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19.11.25 , 18:26 Uhr
FDP

Bernd Buchholz zu TOP 2+29 "Erkenntnisse aus der Studie 'Justizhaushalte im Vergleich'"

19.11.2025 | Justiz
Bernd Buchholz zu TOP 2+29 "Erkenntnisse aus der Studie 'Justizhaushalte im Vergleich'" In seiner Rede zu TOP 2+29 (Gemeinsame Beratung a) Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Fachgerichtsstruktur in Schleswig-Holstein b) Mündlicher Bericht zu den Erkenntnissen aus der Studie „Justizhaushalte im Vergleich“) erklärt der justizpolitische Sprecher der FDP- Landtagsfraktion, Bernd Buchholz:
„Sie erleben mich in dieser Debatte einigermaßen fassungslos. Das will ich Ihnen einmal sagen. Seit Anfang Oktober liegt eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung vor, in der mit Zahlen gearbeitet wurde, von denen die Ministerin heute sagt, das könne man alles gar nicht miteinander vergleichen.
Liebe Frau Ministerin, ich danke für Ihren Bericht. Aber ich erwarte dann vom Justizministerium dieses Landes, dass Sie nachhaltig zeigen, was das für andere Kosten oder für andere Ausgaben sind, die Sie in anderen Haushalten drin haben, damit es vergleichbar gemacht werden kann. Denn wir sind nicht diejenigen, die diese Studie zu bearbeiten haben. Sie müssen sich mit dieser Studie auseinandersetzen und Sie hätten das im Vorfeld tun müssen. Denn es ist ja nicht so falsch, erstmal zu gucken, wie viele Ausgaben habe ich denn pro Kopf und wie hoch ist der Anteil der Justizkosten am gesamten Landeshaushalt. Wenn da etwas falsch reingerechnet oder nicht reingerechnet worden ist, dann legen Sie das bitte vor. Uns geht es nicht um diese Studie. Uns geht es um die Frage: Ist die Justiz in diesem Land ein Bereich, in dem man sparen muss oder in dem man zulegen muss? Und wir sagen, wir müssen hier zulegen und nicht sparen.
Jetzt kommen wir mal von der Studie weg. Der erste Satz des Gesetzentwurfs, den wir hier beraten, der ja das Ergebnis eines desaströsen Prozesses war, nachdem man den Rückzug der Sozialgerichte und der Arbeitsgerichte aus der Fläche im Lande geplant hatte und das am Unmut nicht nur der Richterinnen und Richter, der Gewerkschaften, der Unternehmensverbände, am Unmut der gesamten Gesellschaft gescheitert ist. Dann schreibt man als ersten Satz in diesen Gesetzentwurf, das Problem sei, dass zur Konsolidierung des Landeshaushalts auch ein Einsparbeitrag der Justiz erforderlich ist. Das ist es, was wir anders sehen. Wir sehen, und das ist ja so, dass Sie im laufenden Prozess jetzt auch merken, dass es so vielleicht auch nicht ist. Ihre Nachbesserungen im Haushalt, Ihre Nachbesserungen in der Nachschiebeliste zeigen doch, dass Sie die Probleme wenigstens jetzt adressiert haben. Denn die Zahlen, die die Friedrich-Ebert- Stiftung vorgelegt hat, die korrespondieren doch genau mit dem, was in der Antwort auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion stattfindet: überlange Verfahrensdauern, insbesondere an den Verwaltungsgerichten – einmalig in Deutschland mit dieser Länge; Unterbesetzung in den Staatsanwaltschaften mit einem Versorgungsbeitrag von 75 Prozent des Bedarfs, trotz der Anstrengungen, die Sie unternommen haben, Frau Ministerin. Und die will ich auch überhaupt nicht kleinreden. Ja, da ist mehr Personalausgabe. Und auch mit diesem Haushalt jetzt packen Sie da mehr drauf. Und das ist auch richtig, dass Sie das tun. Und ich befürworte, dass Sie das tun. Aber Sie müssen im Justizbereich nicht anfangen, irgendwelche Sparbüchsen zu suchen, um die als Einsparpotenziale für den Landeshaushalt insgesamt zu nehmen.  Deshalb ist Ihre Grundannahme, Sie müssten Strukturreformen im Bereich der Justiz aus Einspargesichtspunkten vornehmen, aus meiner Sicht grundfalsch.
Erschreckend wird es allerdings dann, wenn man sich anguckt, was dabei dann tatsächlich rauskommt. Denn jetzt gucken wir doch mal im Detail auf diese Dinge. Aus der großen Fachgerichtsstrukturreform wird jetzt ein Beibehalten aller Standorte – bis auf das Arbeitsgericht Neumünster – mit Zweigstellen. Ich will Ihnen einfach nur schlicht und ergreifend aus der Stellungnahme eines der Richterverbände vorlesen: ‚Zusammenfassend enthält die geplante Fachgerichtsstrukturreform mit der Zweigstellenlösung eine Maßnahme, die zu keinem erkennbaren Nutzen, demgegenüber aber erheblichen Nachteilen und Unwägbarkeiten für die Beschäftigten führen wird. Gleichzeitig wird das im Ansatz durchaus nachvollziehbare Ziel der Kosteneinsparung durch das ausgabenintensive Teilprojekt am Standort Schleswig konterkariert. Zur Wiedergewinnung des verloren gegangenen Vertrauens der Justizbeschäftigten ist diese Reform nicht geeignet. Das Gesetz sollte in seiner jetzigen Form vorerst gestoppt werden.‘ Das ist die Einschätzung einer der Verbände. Ein konservativer Richterverband der eher Ihnen nahesteht, Herr Junghans, der schreibt: ‚Der Gesetzentwurf wird in seiner jetzigen Fassung abgelehnt.‘
Ich skizziere einmal den Prozess, wie das gelaufen ist. Im Innen- und Rechtsausschuss wird eine schriftliche Anhörung vereinbart. Nachdem die Anhörungsergebnisse alle in dieser Form, alle so kritisch wie die genannten hier, eingelaufen sind, erklären die Beteiligten, dass man zu diesen Dingen auch gar keine Stellung mehr nehmen will. Da hätten wir es uns also auch schenken können, schriftliche Stellungnahmen einzuholen, Herr Junghans. Sie haben im Ausschuss gesagt, ja, das ist nicht doll, aber es ist noch hinnehmbar. Was ist das für eine Auseinandersetzung mit den Menschen, die sich mit diesem Gesetzentwurf auseinandersetzen? Und in der Tat finde ich es dann auch schon beängstigend, dass in einer Debatte über eine Fachgerichtsstrukturreform das zuständige Justizministerium im Innen- und Rechtsausschuss nicht einmal anwesend ist. Das ist der Hammer!
Ich kann ja verstehen, dass Sie das weghaben wollen, aber dann müssen Sie uns doch wenigstens sagen, wo sind denn jetzt die anderen Einsparungen, die Sie mit diesem Gesetz erzeugen wollen? Wo sind die? Können Sie die einigermaßen beziffern? Auf Nachfrage in den Haushaltsberatungen in der letzten Woche, wie hoch Sie die Kosten für das Thema Umzug einschätzen, antworten Sie, das sei alles noch nicht etatreif, dazu könne man nichts sagen. Wie viel haben Sie angemeldet für das nächste Haushaltsjahr, wenn Sie dieses Gesetz umsetzen wollen? Die Antwort ist ‚nichts‘. Wir haben nichts angemeldet dafür, weil wir es ja gar nicht wissen. Wissen Sie, wie mir das vorkommt? Früher hatte ich mal mit Startup-Unternehmern zu tun, die mir ihre Businesspläne gezeigt haben. Das Beste waren diejenigen, die gesagt haben, guck mal, unsere Erlöse sind so und so hoch. Aber von den Kosten haben wir keine Ahnung. Schade, das ist ein Businessplan, der nicht funktioniert. Und deshalb können Sie auch nicht losmarschieren und sagen ‚Wir machen das aus Einspargründen‘, wenn Sie nicht einmal sagen können, was das Ganze im Umzugsvolumen kostet. Der Kollege Timmer hat es doch gesagt:  Allein der Umbau des Verwaltungsgerichts dürfte im Millionenbereich liegen. Sie sparen hier überhaupt nichts ein und das sagen Ihnen ja auch alle Verbände. 
Im Gegenteil, Sie werden mehr Geld dadurch ausgeben, aber Sie haben die Verunsicherung der Justiz in vollem Umfang geschafft. Herzlichen Glückwunsch. Ich sage Ihnen, ich habe volles Verständnis dafür, dass die beiden Koalitionsfraktionen diesen Gesetzentwurf hier abräumen wollen. Denn nichts ist schlimmer, als sich mit etwas beschäftigen zu müssen, was einem so auf die Füße gefallen ist wie dieses Thema. Aber ehrlich gesagt, wenn Sie es hätten abräumen wollen, dann hätte ich Ihnen eines geraten: den Gesetzentwurf zurückziehen, das Thema abblasen und damit die Verunsicherung bei der Justiz komplett herausnehmen. Dieser Gesetzentwurf hier wird von Ihnen heute nur beschlossen, um irgendeine Gesichtswahrung für Ihre Ministerin zu machen. Damit das Thema noch irgendwie den Titel ‚Strukturreform‘ trägt. Diese wird nachher bei der Amtsgerichtsstrukturreform darin bestehen, dass ein einziges von über 20 Amtsgerichten seine Pforten schließen soll. Das wird dann zur Strukturreform umgedeutet
Lieber Herr Kollege Junghans, Sie haben uns hier einen so netten Vortrag aus Kaisers Zeiten gehalten, nach dem Motto, damals, 1926, als die Arbeitsgerichte eingeführt wurden, da war man nicht in der Lage, da hinzukommen. Meine Güte, als man noch mit der Pferdedroschke unterwegs war, kann das alles anders gewesen sein. Ich sage Ihnen, Sie machen sich in der Justiz mit dem Beschluss über dieses Gesetz keine Freunde. Sie sorgen dafür, dass die Aufgebrachtheit gegenüber dieser Landesregierung in der gesamten Justiz sich deutlich steigt. Machen Sie das. Ich kann es nicht verhindern, wenn Sie heute dafür stimmen. Dieses Gesetz ist so überflüssig wie eine weitere Körpereröffnung. Niemand braucht das.“
 
Sperrfrist Redebeginn!
Es gilt das gesprochene Wort. Bernd Buchholz Sprecher für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Innen & Recht, Justiz, Wohnungsbau, Kommunales, Medien, Digitalisierung, Migration, Extremismus/Verfassungsschutz, Polizei, Datenschutz, Landesplanung, Zusammenarbeit HH-SH


Kontakt: Eva Grimminger, v.i.S.d.P. Pressesprecherin
Tel.: 0431 988 1488 fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de



FDP-Fraktion Schleswig-Holstein, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel E-Mail: fdp-pressesprecher@fdp.ltsh.de, Internet: www.fdp-fraktion-sh.de

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