelevanten Vorfällen darüber ausgetauscht, wer welche Information hatte oder eben nicht und warum sie weitergeleitet werden durfte oder eben nicht.
Der Gesetzentwurf findet hierzu klare Regelungen und nimmt dabei insbesondere die Datenweitergabe zur Gefahrenabwehr in den Fokus. Dazu gehören zum Beispiel die Datenweitergabe im Rahmen einer Zuverlässigkeitsüberprüfung bei Waffenbehörden oder aber in ausländerrechtlichen Verfahren durch die Ausländerbehörden.
Meine Damen und Herren, das neue Gesetz ist wesentlich umfangreicher als das bisherige. Allerdings gibt es auf die komplexen Bedrohungslagen unserer Zeit keine einfache Antwort. Ich bin überzeugt, dass dieser Gesetzentwurf eine solide und rechtssichere Grundlage für einen zukunftsfähigen Verfassungsschutz in Schleswig- Holstein ist. Bei der aktuellen Entwicklungsgeschwindigkeit rechne ich zwar nicht mit einer Geltungsdauer von über 30 Jahren, aber darauf soll es auch nicht ankommen.



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Pressesprecher Max Schmachtenberg | Düsternbrooker Weg 70, Landeshaus, 24105 Kiel 0431/988-1440 | info@cdu.ltsh.de | http://www.cdu.ltsh.de Mein großer Dank gilt allen, die diesen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht und es dabei in meinen Augen hervorragend geschafft haben, politische Vereinbarungen, tatsächliche Gegebenheiten und rechtliche Vorgaben in Einklang zu bringen. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.
Dankeschön.



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