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20.11.25 , 11:40 Uhr
SPD

Kianusch Stender zu Top 10: Zwischen Sonntagsruhe und Versorgungslücke - ein Gesetz mit Verantwortung

Heimo Zwischenberger Pressesprecher der SPD-Landtagsfraktion
Adresse Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel Telefon 0431 988 1305 Telefax 0431 988 1308 E-Mail h.zwischenberger@spd.ltsh.de Webseite www.spd-fraktion-sh.de Es gilt das gesprochene Wort!

Hinweis: Diese Rede kann hier als Video abgerufen werden: http://www.landtag.ltsh.de/aktuelles/mediathek

LANDTAGSREDE – 20.November 2025
Kianusch Stender Zwischen Sonntagsruhe und Versorgungslücke – ein Gesetz mit Verantwortung TOP 10: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ladenöffnungszeitengesetzes (Drs. 20/3750)
gestern hat die CDU hier noch über schnelle Verfahren gesprochen. Über Demokratiegefährdung, weil sich Prozesse so ziehen. Die Leute würden nicht mehr verstehen, warum Dinge so lange brauchen.
Meine erste Rede hier im Landtag war letztes Jahr im Mai, und zwar zu genau diesem Thema. Es hat ganze eineinhalb Jahre seit der letzten Befassung im Parlament gedauert, bis uns die Landesregierung diesen Gesetzentwurf präsentiert. Und das in dem Wissen, dass da draußen Unternehmen auf Klarheit in dieser Frage angewiesen sind. In dem Wissen, dass Ämter die Schließung von Betrieben androhen. Wir reden also heute nicht nur über Ladenöffnungszeiten, sondern über das, was es bedeutet, wenn Politik zu lange braucht.
Nehmen wir mal eine Gemeinde, 1.500 Einwohner, Sportverein, Grundschule, Kita, das wars dann aber auch. Das Freibad musste aus Kostengründen schließen, das Bushaltestellenschild ist nur noch Deko am Dorfplatz. Und jetzt gibt’s da noch den kleinen Tante-Emma-Laden, der sich die letzten Jahre gerade so wirtschaftlich halten konnte. Der Preisdruck steigt, die Anzahl der großen Wettbewerber in den Nachbarorten auch. Wenn jetzt dieser Laden schließen würde, dann geht die Spirale in der Regel weiter. Menschen ziehen weg. Die Grundschule verliert Anmeldungen. Der Kindergarten füllt sich nicht mehr. Das Dorf verwaist immer weiter. Genau diese Spirale ist an vielen Stellen in Schleswig- Holstein Realität.
Das ist ein ganz konkretes Problem, für das es Lösungen braucht. Ich persönlich finde die Förderung der Markttreffs wirklich gut, weil sie ein Instrument sind, die diese Nahversorgung weiter gewährleisten. Es ist wichtig, dass wir dafür sorgen, dass die Oma



1 mit ihrem Rollator noch um die Ecke zum Einkaufen gehen kann und keinen Fahrservice bis ins nächste Dorf braucht. Das ist eine Frage von Teilhabe und es ist eine Frage des Respekts.
Aber wir wissen alle: Förderrecht allein kann diesen Trend nicht aufhalten. Die Idee der Tante Enso Läden, die in einem genossenschaftlichen System im ländlichen Raum genau diese Versorgung sicherstellen wollen, sind deshalb ein weiterer guter Ansatz. Das besondere an dem Projekt ist, dass die Läden in Teilen personallos arbeiten. Man kann in den Markt gehen, seine Einkäufe am Ende selbst scannen und den Laden wieder verlassen. Die Mitarbeitenden füllen zwei bis drei Mal die Woche die Regale auf, aber das war es auch fast schon. Durch dieses System trägt sich die Genossenschaft wirtschaftlich. Und Tante Enso sind auch nicht die einzigen. EDEKA-Märkte, Markttreffs und einige mehr verfolgen gerade ganz ähnliche Konzepte.
Ohne Beratung oder einen Schnack an der Kasse einkaufen zu gehen, kann man gut oder schlecht finden, aber so eine große Veränderung zum Status Quo ist es gar nicht: Wir haben schon heute Self-Scan-Kassen in den meisten Supermärkten. Landwirtschaftliche Betriebe bieten Lebensmittel in Warenautomaten an.
Jetzt kommt ja aber ein neuer Aspekt dazu: die Öffnung dieser – laut Gesetzentwurf „personallosen Kleinstsupermärkte“ – an Sonn- und Feiertagen. Und da haben wir schon in der letzten Plenardebatte und auch in der Ausschussberatung drüber gesprochen. Am Ende steht eine Gewissensentscheidung. Ist die Sonntagsruhe uns so viel wert, dass wir Läden sonntags nicht öffnen, auch wenn dort keine Menschen arbeiten? Oder wollen wir diese Eröffnungen ermöglichen – unter der Voraussetzung, dass sichergestellt ist, dass dort an dem Tag wirklich keiner arbeitet?
Wir haben diese Frage für uns beantwortet. Wir wollen, dass die Öffnung der Geschäfte unter strengen Limitierungen erlaubt wird. Wir sehen z.B. auch den Effekt, dass so eine Verschiebung im Markt stattfinden würde. Menschen aus größeren Orten mit mehr Einkaufsmöglichkeiten würden ggf. in kleinere Orte fahren, wenn ihnen am Sonntag noch etwas Wichtiges fehlt. Dadurch können diese Läden im Verhältnis mehr Umsatz erwirtschaften und sich damit am Standort halten. Und wir sehen darin auch eine weitere soziale Frage. Denn wer am Sonntag noch für ein Frühstück einkaufen will, kriegt heute schon weit mehr als nur das nötigste bei einer Tankstelle oder am Kiosk, dort aber zu erheblich teureren Preisen.
Also Sie hören, unsere Unterstützung für eine Veränderung der Situation haben Sie. Im Ausschuss wollen wir aber über die Limitierungen nochmal sprechen. Warum sind die Verkaufsflächen auf 350 bzw. 400qm festgelegt? Warum wird die Grenze für solche Erlaubnisse auf Gemeinden mit einer maximalen Einwohner*innenzahl von 2.500 Menschen gesetzt? Sind das willkürliche Werte? Was wären die Auswirkungen?

2 Und dort müssen wir auch über einen weiteren Aspekt sehr ernsthaft sprechen: Hält dieser Gesetzentwurf einer juristischen Prüfung stand? Die Stellungnahmen im Ausschuss haben beim letzten Entwurf das mit einem klaren „Nein“ beantwortet. Und auch dieses Mal ist es mehr als fraglich. Mit dieser Frage sollten wir uns in der Ausschussanhörung auch dringend beschäftigen.
Denn wo Sie uns nicht an der Seite haben, ist bei einem Gesetz, das mit der ersten Klage seine Wirksamkeit verliert.



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