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19.11.25 , 12:52 Uhr
FDP

Bernd Buchholz zu TOP 11 "'Stärkung des Verfassungsschutzes"

19.11.2025 | Verfassungsschutz
Bernd Buchholz zu TOP 11 "'Stärkung des Verfassungsschutzes" In seiner Rede zu TOP 11 (Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verfassungsschutzes im Lande Schleswig-Holstein) erklärt der verfassungsschutzpolitische Sprecher der FDP- Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
„Ich möchte meine Rede beginnen mit dem herzlichen Glückwunsch an Sie, Frau Ministerin, auch zu Ihrer Jungfernrede, denn das Angebot an die Opposition, gerade in diesen grundlegenden Fragen der inneren Sicherheit zusammenzuarbeiten, das finde ich positiv und richtig und sage die konstruktive Zusammenarbeit gerade an diesem Gesetzentwurf ausdrücklich zu. Denn wir wollen alle, glaube ich, gerade in diesen Zeiten, dass der Verfassungsschutz kein zahnloser Tiger ist, sondern er seiner Aufgabe wirklich auch gerecht werden kann.
Und ich möchte an dieser Stelle aus auch Ihrer Vorgängerin noch mal ausdrücklich herzlich danken. Denn Sabine Sütterlin-Waack war eine feste Bank für uns, auch im Innen- und Rechtsbereich, nicht nur konservativ, sondern durchaus mit liberalen Anklängen und das hat uns sehr gefallen. 
Dieses Verfassungsschutzgesetz ist in der Tat 30 Jahre alt und in den Zeiten, in denen es entstanden ist, da ging es mehr um Kalten Krieg und um die Auseinandersetzung zwischen Ost und West. Seitdem hat sich viel verändert. Nicht nur, dass die warmherzigen Umarmungen zwischen Ost und West heute nicht mehr so sind, sondern auch die Bedrohungslagen sind vielfältiger geworden. Politischer Extremismus, Terrorismus, Sabotage, Spionage, Cyberangriffe, Einflussoperationen mit Desinformationskampagnen – das sind völlig neue Herausforderungen, denen sich ein Verfassungsschutz stellen muss. Und dafür braucht er andere Rechtsgrundlagen.
Und gleichzeitig ist gerade in der Abwägung zwischen dem, was an Eingriffsbefugnissen gegeben wird, und dem, was Freiheitsrechte ausmachen in einer Zeit, in der eine Partei, die in einigen Bundesländern als gesichert rechtsextremistisch eingestuft ist und von so vielen Menschen gewählt wird in Deutschland wie nie zuvor, eine besondere Sensibilität des Gesetzgebers erforderlich, mit dem Verfassungsschutzgesetz und mit dem Instrument Verfassungsschutz umzugehen. Denn gerade in solchen Zeiten, wo sich ein nicht ganz kleiner Teil der Gesellschaft hinwendet zu einer Partei, die in Teilen mit Sicherheit gesichert rechtsextremistisch ist, muss man aufpassen, dass man nicht Dinge unter Generalverdacht stellt, sondern die Eingriffsbefugnisse sorgsam wägt. Deshalb sage ich am Anfang meiner Rede, diese grundsätzliche Abwägung zwischen Freiheitsrechten und richtigen Eingriffsbefugnissen, die ist im Großen und Ganzen aus meiner Sicht mit dem Gesetzentwurf gelungen. Ich sage das deshalb ausdrücklich so, weil mir viele Bereiche dieses Gesetzentwurfs ausgesprochen gut gefallen. Das beginnt damit, dass das Gesetz insgesamt deutlich systematischer ist und in der Tat auch jetzt viele, viele Paragrafen hat, auch viel mehr als in Nordrhein-Westfalen hat, aber dadurch an Normklarheit ungeheuer gewinnt. Das macht ehrlich gesagt sehr viel positiv aus. Denn da wird jetzt wirklich im Einzelnen klar, was da gemacht werden soll. Man versteckt sich nicht hinter irgendwelchen blumigen Worten, sondern man sagt sehr klar, was die Eingriffsbefugnisse sind. Das gefällt mir gut.
Zu begrüßen ist aus meiner Sicht auch ganz besonders, dass der Paragraf 36 bei den Eingriffen, die besonders intensiv sind, fast überall Richtervorbehalte vorsieht. Und das ist etwas, was dieses Gesetz deutlich von dem in Nordrhein-Westfalen unterscheidet. Das muss man positiv einfach sagen. Dass hier Richtervorbehalte vorgesehen sind, empfinde ich als positiv und auch als einen wichtigen Teil dieses Gesetzes. Denn die Abwägung zwischen zusätzlichen Befugnissen und der Kontrolle der Befugnisse ist ungeheuer wichtig. Das gilt nicht nur zu Beginn einer Maßnahme, sondern auch im Verlauf. Das haben Sie aus meiner Sicht in einen guten Einklang miteinander gebracht. 
Trotzdem werden wir, und jetzt komme ich zu den Dingen, die kritisch sind, im Ausschuss über das eine oder andere reden müssen. Dass wir wegwollen von der kämpferisch-aggressiven Grundhaltung in der Voraussetzung, also dem Wegfall der Aggressionsklausel, da sind wir uns alle einig, das hat das Bundesverfassungsgericht auch bestätigt, dass man davon weggehen kann. Es gilt genauso nach unserer Verfassung, dass gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu sein nicht verboten ist. Deshalb ist die Frage, ob die Formulierung, wie sie jetzt in § 6 für den Wegfall dieser Regelung gefunden ist, ob die tatsächlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht wird. Da habe ich jedenfalls meine Zweifel, wenn es da heißt ‚Sie sind gekennzeichnet durch ein aktives Vorgehen, welches auf die Realisierung eines gegen die Schutzgüter gerichteten Ziels ausgerichtet ist und sowohl legale als auch kämpferisch-aggressive Methoden einschließt.‘ Legale Methoden heißt, etwas nicht Ungesetzliches zu tun. Und ich weiß, dass es notwendig ist, das auch zu erfassen. Ich weiß, dass es notwendig ist, dass legalistische islamistische Gruppierungen ganz bewusst darauf setzen, wie der Wolf im Schafspelz, zunächst mal ganz legal unterwegs zu sein. Trotzdem muss das Gesetz ausdrücken, dass das Ziel bei einer solchen Organisation sein muss, die freiheitlich-demokratische Grundordnung aktiv beeinträchtigen zu wollen. Das fehlt aus meiner Sicht im Gesetzentwurf. Deshalb verweise ich da schon mal auf den einen oder anderen Gutachter, der auch in Nordrhein-Westfalen etwas zum Aggressionsvorbehalt gesagt hat und auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das ausdrücklich gesagt hat, die bloße Kritik an Verfassungsgrundsätzen reicht für die Annahme einer verfassungsfeindlichen Bestrebung nicht aus, wenn sie nicht mit der Ankündigung von oder der Aufforderung zu konkreten Aktivitäten zur Beseitigung dieser Grundsätze verbunden ist. Das Bundesverfassungsgericht hat in derselben Entscheidung gesagt, dass man nicht kämpferisch- aggressiv formulieren muss, aber man muss trotzdem sehr viel präziser ausdrücken, was es bedeutet, gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu sein. Das Zweite, das man sich genauer angucken muss, ist die KI-gestützte Auswertung von all den Erkenntnissen, die hier gesammelt werden. Das ist Neuland. Und es ist aus meiner Sicht ganz logisch, dass es notwendig ist. Ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist für eine staatliche Institution, auf eine KI-gestützte Auswertung zu verzichten. Was allerdings dann wie ausgewertet werden kann, ob insbesondere Dinge, die mit verschärften Beobachtungsfunktionen verbunden sind, ob die noch KI-gestützt ausgewertet werden dürfen, also beispielsweise Dinge der Wohnraumüberwachung, da habe ich meine Zweifel. Da sind die Hürden des Bundesverfassungsgerichts deutlich höher als das, was ich hier im Gesetz vorfinde. Da ist die Verarbeitung dieser Erkenntnisse aus einer Wohnraumüberwachung überhaupt nur zulässig, wenn es um schwerste Straftaten geht. Deshalb glaube ich nicht, dass man so pauschal wie in diesem Gesetz Regelungen eine KI-gestützte Auswertung treffen kann.
Ich habe zu vielen anderen Dingen schon gesagt, die Vorabkontrolle finde ich gut, die Abfrage von Kontostamm- und Kontoverbindungsdaten finde ich auch richtig und notwendig. Allerdings fordert der neue § 55, den Sie hier formuliert haben, nur, dass sämtliche Nutzungsdatenauskünfte für die Aufklärung von Tätigkeiten besonders beobachteter Bestrebungen erforderlich sein müssen. Ob das ausreichend ist? Es muss schon darum gehen, dass man die besondere Notwendigkeit hat, über die Finanzströme solcher Gruppierungen im Zweifel mehr Wissen zu müssen, um sicherzustellen, was da dann dahintersteckt. Also nicht alleine das Beobachten der Finanzströme reicht aus, sondern da werden wir gucken müssen, ob da vielleicht die Eingriffsbefugnisse hoch genug sind.
Es gibt noch eine Sache, die ich interessant finde. Darüber werden wir in den Anhörungen reden müssen: Wann Kontaktpersonen und wann völlig unbeteiligte Dritte so erfasst werden dürfen, dass auch die Speicherung ihrer Daten hinterher und die Auswertung dieser Daten erfolgen darf, das ist ein hochsensibler Bereich. Das werden wir uns im Einzelnen angucken müssen. Da habe ich keine abgeschlossene Meinung dazu und finde auch nicht, dass die Formulierungen irgendwo schwierig sind. Aber ich finde, das muss man sich genauer angucken. 
Zum Abschluss ein Wort zur parlamentarischen Kontrolle. Ich finde immer gut, wenn ein Ausschuss des Landtags einen Volljuristen als Geschäftsstelle bekommen soll. Was allerdings ein jährlicher Bericht eines geheim tagenden Gremiums an das Parlament beinhalten soll, bleibt mir völlig unklar.  Soll über die Anzahl der Sitzungen berichtet werden? Berichtspflichten können einen Sinn haben.  Diese Berichtspflicht finde ich sinnlos, um es ehrlich zu sagen. Und es gibt auch andere Dinge, von denen ich sage, ob das der Transparenz tatsächlich gilt, kann man bezweifeln. Hier wird ein bisschen Transparenz vorgegaukelt, die es aus meiner Sicht nicht gibt.
Eine wehrhafte Demokratie braucht einen funktionsfähigen Verfassungsschutz, der die Feinde der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beobachten und auch wirklich aufklären kann. Mit dem Gesetz wollen wir dafür die Befugnisse gerne mit schaffen, aber rechtsstaatlich, bei größtmöglicher Sicherung der bürgerlichen Freiheiten, die unsere Verfassung ausmacht. Da sind wir gern dabei.“
  Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort.



Bernd Buchholz Sprecher für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Innen & Recht, Justiz, Wohnungsbau, Kommunales, Medien, Digitalisierung, Migration, Extremismus/Verfassungsschutz, Polizei, Datenschutz, Landesplanung, Zusammenarbeit HH-SH


Kontakt: Eva Grimminger, v.i.S.d.P. Pressesprecherin
Tel.: 0431 988 1488 fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de



FDP-Fraktion Schleswig-Holstein, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: www.fdp-fraktion-sh.de

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