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Marc Timmer zu TOP 2+29: Einen trockenen Schwamm kann man nicht weiter auswringen!
Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathekLANDTAGSREDE – 19.November.2025Marc Timmer Einen trockenen Schwamm kann man nicht weiter auswringen! TOP 2+29: Reform der Fachgerichtsstrukturen und Erkenntnisse aus der Studie “Justitzhaushalte im Vergleich” (Drs.20/3410) (Drs.20/3785)die Nachschiebeliste ist aus Sicht der Justiz sicherlich eine Enttäuschung. Ganze zehn Stellen im Justizvollzugsdienst und insgesamt sechs weitere Stellen, die in der Verwaltungsgerichtsbarkeit und am AG Neumünster für Abschiebungshaft gebunden sind, lösen die Bedarfe in der Justiz nicht auf.Der Haushalt 2026 sieht insgesamt keine strukturelle Verbesserung der Justiz vor, obwohl diese dringend nötig wäre.Und jetzt haben wir es schwarz auf weiß. Die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel „Justizhaushalte im Vergleich“ belegt: Schleswig-Holstein ist das Schlusslicht im Vergleich der Bundesländer, was die Ausgaben für die Justiz pro Kopf der Bevölkerung angeht. Und mit Blick auf das Budget im Vergleich zum Gesamthaushalt liegt Schleswig- Holstein auf dem vorletzten Platz. Die Divergenzen zwischen den Ländern sind groß: Nordrhein-Westfalen hat 5,5 Prozent seines Gesamthaushalts für die Justiz eingestellt. Der Anteil in Schleswig-Holstein lag 2024 bei nur 2,4 Prozent.Hierbei sind insbesondere die Personalkosten pro Kopf relativ zu den anderen Bundesländern am geringsten. Dies zeigt den Stellenwert, den diese Landesregierung der Justiz einräumt. Und ausgerechnet bei der Justiz wollen Sie krampfhaft am Sparbeschluss des Kabinetts vom September 2024 mit der Fachgerichtsstrukturreform festhalten. Gestartet war sie als große Reform. Die Zusammenlegung aller Fachgerichte an einem Standort war die Absicht. Die Beschäftigten, Rechtssuchenden, Richter und Sozialverbände wurden nicht 1 eingebunden und haben – wie die Opposition – dagegen aufbegehrt. Jetzt ist von den großen Plänen fast nichts mehr übrig. Die Einsparpotentiale sind zusammengeschrumpft und nicht wirklich plausibel im vorliegenden Gesetzesentwurf dargelegt.Der mit Abstand größte Posten der behaupteten Einsparungen soll perspektivisch durch Personaleinsparungen erfolgen. Erstens sind die behaupteten Synergieeffekte in den Serviceeinheiten durch die Zusammenlegung weniger Gerichte fraglich. Zweitens leidet die Justiz wahrlich nicht unter zu viel Personal.Drittens steigt bei größeren Gerichten sogar die Anzahl der weiteren, aufsichtführenden Richterinnen und Richter, was zu Mehrausgaben führt. Unterm Strich wird es mit der Auflösung der Selbstständigkeit der vier Gerichte keine Einsparungen geben, sondern Mehrausgaben. Den Gegenbeweis bleiben Sie nach wie vor schuldig.Die umzugsbedingten Kosten sind deutlich unterschätzt. Die GMSH ist jetzt erst mit weiteren Kostenermittlungen beauftragt. Alleine der Umbau des Verwaltungsgerichts in Schleswig wird mehrere Millionen EUR kosten. Aus einem Raum mach zwei heißt: neue Elektrik, neue Jalousiesysteme, neue Wärmeeinheiten. Zudem bedarf es noch zwei zusätzlicher Gerichtssäle. Tauchen diese Kosten irgendwo im Gesetzesentwurf auf? Nein! Und dies wäre nicht erforderlich, wenn der kluge Vorschlag des Verwaltungsgerichts umgesetzt worden wäre, die IT-Einheit des Oberlandesgerichts im Verwaltungsgericht unterzubringen. Dann könnte das Landessozialgericht am Standort bleiben. Die Verkaufserlöse durch das Gebäude an der Süderdomstraße in Schleswig wären auch in dieser Variante gegeben. Es ist ein Skandal, dass dieser sinnvolle Vorschlag dem Parlament nicht unterbreitet wurde. Es passt in das Bild von einem überforderten Justizministerium.Die Landesregierung macht sich inzwischen kaum noch die Mühe, mit den Parlamentarier das Gespräch zu suchen.Dies war in einer der letzten Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses sichtbar. Offene Fragen zu den vermeintlichen Einsparpotentialen der Fachgerichtsstrukturreform wollte die Landesregierung nicht beantworten. Denn sie war schlicht nicht anwesend. Dies hat aber offenbar nur die Opposition gestört. Schwarz-grün hat selbst die aufgrund des Ergebnisses der schriftlichen Stellungnahmen dringend erforderliche mündliche Anhörung 2 verweigert und mit seiner Mehrheit dafür gesorgt, dass dieses offensichtlich mangelhafte Gesetz zur Fachgerichtsstrukturreform heute zur Abstimmung vorliegt.Beschäftigen Sie sich endlich mit den wirklichen Herausforderungen in der Justiz, die auch durch die Große Anfrage der FDP deutlich geworden sind. Hier ein paar Vorschläge: Erstens, tun Sie mehr für die Nachwuchsförderung und nehmen Sie die Juristenausbildung in den Blick, die sie in dieser Legislatur verschärft haben. Beziehen sie Studierende, Referendare, Dozierende, Berufsverbände und Prüfungsämter in einen Diskussionsprozess zur Verbesserung der juristischen Ausbildung ein. Hierbei sollte das Justizministerium zumindest die folgenden Ziele verfolgen: → der Prüfungsstoff im 1. und 2. Staatexamen muss reduzieren werden. → die universitären Repetitorien müssen endlich gestärkt werden. Sie können doch nicht weiter tatenlos hinnehmen, dass eine gute Vorbereitung auf das Examen eine Frage des Geldbeutels der Studierenden ist. Ein kommerzielles Repetitorium kostet etwa 200 EUR pro Monat. → Entwickeln sie für die Arbeitsgemeinschaften im Referendariat ein gemeinsames didaktisches Konzept.Zweitens, schreiben sie mehr Stellen in den Staatsanwaltschaften aus.→ Das Pebb§y-Soll wird mit 80% deutlich unterschritten. Dies ist leider ein Dauerzustand, den es zu beenden gilt. Es werden zu häufig Verfahren eingestellt, weil sie sonst nicht bearbeitet werden könnten. Es ist zwar positiv, dass die Nachschiebeliste erheblich mehr Stellen bei der Polizei vorsieht. Das zeigt aber auch, dass die Justiz offensichtlich bei den Budgetverhandlungen den Kürzeren gezogen hat.Der Stellenaufwuchs bei der Polizei muss bei den Staatsanwaltschaften eine Entsprechung finden. Sonst vergrößern wir den Engpass bei der unterbesetzten Staatsanwaltschaft noch weiter. Zudem besteht das Risiko, dass neue Mitarbeitende früh verheizt werden.→ Die Serviceeinheiten müssen mit Personen gestärkt werden, die beispielsweise über betriebswirtschaftliche Kenntnisse verfügen, um bei komplexen Wirtschaftsstraftaten zu unterstützend zu wirken. Denn in diesem Bereich haben wir einen rasanten Anstieg der Verhandlungstage und Verfahrensdauer. 3 Drittens, machen Sie die IT endlich anwenderfreundlicher und öffnen Sie den Weg für künstliche Intelligenz bei Massenverfahren. Dies könnte ein wirklicher Game-Changer sein.Viertens, schaffen Sie Möglichkeiten für Strukturverbesserungen. Ich fände es sehr erstrebenswert, wenn die Mitarbeitenden des Justizvollzugs öfter die Möglichkeit hätten, in Leitungsfunktionen aufzusteigen. Derzeit ist es so, dass sie über 10 oder 15 Jahre auf A8 festsitzen und kaum Aufstiegsmöglichkeiten in den gehobenen Dienst haben.Es gibt also wirklich viele Baustellen. Die jahrelange Befassung mit Gerichtsstrukturreformen gehört sicherlich nicht dazu. Mit Blick auf die Studie der Friedrich-Ebert Studie fällt mir hierzu nur folgendes ein. Einen trockenen Schwamm kann man nicht weiter auswringen. 4